Guns, Gore & Cannoli 202.03.2018, Mathias Oertel

Im Test: Ganz feine Cartoon-Action

Vor gut zwei Jahren hatte der Cartoon-Gangster Vinnie seinen ersten Auftritt. Ausgerüstet mit zig Knarren, die unter Zombies und anderen bösen Buben für eine Menge Gore sorgten, während er seine Gesundheit mit Cannoli auf Vordermann brachte, konnte er solide unterhalten. Mit Guns, Gore & Cannoli 2 geht die seitwärts scrollende 2D-Action nicht nur weiter, sondern legt gleich ein paar Gänge zu, wie wir im Test feststellen konnten.

Die Zeit rennt

Während das belgische Team von Crazy Monkey Studios etwa zwei Jahre an der Entwicklung von Guns, Gore & Cannoli saß, sind für den Hauptdarsteller Vinnie ca. 15 Jahre vergangen. Die Ereignisse des Vorgängers sind nur noch ein Schatten der Vergangenheit und dennoch ist der nie um einen Spruch verlegene Mafiosi schon wieder in Schwierigkeiten. An einen Stuhl gefesselt, kann er sich in letzter Sekunde befreien, bevor zwei feindlich gesinnte Gangster ihm den Anzug zerknittern. Und damit beginnt ein actionreicher Rachefeldzug, der ihn bis nach Europa in die Zeit des Zweiten Weltkrieges führt. Denn dieses Mal bringt er seine Knarren nicht nur gegen gegnerische Mafiosi oder Untote zum Einsatz, sondern jagt auch haufenweise Nazis Kugeln in den Kopf. Und das alles im gleichen sehr gelungenen Cartoon-Design des Vorgängers, das selbst die Landung der Alliierten in der Normandie auf seine ganz eigene charmante Art und Weise erzählt.  

Der Cartoon-Stil kommt nicht nur in den Zwischensequenzen hervorragend zur Geltung. Auch die Action wird mit diesem Stilmittel klasse in Szene gesetzt.
Überhaupt haben Crazy Monkey nur wenig am grundlegenden Prinzip geschraubt. Man ist nach wie vor damit beschäftigt, Vinnie von links nach rechts durch clever angelegte, mal mehr, mal weniger offene Abschnitte zu steuern und alles abzuknallen, was sich einem in den Weg stellt. Angereichert durch leichte Plattformer-Elemente spielt sich Guns, Gore & Cannoli 2 im Wesentlichen wie ein moderner Vertreter von Contra (die ersten Teile sind hierzulande unter dem Namen Probotector bekannt) oder Turrican. Allerdings haben die Entwickler hinsichtlich der Mechanik massiv zugelegt und sich damit nicht nur einiger Probleme, sondern Kritikpunkte des Vorgängers angenommen. So kann Vinnie jetzt nicht nur horizontal feuern wie vor zwei Jahren, sondern darf seine mittlerweile 13 Waffen vom Baseballschläge über Uzi und Pumpgun bis hin zum Raketen- oder Granatwerfer jetzt in einem 360-Grad-Radius einsetzen. Dadurch wird schlagartig die Dynamik erhöht. Denn im Gegenzug wird durch die möglichen gegnerischen Angriffe aus allen Richtungen dafür gesorgt, dass die größeren sowie vor allem auch hinsichtlich der Vertikalsprünge erweiterten über einem Dutzend Abschnitte einen stets vor neue Herausforderungen stellen.

Beweglicher als je zuvor

Das Waffenrad sollte nur in ruhigen Momenten eingesetzt werden. In den hektischen Kämpfen ist es zu ungenau.
Wer sagt, dass Mafiosi, die ständig nur Cannoli oder andere Teigwaren futtern, ihre Fitness verlieren, wird von Vinnie eines Besseren belehrt. Er beherrscht mittlerweile einen Doppelsprung, der selbst einen italienischen Klempner vor Neid erblassen lassen könnte und sich auch sehr gut dazu eignet, gegnerischen Projektilen aus dem Weg zu gehen. Zusätzlich kann er sich geschickt aus dem Weg rollen und bei Bedarf wie im Vorgänger hinhocken, um z.B. hinter einer befestigten Deckung Schutz zu suchen. Mit zig Gegnern, die teils geskriptet aus allen möglichen Ecken auf den Bildschirm stürmen (aber insgesamt keine besonders herausragenden KI-Fertigkeiten aufweisen), werden sowohl die Reaktionsfähigkeit als auch die Hand-/Auge-Koordination auf die Probe gestellt.

Denn selbstverständlich sind einige der Waffen besser als andere geeignet, um spezielle der zahlreichen Gegnertypen auszuschalten. Während man den Feinden bzw. Projektilen ausweicht, in der Gegend herumspringt und seinerseits feuert, ist der auf einem Auswahlrad liegende Waffenwechsel allerdings eines der wenigen, aber gravierenden Problemkinder von Guns, Gore & Cannoli 2. Schon auf dem normalen und damit dem zweiten von vier Schwierigkeitsgraden fordert einem das Spiel in seiner zweiten Hälfte alles ab. Insofern wäre es hilfreich gewesen, wenn während der Zuschaltung des Waffenrades das Geschehen verlangsamt würde. Doch da es mit unverminderter Hektik weitergeht und man sowohl mit Maus als auch bei Pad-Nutzung gelegentlich auf dem „falschen“ (da evtl. für die Situation eher ungeeigneten) Todbringer landet, kommt es immer wieder zu Frust-Momenten.

Der WW2-Cartoon

Gleiches gilt übrigens auch für die Situationen, in denen man partout selbst kleine Hindernisse nicht durch einen Sprung überqueren darf, weil es die Kollisionsabfrage einen Tick zu genau nimmt und den Pixel, an dem man hängt, als Grund

Vinnie nimmt sogar an der Landung der Alliierten in der Normandie teil!
erkennt, einem das Hüpfen zu verweigern – was in der gesamten Spielzeit an einer Hand abzuzählen ist. Selbstverschuldet sind hingegen die Momente, in denen man durch eine der zahlreichen Türen läuft, da man hofft, in dem dahinter liegenden Zimmer vielleicht Munition oder Cannoli zur Genesung zu finden, wie es teils im Vorgänger der Fall war. Doch hier gab es nicht einen Fall, in dem Vinnies Suche erfolgreich war. Dafür wurde er hier mit keiner Ausweichmöglichkeit ein paar Mal erledigt – was nur kurzzeitig ärgerlich war, da es bis auf sehr wenige Ausnahmen gut gesetzte Kontrollpunkte gibt, an die man zurückgesetzt wird. Der Rest der Kollisionsabfrage ist übrigens hervorragend: Sowohl bei den Schüssen als auch bei den wichtigen Sprüngen gibt es keinen Grund zur Klage oder Zweifel ob der Genauigkeit. Und das ist auch hinsichtlich der eingesteckten Treffer wichtig. Denn wenn man getroffen wird und zwangsläufig irgendwann keine Lebensenergie mehr hat, kann man es nicht auf einen Fehler innerhalb des Spiels abwälzen, sondern muss die Schuld bei sich suchen. Obwohl es Crazy Monkey bei den Bossen gelegentlich mit den Anforderungen an akkurates Zielen bei gleichzeitiger Deckung oder Springen übertreibt und man hart an der Grenze entlangschrammt, bleibt es unter dem Strich immer fair. Selbst das Finale, das einen mit grauen Haaren und erschöpft zurücklassen kann, lässt sich mit Geduld, Übersicht und Fingerfertigkeit bewältigen.

Es geht in Guns, Gore & Cannoli 2 schonungslos zur Sache.
Und selbst wenn man vor Frust in die Maus oder das Pad beißen möchte, entschädigt die hochklassige Cartoon-Kulisse, die im Vergleich zum bereits gelungenen Vorgänger in jeder Hinsicht einen Schritt nach vorne gemacht hat. Nicht nur, dass die farbenfrohen, abwechslungsreich designten Figuren durch die Bank klasse animiert sind. In vielen Fällen haben sie witzige „Idle“-Bewegungen, bei denen die „knallharten“ Nazi-Offiziere z.B. die Magazine beim Wechseln fallen lassen oder sich mit einem Blitz bei einem Foto blenden. Und im Zusammenspiel mit der Umgebung kommt die dargestellte Gewalt zu ganz neuen Ehren: Hier werden nicht nur Gliedmaßen abgetrennt, sondern fliegen die Figuren beim Einsatz von Granaten, Raketen oder der Benutzung der Pumpgun aus nächster Nähe auch gerne mal quer über den Bildschirm, bevor sie irgendwo von Objekten aufgehalten werden oder sogar noch von ihnen abprallen – und das physikalisch einigermaßen akkurat. Und das alles auch mit bis zu vier Spielern kooperativ, die das Chaos auf dem Bildschirm vergrößern. Allerdings gibt es sowohl solo als auch mit einem Quartett immer wieder vollkommen unerwartete Bildrateneinbrüche, die allerdings nur in seltenen Fällen die Action beeinflussten.  Zudem kann man sicher sein, dass Vinnie wie schon in Teil 1 nie um einen Spruch verlegen ist, der den Gegnern sehr passend zum Schaden auch Spott zu teil werden lässt. Dass dies nur in Englisch stattfindet, ist angesichts des sehr speziellen Humors verschmerzbar. Denn bevor beim Versuch, z.B. das „You did not see that coming“, das allerdings eher „Ya did nat-zi dat comin“ ausgesprochen wird, in vernünftiges Deutsch zu packen, wenn Vinnie mal wieder einen Nazi aus der Deckung heraus abgeknallt hat, das Ganze peinlich wird, ist mir das Original zig mal lieber.

Fazit

Kudos an Crazy Monkey Studios: Sich für die Fortsetzung eines Spiels nahezu sämtlicher Kritik am Vorgänger anzunehmen und sie aus dem Weg zu räumen, anstatt nur auf die Stärken zu setzen und diese weiterzuführen, nötigt mir Respekt ab. So wurde aus dem ungeschliffenen Juwel, das Guns, Gore and Cannoli vor etwa zwei Jahren war, eine richtig schicke 2D-Action. Statt nur horizontal ballern zu können, darf der weiterhin nie um einen Spott-Kommentar verlegene Protagonist Vinnie jetzt seine Waffen in einem 360-Grad-Radius zum Einsatz bringen. Ergänzt durch Sprungpassagen, ein generell ansprechendes Anforderungsprofil und einer gehörigen Portion Cartoon-Gewalt kratzte der gegen andere Gangster, Zombies und Nazis kämpfende Mafiosi immer wieder am Goldaward. Dass es letztlich nicht gereicht hat, ist der Summe an Kleinigkeiten zu verdanken: Es gab gelegentliche Bildrateneinbrüche, die allerdings nur selten das Spiel beeinflussten und unabhängig von der Spieleranzahl auftraten. Der Schwierigkeitsgrad wird durch ein paar unerwartete Spitzen leicht entwertet. Das größte Problem ist jedoch, dass bei den hektischen sowie fordernden Auseinandersetzungen die über ein Radialmenü stattfindende Waffenwahl immer wieder zu ungenau arbeitet. Doch selbst mit diesen Mankos wird man nicht aufgeben, bis Vinnie als Sieger aus den ungleichen Kämpfen hervorgeht.

Pro

hochklassige Cartoon-Kulisse
klassische 2D-Action à la Turrican oder Contra
über ein Dutzend Waffen
akkurate Steuerung sowohl mit Maus/Tastatur als auch Pad
abwechslungsreichses Level- und Gegnerdesign
saubere Treffererkennung
360-Grad-Schusswechsel
für bis zu vier Spieler kooperativ

Kontra

Bedienung des Waffenrads in der Hektik der Gefechte zu ungenau
gelegentlich Probleme mit der Kollisionsabfrage bei Sprüngen
vor allem bei Bossen mitunter unfair wirkende Spitzen im Schwierigkeitsgrad
gelegentliche Bildrateneinbrüche

Wertung

PC

Von Anfang bis Ende unterhaltsame sowie kompromisslose 2D-Action mit klasse Cartoon-Kulisse. Kleinere technische Mankos verhindern den Gold-Award.

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