Im Test:
Fisch, Fleisch oder frische Wurzel?
Natürlich ist Banished nicht das erste Spiel, in dem eine Stadt oder ein ganzes Land ohne durchdachte Planung und funktionierende Wirtschaftskreisläufe zugrunde gehen. Aber darum ging es Luke Hodorowicz gar nicht. Hodorowicz vermisste Aspekte der Stadtplanung, den nicht einmal die wuselnden Siedler einfangen konnten: eine intime Nähe zu den Einwohnern und das intensive Erleben ihrer Alltagssorgen. Und dazu zählen eben Fragen wie "Wie kommt morgen Essen auf den Tisch?" oder "Woher bekommen wir genug Feuerholz?"
Der Dienstplan
Es beginnt mit einer Gruppe Ausgesetzter, die unter den schwierigsten Startbedingungen mit einem Karren voller Holz und Lebensmittel mitten im Niemandsland stehen. Sie müssen Unterkünfte errichten und Nahrung finden. Und sie sollten früh damit beginnen, stabile Versorgungswege zu schaffen. Denn ist der nahe Wald erst einmal gerodet, dauert es viele Jahre, bis Bäume nachwachsen. Deshalb sollten die Siedler einen Forststand errichten, um einen Förster ernennen. Dieser pflanzt Triebe und gewinnt Bauholz aus
Nun ist Banished keine Bestrafung für Siedlungsfreudige. Missstände können korrigiert werden und schon nach einigen Jahren hängt die richtige Planung nicht mehr an Einzelnen. Ich muss die Balance aber stets im Blick behalten; der Aufbau jedes Kreislaufs sollte durchdacht sein. Immerhin benötige ich zunächst Bauleute, anschließend z.B. Bergarbeiter oder Händler. Ohne einen kleinen Bevölkerungsüberschuss und die Sicherung des erhöhten Lebensmittelbedarf sollte ich also kein neues Projekt planen. Das ist im Wesentlichen nichts Besonderes. Die Dringlichkeit, mit der ich meine Gemeinde spezialisieren muss, weil ich kaum alle Produktionszweige abdecken kann, ist allerdings bemerkenswert – der Blick auf die Geburtenliste und das Alter meiner Bevölkerung ebenso.
Der intime Blick
Schließlich werden neue Menschen geboren, sind zunächst Kinder und beginnen im Alter von zehn Jahren zu arbeiten. Schaffe ich keinen Platz für junge Familien, überaltern meine Siedler also und hinterlassen nach ihrem Tod eine schmerzhafte Lücke. Ich muss deshalb
Ob Luke Hodorowicz an Erweiterungen arbeiten wird, steht laut offizieller Webseite noch nicht fest. Er habe zahlreiche Ideen, möchte aber auch neue Spiele entwickeln.
Mit Sicherheit arbeitet er allerdings an einem Mod-Kit, das Spielern das Erstellen eigener Inhalte ermöglichen und an einem noch unbestimmten Zeitpunkt erscheinen soll. für genügend Wohnraum sorgen, ohne dass die Einwohnerzahl den Gegenwert der Nahrungsmittel überschreitet. Knifflig wird es spätestens dann, wenn ich eine Schule baue, die Kinder zu effizienteren Berufstätigen erzieht. Denn weil die Jugendlichen bis zu ihrem 18. Lebensjahr lernen, fallen sie bis dahin als Arbeitskräfte aus.
Dieser intime Blick in die Bevölkerungsstruktur ist faszinierend. Er hört ja nicht beim Verwalten auf: Alle Bürger tragen auch einen Namen und ich kann genau beobachten, womit sie den Tag verbringen. Ich sehe Webern dabei zu, wie sie Leder zur Webstube tragen, wie sie fertige Kleidung in Lager bringen, anschließend Nahrungsmittel vom Marktplatz nach Hause transportieren und sich im Winter Feuerholz besorgen. Haben sie die von mir bestimmte Menge an Kleidung hergestellt, helfen sie beim Fällen von Bäumen oder dem Abbau von Gesteinsvorräten.
Dass sie mit vergleichsweise groben Animationen in Bewegung versetzt werden, stört mich kaum – meine Aufmerksamkeit gilt dem Beobachten des funktionierenden Alltags. Geschenkt, dass sie über umzäunte Weiden laufen und gelegentlich einen Bauauftrag
Historisch hängen geblieben
Immerhin ist es nicht allein das Beobachten funktionierender Wirtschaftskreisläufe: Um die schrägen Holzdächer des verklärten Mittelalters entsteht eine romantische Idylle, in der ich liebend gerne meinen Urlaub verbringen würde. Ich lasse Holzbrücken über kleine Flüsse bauen, die Mine im Hintergrund fördert Kohle und Eisen, auf einem unberührten Landstrich sind lediglich Förster und Jäger zugange und neben den Holzhäusern meines alten Dorfzentrums entstehen immer mehr Steinbauten. Kirche, Krankenhaus und Kneipe zeugen vom Fortschritt...
… auch wenn es echten Fortschritt gar nicht gibt. Denn so anspruchsvoll Ausbau und Unterhalt einer Gemeinde sind, so wenig entwickelt sie sich historisch weiter. Von Beginn an stehen mir sämtliche Einrichtungen zur Verfügung – eine in die Breite gezogene Kleinstadt ist allerdings das höchste der Gefühle. Die Häuser bleiben stets kleine
Ich lasse nicht mit mir handeln!
Wer es noch nicht getan hat, könnte für einen neuen Versuch immerhin Naturkatastrophen, ein raues Klima oder schroffes Umland wählen. Wer Glück hat, wird dann vielleicht lange von Seuchen, Wirbelstürmen oder Bränden verschont. Ich habe z.B. lediglich ein Haus ans Feuer verloren, ein Sturm zog an meiner Siedlung jedoch vorbei. Mit Brunnen und medizinischer Versorgung versuche ich trotzdem solchen Gefahren vorzubeugen.
Weniger Einfluss habe ich hingegen auf den Handel und das ist ärgerlich: Hatte ich mich anfangs noch über eintreffende Händler gefreut, war ich ihren kleinen Booten bald schon überdrüssig. Dabei funktioniert mein Handelsposten richtig gut, wenn ich die
Doch ich weiß ja nie, welche Waren ein Händler mitbringt – selbst wenn ich sie für die nächste Lieferung bestelle! Es immer reines Glücksspiel, welche Artikel das Boot einführt und welche der Händler im Austausch akzeptiert. So sinnvoll die Spezialisierung auf überlebenswichtige Produktionsketten also ist, so enttäuscht musste ich die Planung meines Eisen- und Kohleimperiums aufgeben. Ich konnte mich ja nie zur zentralen Anlaufstelle für den entsprechenden Handel entwickeln. Stirnrunzelnd musste ich schließlich noch zur Kenntnis nehmen, dass ich die im Handelsposten gelagerten Nahrungsmittel nicht zurückführen konnte, als meine Bevölkerung Hunger litt. Dabei hätte ich zehn solcher harten Winter mit der dort liegenden Reserve überstehen können.
Fazit
Es sind die wichtige Kleinigkeiten, an denen man spürt, dass Luke Hodorowicz als einzelner Entwickler irgendwann an seine Grenzen stieß. Daran, dass man bestehende Weideflächen z.B. nicht erweitern kann, dass der Handel mehr Glücksspiel als fest verankertes Element ist oder dass der Ort nie mehr als eine weitläufige Kleinstadt sein kann. Faszinierend ist allerdings die Zielgenauigkeit, mit der Hodorowicz seine Vision einer Aufbausimulation Wirklichkeit werden lässt. Denn wo SimCity & Co. mit dem Abstand eines Analysten auf die Welt blicken, sondiere ich hier die Holzstapel auf dem Lagerplatz und beobachte meine Siedler, um die eng miteinander verknüpften Wirtschaftskreisläufe zu kontrollieren. Ich bediene mich ja nicht nur – ich muss die Lebensräume von Wald und Wild auch erhalten, so lange ich sie nutzen will. Dass das ausgeklügelte System in einem harten Winter zusammenbrechen kann, macht das Überleben am Rande der Natur so spannend. Und weil es sich ohne Kampf und vermeintliche Epik auf das Wesentliche konzentriert, fühle ich mich hier einfach pudelwohl.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Fordernde Aufbaustrategie, die den Blick auf den Alltag einer kleinen Gemeinde richtet. Im Mittelpunkt steht das Verwalten der knappen Rohstoffe.
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