Im Test: FTL trifft Advance Wars
Komprimierte Spannung
Es ist natürlich nichts Neues in der Strategie, dass man sich Runde für Runde vorwärts klickt - und kaum aufhören kann. Spiele wie Civilization 6 oder Endless Space 2 können über Stunden für eine lang anhaltende Sogkraft sorgen. Selbst wenn der einzelne Zug nicht immer besonders relevant sein mag, greift man wieder und wieder in die digitale Chipstüte, weil sich irgendwo ja irgendetwas verändern kann. Man kann relativ entspannt durch die Zeitalter cruisen. Denn die Welt geht nicht unter, wenn man mal etwas falsch macht...
...Into the Breach ist dagegen Krisen-Management pur. Die Welt steht immer am Abgrund. Hier geht es in jeder Runde um Leben und Tod - und davon gibt es nur fünf. In dieser kurzen Zeit kann jeder Zug für die drei Mechs so entscheidend sein, dass man Fingernägel kauend grübelt. Hier
Nicht nur diese Größe der Schlachtgebiete, auch manche Züge, die enorme Vielfalt und scheinbar ausweglose Matt-Stellungen erinnern ein wenig an Schach. Denn hier entsteht trotz einiger Zufälle kein beliebiges Chaos: Bevor man selbst zieht, sieht man immer ganz genau, was welcher feindliche "Vek" in welcher Reihenfolge tun wird, wo der Boden einbricht oder ein Luftschlag droht - so kann immer im Voraus planen.
Atmosphärische Verdichtung
Aber für das Magische an dieser futuristischen Rundentaktik, in der man mit seinem Trio aus Mechs diverse Gebiete gegen insektenartige Aliens verteidigen muss, sorgen auch andere Déjà-vus. Es ist nicht nur die wohlige
Es ist vielmehr das geniale Spieldesign, das mit seinen cleveren Verschiebungen im Gelände bei gleichzeitiger Sicherung von Gebäuden zunächst an einen Klassiker erinnert: Advance Wars von Intelligent Systems. Nur ist das Experimentier- und Bedrohungspotenzial hier viel größer, weil man nicht schrittweise eine sichere Kampagne durchläuft. Zwar kann man speichern, allerdings nur während eines Anlaufs. Auf den 64 prozedural erstellten Feldern bekämpfen sich nicht nur drei Mechs und Aliens: Vor jedem Spielstart wird auch eine Anzahl von Wolkenkratzern & Co jedesmal neu verteilt; manchmal kann das auch zu unfairen Situationen führen. Die Gebäude sollte man unbedingt schützen, nicht nur, weil die Leute einen mit "Hurra, die Mechs sind da!" begrüßen. Denn sie versorgen alles mit Energie, die quasi universelle Lebenspunkte darstellt - und die nimmt man mit ins nächste Gebiet! Man startet mit vier Punkten und es heißt Game Over, wenn die Aliens vier Häuser vernichten. In erster Linie gilt es natürlich, die fünf Runden zu überleben. Gleichzeitig bekommt man allerdings mehrere lukrative Bonusziele, die entweder mehr Reputation, Kraft für die Mechs oder permanente Lebensenergie bringen. Vielleicht landet auch plötzlich eine Sonde mit Schätzen auf dem Gelände. Was man braucht? Alles!
Die optimale Zugfolge
Man ist also immer auf der Suche nach dem perfekten Run durch die fünf Runden - am besten keine Lebensenergie verlieren, dafür permanent welche hinzu gewinnen, alles an Boni einsacken und keinen Mech-Piloten sterben lassen. Ähnlich wie im Weltraum des Vorgängers sorgen leichte Rollenspielelemente nämlich dafür, dass einem die Offiziere ans Herz wachsen - sie gewinnen an Erfahrung und schalten damit wichtige Fähigkeiten frei. Aber wo sind sie überhaupt? Man hat zu Beginn nur drei, aber kann weitere finden! Ein Game Over zwingt zwar zu einem Neustart, und man verliert alle Waffen und Piloten starten wieder bei Level 0, aber das ist deshalb nicht ganz so schmerzhaft wie in FTL, weil man einen Helden mit seinen Merkmalen retten und weiter entwickeln kann. Außerdem steuern KI-Systeme die Mechs, falls man nicht ausreichend dekorierte Menschen mehr hat.
Kombos ohne Ende
Jetzt muss man sich das bei stets wechselnden Territorien sowie drei unterschiedlichen und in der Ausrüstung stets erweiterten Mechs vorstellen - die taktischen Möglichkeiten wachsen mit jeder Insel, die man sichern kann! Und danach geht das Grübeln erst richtig los: Denn dann kann man im Shop seine gesammelte Reputation (Sterne) in weitere Ausrüstung oder Energie investieren. Aber was soll man bloß kaufen? Den Laser, der drei zusammen stehende Feinde trifft? Die Rauchbombe, die Feinde auf bis zu fünf Feldern die Sicht raubt? Den Schlag, der die Feindzielrichtung spiegelt? Die Rakete, die verwundet und um zwei Felder in beide Richtungen verschiebt? Oder doch lieber eine passive Fähigkeit wie mehr Schaden durch Kollisionen?
Die Qual der Wahl
Ähnlich wie in FTL entsteht hier die Qual der Wahl, zumal das Management der Mechs über Energiekerne ja noch hinzu kommt: Auch die kann man für drei Sterne kaufen, um spezielle Fähigkeiten wie mehr Schaden, mehr Leben, mehr Bewegung etc. freizuschalten, zumal die Aktivierung von besonders starken Waffen auch Punkte kosten kann! Man kann sich einen besonders starken Mech züchten, alle gleich entwickeln oder gar keinen, weil man alles in die übergreifende Energie steckt. Hier hat das Team von Subset Games das Raumschiff-Management mit all seinen Nöten und Optionen wunderbar auf eine Truppe übertragen.
Sehr schön ist auch, dass die Missionsziele ebenso variieren wie die Feindtypen: Mal gilt es eine Fabrik zu schützen, Berge zu
Frei wechselbare Mech-Teams
Es lohnt sich also auch, spezielle Voraussetzungen während der Schlacht zu erffüllen, z.B. vier Feinde gleichzeitig mit dem Laser zu treffen, um an diese Münzen zu kommen und möglichst viele dieser über 20 Mechs freizuschalten. Die kann man übrigens nicht nur farblich anpassen, sondern auch frei zusammenstellen: Man ist also nicht auf ein festes Trio beschränkt, sondern darf alles mischen und auch mehrere Mechs einer einzelnen Waffengattung (Prime, Brute, Mech, Science) ins Feld schicken. Zusammen mit dem prozeduralen Ansatz entsteht ein sehr hoher Wiederspiel- & Experimentierwert.
Fazit
Wahnsinn! Ich komm gar nicht mehr vom Bildschirm weg. Schon FTL: Faster Than Light hat mich über Wochen sehr gut unterhalten, aber Into the Breach schlägt diesen Klassiker in allen Bereichen. Das ist ein magischer Mix aus Advance Wars, Schach und FTL, der voll in mein Rundentaktik-Herz trifft. Ich habe selten so lange vor einem Zug gegrübelt, weil es so viele coole Möglichkeiten gibt - und zwar weit über Feuer frei hinaus! Zwar kann man mit seinen Mechs auch ballern, aber es geht um cleveres Springen, Verschieben, Heranziehen, Blockieren und vor allem die Ausnutzung des Geländes. Auf engstem Raum von acht mal acht Feldern muss man innerhalb von fünf Zügen das Beste aus seiner Truppe bei stets wechselnden Gefahren herausholen. Auch wenn die Bosse etwas unspektakulär sind und die apokalyptische Story nicht mehr als ein Rahmen ist: Es entsteht nicht nur komprimierte Spannung, sondern auch langfristige Motivation aufgrund der vielen Aufrüst- und Freischaltoptionen. Hinzu kommt ein überaus stimmungsvolles minimalistisches Artdesign, Feedback von Kommandeuren sowie Bewohnern sowie ein klasse Soundtrack - all das sorgt trotz der eher abstrakten Kulisse für eine atmosphärische Verdichtung. Das kleine Team von Subset Games gehört spätestens mit diesem Geniestreich zu den ganz Großen des Spieldesigns.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Das ist ein magischer Mix aus Advance Wars, Schach und FTL, der voll in mein Rundentaktik-Herz trifft.
Echtgeldtransaktionen
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