Evil Days of Luckless John30.08.2007, Bodo Naser
Evil Days of Luckless John

Im Test:

Wie stellt sich ein Entwickler aus Tschechien die USA vor? Wenn ihr das wissen wollt, müsst ihr nur Evil Days of Luckless John (ab 0,64€ bei kaufen) spielen, denn es strotzt nur so vor gepflegten Vorurteilen. Alle sind nur aufs Geld aus, gehen dafür über Leichen und die Mafia zieht alle Fäden. Das Comic-Adventure, das jetzt bei Playlogic auch bei uns erschien, spielt zwar in den 30er-Jahren, sagt aber doch eine Menge aus über aktuellen Anti-Amerikanismus.

Krämerseele ohne Erfolg

In gesellschaftlich turbulenten Zeiten spielt Luckless John, das von einem besonders glücklosen Gesellen handelt. Wenn er nicht gerade mal wieder im Knast sitzt, geht irgendetwas schief, das der "Held" auf die Reihe zu kriegen versucht. Doch

John ist Dauergast hinter schwedischen Gardinen. Sein Knackikollege hilft ihm aus der Patsche und bereitet die Flucht vor.  
 dann werden seine kühnsten Kapitalistenträume wahr und er erbt ein Casino. Jetzt kann er endlich zeigen, was in ihm steckt. Doch was John nicht weiß ist, dass die Mafia auch den lukrativen Spielbetrieb haben will - und zwar mit allen Mitteln. Da muss John aus dem Weg geräumt werden...

Zugegeben, die 30er-Jahre waren in den USA und anderswo nicht gerade das Aushängeschild für Demokratie, Stabilität und Solidarität. Nach dem Börsencrash von 1929 prägten Elend, Massenarbeitslosigkeit und Verbrechen das Bild im Westen. So weit, so wahr. Wer allerdings nur diese chaotische Epoche isoliert betrachtet, könnte zum Ergebnis kommen, dass die westliche Gesellschaft generell korrupt, von innen heraus verfault und zum Scheitern verurteilt ist. Obwohl diese Betrachtung sicher nicht gänzlich falsch ist, ist sie doch recht einseitig. Das hält Centauri nicht davon ab, sie nur in diesem Lichte darzustellen.

Aktion und Rätsel

Die Story ist freilich allenfalls Nebensache, denn bei Luckless John handelt es sich um einen Mix aus Adventure und Action, wobei die Actionanteile doch deutlich höher ausfallen. Ihr müsst dennoch ebenso die Kombination für einen Tresor erraten wie ihr über Mauern springen, Kisten schieben oder vor Verbrechern fliehen müsst; auch Autorenneinlagen sind dabei Baphomets Fluch hat gezeigt, dass so was grundsätzlich Spaß machen kann, obwohl Adventure-Puristen eine solche Fingerhakelei freilich ablehnen. Leider ist die Umsetzung nicht gelungen, obwohl die Action durchaus einsteigerfreundlich daher kommt.

Es gibt einen leichten Schwierigkeitsgrad für Anfänger, den ihr aber nicht braucht, da die Action ohnehin meist Kinderkram ist. Aber was soll eine Einlage, bei der ich vor den schießwütigen Schergen fliehen muss, wenn ich dann gar nicht

Hier hechelt ihr mal wieder unnötig durch die Gegend, da die Lösung so naheliegend ist, dass ihr nicht draufkommt.
beschossen werde? Eine paar mal gehüpft, eine Tür aufgehebelt und schon habt ihr's überstanden, ohne einen Abzug beim zudem ellenlangen Lebensbalken. Da sind die Rätsel schon etwas schwieriger, obwohl ihr auch hier Hilfe erhaltet, wenn ihr es mal nicht schafft. Das kann so weit gehen, dass ihr die Lösung auf dem Silbertablett serviert bekommt - ob ihr nun wollt oder nicht.

Bedienung zum Haare raufen

Leider sind die Minispiele nicht immer nervenschonend, da euch die Steuerung virtuelle Knüppel zwischen die Beine wirft. Die Tastaturbelegung ist zwar typisch, aber keinesfalls so, dass man von einer butterweich, akkurat und nachvollziehbar arbeitenden Bedienung reden könnte. Die Drehungen, die euer Held vollführt, sind mehr als ungenau, so dass ihr schon mal öfters wo hängen bleibt. Dann müsst ihr eine Szene hundert Mal wiederholen, nur weil die Steuerung Mist ist. Hier macht sich zudem bemerkbar, dass ihr oft eine Szene von Beginn an wiederholen müsst, da der Speicherpunkt bisweilen unglücklich gewählt ist.

             

Humor ohne Witz

Humor ist bekanntlich, wenn man trotzdem lacht, denn leider zündet nicht jede Dynamitstange, die die Mafia in euer Zwerchfell legen will. Humor ist ja auch Geschmackssache, weshalb im Spiel auch nur die Dinge witzig sind, die in Richtung Slapstick zielen. Da prallt der schon sicher geglaubte Held in letzter Sekunde doch noch vom Schild zurück und wird erneut eingekastelt. Das ist witzig, anderes wieder weniger, was etwa als Wortwitz daher kommt. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass die Geschichte einfach nicht besonders spannend ist. Immerhin vermag das Handbuch in Form einer Zeitung zum Schmunzeln anzuregen. 

Natürlich wurde das Adventure in erster Linie für den russischen Markt produziert, wo es von Akella vertrieben wird. Vieles bleibt für uns daher rätselhaft: Wieso sonst tragen die Mafiatypen nur Knarren, die äußerlich an eine Kalaschnikow erinnern? Soll das eine Anspielung auf heutige Verhältnisse sein oder wissen die Macher nicht, wie die typische MP der Amigangster

Jetzt geht's ans Türmen, das eigentlich nur aufgrund der miesen Steuerung ein Nervenkitzel ist. 
der 30er aussieht? Zudem klingt die oft unverständliche Sprachausgabe schon irgendwie so, als wenn Russen Englisch parlieren und gelegentlich rutscht sogar ein Wort Russisch raus. Immerhin gibt es deutsche Untertitel, die für Erhellung sorgen.

Veraltete Kulisse

Die 3D-Grafik ist brauchbar, auch wenn sie schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat. Eine Schönheit ist sie nicht, da es oft an Details fehlt, aber immerhin wurde auch die Rätselumgebung dreidimensional gestaltet. Zudem gibt es Grafikfehler, wenn eure Figur mal wieder wo drin steht, wo sie nicht hinein gehört. Übers Design lässt sich bekanntlich streiten, aber die Figuren sehen mit ihren winzigen Körpern, ellenlangen Schnuten und Glatzenschädeln schon etwas geschmacklos aus. Vielleicht soll das den handfesteren Geschmack in Russland treffen. Natürlich ist immer ein schmaler Grat zwischen Veräppelung und schlechtem Geschmack, aber hier ist oft Letzteres der Fall. Es gibt viele Videos, so dass schon ein bisschen ein filmischer Eindruck entsteht.

      

Fazit

Der Westen ist schlecht, hat keine Seele und dort leben nur degenerierte Verbrecher, die für Dollars über Leichen gehen. Das ist keine Kurzfassung von GTA 3, sondern der Grundton, der sich einem beim Spielen von Evil Days of Luckless John aufdrängt. Freilich sollte man in ein derart simples Comic-Adventure nicht all zu viel hineininterpretieren, dennoch kommt einem doch einiges seltsam vor. Das Szenario wurde sicher nicht ohne Grund gewählt und irgendwie wird auch nicht richtig deutlich, dass die Epoche eigentlich schon längst Geschichte ist. Vielleicht fühlen sich ja viele in ihren Vorurteilen bestätigt? Auch die Anspielungen auf Russland sind kaum zu übersehen und im Fall der englischen Sprachausgabe ebenso wenig zu überhören. Wer auf derartige Hintergründe pfeift und bloß das Abenteuer sucht, wird damit allerdings auch nicht froh. Das Spiel ist zwar einsteigerfreundlich, überzeugt aber weder hinsichtlich der Action noch der Rätsel. Die Steuerung ist ein Graus, weshalb die zweifelhaften Hüpf-, Schiebe- und Springorgien oft eine unfreiwillige Nervenprobe sind. Auch als witziger Film überzeugt Luckless John kaum, da die völlig belanglose Story auch nicht wirklich witzig ist. All zu oft bewegt sich der Humor auf rustikalem Schenkelklopferniveau.

Pro

einfache Actionsequenzen
machbare Rätsel
Hilfe beim Rätseln

Kontra

Action für die Katz
oft nervige Minispiele
Hilfe auch dann, wenn ihr sie nicht wollt
Humor zündet nicht immer

Wertung

PC

Böse Tage eher für den, der sich für den kruden Action-Mix entscheidet

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