Im Test: Weniger Spieltiefe, mehr Rollenspiel
Dungeonerkundung und Suchspiele
Ein Königreich droht im Chaos zu versinken, der Thron wird korrumpiert, eine Invasion naht und man führt zunächst in Robin-Hood-Manier die Gefährten um den Helden Alm an, bevor man die Story aus der Perspektive von Celica und ihren eher magisch begabten Freunden erlebt - in diesem Wechsel erkundet man auch die Weltkarte aus zwei Richtungen. Technisch erinnert alles an das hervorragend inszenierte Fire Emblem Fates und zunächst wirkt alles sehr vertraut...
Noch etwas ist neu an diesem Remake: In den Dungeons oder Siedlungen sowie Burgen werden manche Orte als statische Szenen aufgebaut, in denen meist mehrere Nichtspielercharaktere warten, die man in kurze Gespräche verwickeln
Halbgare Neuerungen, seltsame Streichungen
Leider verlieren beide Elemente sehr schnell an Reiz, weil sie viel zu oberflächlich sind. Das Erlebnis in den Dungeons wirkt trotz souveräner technischer Inszenierung wie ein Fremdkörper, zumal sich die Erkundung auf primtive Elemente wie das Zerstören von Kisten oder Umgebungselementen sowie die simple Suche nach dem Heiligtum oder Brunnen zur Steigerung eines Charakterwertes beschränken. Rätsel, Überraschungen oder packende Gewölbespannung? Weitgehend Fehlanzeige. Letztlich dienen sie neben dem bekannten Klassenwechsel ab einer bestimmten Stufe vor allem einem Zweck: Seine Gefährten in den im Vergleich zur Oberfläche meist einfacheren Kämpfen so viel Erfahrung sammeln lassen, dass sie aufsteigen. Und das Absuchen der Orte vor, nach oder während der Dialoge? Sorry, aber das erreicht nicht mal Wimmelbildansprüche...
Kastriertes Inventar und Heiratsverbot
Fangen wir mit den Kleinigkeiten an: Es gibt z.B. keine Entwicklung einer Basis, sondern in beiden Perspektiven nur das streng lineare Ablaufen einer Karte mit vorgegebenen Punkten. Es gibt auch kein individuelles Inventarmanagement: Anstatt dass ich einem Charakter bis zu fünf Steine, Heilmittel oder Waffen zuteilen kann, gibt es jetzt lediglich einen (!) verteilbaren Gegenstand - ein Stück Brot oder eine Spezialwaffe sind hier gleichberechtigt und ich muss mich für eines entscheiden - hallo? Wähle ich das Brot, weil es heilt, schlägt der Held mit seiner ewig gleichen Standardwaffe zu. Wähle ich die Spezialwaffe, gewinnt der Held immerhin in mehreren Stufen Erfahrung mit ihr und schaltet so spezielle Effekte wie etwa die "Fülle" mit dem Golddolch frei, so dass er z.B. in Höhe seines Schadens heilt. Unterm Strich ist das allerdings ein fauler Kompromiss, denn erst beides zusammen, also Auswahl und Spezialisierung über Gebrauch, würde für echtes Rollenspielflair sorgen.
Keine duale Partnertaktik
Wesentlich fataler ist, dass nahezu alle wichtigen kampftaktischen Konsequenzen fehlen! Es gibt lediglich Statistikboni, wenn befreundete Charaktere nebeneinander stehen, aber man kann Partner nicht mehr kombinieren, damit sie auf einem Feld kämpfen, so dass z.B. die Haupteinheit angreift und die Nebeneinheit verteidigt. Damit entfällt nicht nur der Reiz des dynamischen Wechsels sowie der Spezialangriffe, sondern auch der taktische Vorteil einer langfristigen Entwicklung.
Keine Bange, denn der Kern der Rundengefechte ist ja derselbe wie man ihn von Fire Emble kennt - man bewegt seine Einheiten in einem Gelände, kann lila Reichweitenzonen einblenden, muss seine Züge clever planen, auch mal Tore öffnen, Schiffe entern und die Gruppe teilen. Aber hinsichtlich der Gruppen- und Geländetaktik gibt es keinerlei Fortschritte, sondern lediglich zaghafte Modifikationen, wie etwa die bessere Verteidigung der Bogenschützen.
Die Frage der Schwierigkeit
Noch ein abschließendes Wort zur Veröffentlichungspolitik: Die war schon bei Fire Emblem Fates mit den verschiedenen Editionen eher verwirrend als förderlich und erreicht angesichts dieses Spiels, das man angesichts der technischen Gleichheit fast schon selbst als eigenständige Erweiterung zu Fire Emblem Fates zu einem fairen Preis hätte veröffentlichen können, abstruse Ausmaße. Fünf Downloadpakete sollen bis Juni schrittweise veröffentlicht werden, wobei alle zusammen im Season Pass satte 44,99 Euro kosten. Hallo? Ich bin ein Fan dieser Reihe, aber ich will angesichts des deutlichen Qualitätsverlustes nichts davon spielen. Sorry Nintendo, aber hier wird die Marke bis ins Extrem ausgeschlachtet, was dem Image nur schadet.
Fazit
Dieses Fire Emblem Echoes: Shadows of Valentia mag auf den ersten Blick so aussehen und hinsichtlich der Animationen so überzeugen wie Fire Emblem Fates. Aber es ist das schwächste, das ich bisher gespielt habe. Ich verfolge die Reihe seit ihren Anfängen, ich mag das rundentaktische Prinzip und es spielt sich immer noch solide. Ich kann dieses Spiel aber weder Einsteigern noch Veteranen, sondern lediglich Sammlern empfehlen. Zum einen wurde das wesentlich komplexere Fates gefühlt erst gerade veröffentlicht - und es ist das deutlich bessere Spiel. Denn zum anderen wurde dieses Remake um wesentliche Aspekte des Inventar-Managements sowie vor allem der Beziehungen, die sich kampftaktisch auswirken, kastriert. Vieles mag der Dramaturgie und Struktur des Vorbildes aus dem Jahr 1992 geschuldet sein, aber das ist ein großer spielmechanischer Rückschritt, den die Story aus zwei Perspektiven nicht aufwiegen kann! Drittens wirkt die neue Dungeon-Erkundung in Egosicht, die für mehr Rollenspielflair sorgen soll, ebenso plump wie diese Wimmelbildsuche in den statischen Szenen - das ist alles überflüssiger Schnickschnack. Diese altehrwürdige Reihe braucht doch kein Kisten zerdeppern in Echtzeit, sondern mehr kreative Komplexität in der Geländetaktik! Da hat sich auch im PC-Bereich rundentaktisch einiges getan, an dem man sich orientieren könnte. Noch ein abschließendes Wort zur abstrusen Veröffentlichungspolitik mit dem Season Pass für knapp 45 Euro: Sorry Nintendo, aber hier wird die Marke für ein Remake (!), das selbst eher wie eine schlechte Erweiterung zu Fates anmutet, bis ins Extrem ausgeschlachtet - das schadet nicht nur dem Image dieser altehrwürdigen Reihe. Ich hoffe, dass sich Fire Emblem für Switch wieder seiner Kernkompetenz widmet und den Anspruch für Taktiker ausbaut.
Pro
Kontra
Wertung
3DS
Dieses Fire Emblem mag auf den ersten Blick so aussehen und hinsichtlich der Animationen so überzeugen wie Fire Emblem Fates. Aber es ist das schwächste und überflüssigste, das ich bisher gespielt habe.
N3DS
Dieses Fire Emblem mag auf den ersten Blick so aussehen und hinsichtlich der Animationen so überzeugen wie Fire Emblem Fates. Aber es ist das schwächste und überflüssigste, das ich bisher gespielt habe.
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