WWE SmackDown! vs. Raw11.11.2004, Mathias Oertel
WWE SmackDown! vs. Raw

Im Test:

Der Winter zieht langsam ins Land und damit beginnt für PS2-User die alljährliche Neueröffnung der WWE-Wrestling-Saison. Smackdown vs. Raw heißt das Objekt der Begierde und soll mit zahlreichen neuen Features ausgestattet den Platin-Kandidaten Here Comes the Pain nicht nur ablösen, sondern in den Schatten stellen. Was ihr dieses Jahr vom Sports Entertainment aus dem Hause THQ erwarten könnt, verrät der Test.

Der Showkampf-Prügler

Wie jedes Jahr dürfte wieder einmal die Diskussion aufkeimen, wieso Wrestling nicht nur in den USA so erfolgreich ist. Die Kämpfe sind geskriptet, die Figuren stereotyp und sowieso ist das alles doch nur ein gigantischer Marketing-Zirkus.

Bret Hart ist eine der Legenden, die neben den über 40 integrierten aktuellen Wrestlern spielbar ist.
Das trifft zwar alles zu, doch als Fan des Sports Entertainment genießt man die Athletik und die Soap Opera-Dramatik, die von den mittlerweile auch schauspielerisch bewanderten Kämpfern meist glaubwürdig vermittelt wird.

Und letztes Jahr hat es THQ mit Smackdown Here comes the Pain geschafft, all die Dramatik und Action in ein überzeugendes Prügelspiel zu verpacken.

Zahn der Zeit?

Mit der immer noch stattlichen Anzahl von über 40 Wrestlern, zu denen sich fast ein Dutzend freispielbare Legenden wie Bret Hart, die Legion of Doom oder der maskierte Kane gesellen, wurde der Roster zwar auf gut zwei Drittel des Vorgängers reduziert, doch der Grund ist sofort ersichtlich – im wahrsten Sinne des Wortes.

Denn was als Erstes auffällt, ist die stark verbesserte Gestaltung der Athleten: Die Texturen wirken noch plastischer, die Bewegungen und Eigenheiten der Wrestler beim Einmarsch und in den Kämpfen noch genauer und zusammen mit den dynamischen Kameraperspektiven kommt umgehend Fernsehatmosphäre auf.

Viele kleine Mini-Spiele sorgen für zusätzliche Atmosphäre und lockern das Gameplay auf.
Selbst an den Zuschauern wurde gearbeitet – mit dem Ergebnis, dass die Fans auf den Ringplätzen zwar immer noch nicht die Qualität der Akteure erreichen, aber deutlich besser aussehen als noch letztes Jahr. Die berühmt-berüchtigten Clipping-Fehler, die es bislang in jedem Wrestling-Spiel gab, sind auch in Smackdown vs. Raw vertreten, doch mittlerweile bei weitem nicht mehr so dominant wie in den letzten Jahren.

Bei der Zusammenstellung des so genannten Rosters hat man sich Mühe gegeben, alle namhaften High- und Midcard-Wrestler einzubauen. Dementsprechend finden sich auf Raw-Seite z.B. Triple H samt Evolution, Matt Hardy, Randy Orton, Kane usw., während sich im Smackdown-Brand der Undertaker, JBL, Booker T, Rob Van Dam und Co die Ehre geben. Doch die Realität hat die Spielentwicklung leider bereits überholt: So wurden z.B. Rico und A-Train vor kurzem aus der WWE entlassen und Kurt Angle ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr der General Manager von Smackdown. Vor allem die Plätze der mittlerweile arbeitslosen Wrestler hätte man durch Ikonen wie Lita oder Jungstars wie Eugene füllen können.

Doch die kann man ja im gewohnt starken Editor erstellen, da z.B. die Einmarsch-Routine von Eugene integriert wurde. Doch genau die Einmärsche sind der Schwachpunkt der ansonsten extrem umfangreichen Figurengestaltung.   

Denn anstatt wie z.B. auf dem GameCube-Bruder Day of Reckoning Kamerapositionen, Lichteffekte und sonstigen Kleinkram einstellen konntet, muss man hier mit einer nicht gerade üppigen Auswahl an vorgegeben Einmärschen zufrieden sein, wenn man nicht auf die Standards der Superstars zurückgreifen möchte.

Wer besonders sauber oder fies kämpft, kann sich gewaltige Vorteile verschaffen.
Ein kleiner Nachteil der selbst erstellten Athleten ist allerdings auch, dass die Texturen zwar durchweg gut, aber insgesamt nicht so plastisch wie die der Superstars wirken.

Wrestler im Ton-Studio

Als Novum in einem Wrestling-Spiel gibt es während der gesamten spannenden Story-Line-Karriere, die sich bei Wahl des Raw- oder Smackdown-Brands leider nur durch die teilnehmenden Wrestler unterscheidet, Sprachausgabe, für die alle teilnehmenden Wrestler sowie die beiden Kommentatoren-Teams ins Studio gezerrt wurden. Das Ergebnis ist leider nicht immer überzeugend. Doch auch wenn manche Samples mit ihrem Hall so klingen, als ob man sie in einem Badezimmer aufgenommen hätte und selbst, wenn manche der schauspielernden Kämpfer etwas monoton wirken, ist die Wirkung immens und sorgt im Hinblick auf die TV-reife Präsentation für einen gehörigen Atmosphäreschub.

Auch die Kommentare der beiden Teams Jim Ross/Jerry Lawler und Michael Cole/Tazz haben ihren Anteil daran – selbst wenn sich die Herrschaften nach einiger Zeit wiederholen.

Gut mitgehende Zuschauer und gitarrenlastige Musikuntermalung wissen ebenfalls zu gefallen.

Der Parking Lot Brawl ist der einzige neue Matchtyp.
Und erfreulicher weise hat man dieses Jahr auch daran gedacht, nicht nur den aktuellen Wrestlern die passende Original-Musik zu spendieren, sondern auch die Legenden zu den entsprechenden Melodien einlaufen zu lassen.

More of the Same?

Und damit sowohl die aufgebohrte Grafik als auch die umfangreiche Sprachausgabe nicht vergeudet werden, setzt man spielerisch auf das Grundmodell von Here comes the Pain: Mit einer umfangreichen Auswahl an Griffen, Schlägen, Kontern und Würfen, die allesamt einfach zu erreichen sind, findet man schnell ins Spiel.

Auch in Sachen Matchtypen orientiert man sich am letzten Jahr und bietet neben dem bekannten Riesenangebot nur einen neuen Matchtyp, der es allerdings in sich hat: der Parking Lot Brawl. Basierend auf einer Story-Line zwischen John Cena und Eddie Guerrero kämpft ihr in einem Kreis von Autos, die ihr allesamt interaktiv verwenden könnt, um den Gegner zu schwächen. Ihr könnt ihn in die Scheiben werfen, zwischen Türen einklemmen usw., so dass das Zerstörungspotenzial voll ausgeschöpft wird. Gleiches gilt im Übrigen für den einzigen Backstagebereich, der vornehmlich im Hardcore-Match zum Einsatz kommt und der die durchlaufbaren Bereiche des Vorgängers ablöst.    

Um die bereits angesprochene TV-Atmosphäre zu pushen, wurden in SVR zahlreiche kleine Mini-Spiele eingebaut, die für eine immense Auflockerung des unterhaltsamen Kampfgeschehens sorgen. Zwar handelt es sich hierbei nur um kleine Geschicklichkeitsübungen, doch im Zusammenspiel mit den spezifischen Situationen wird der Eindruck, einer echten Fernsehshow zuzuschauen, nochmals gesteigert.

Auch der Royal Rumble wurde überarbeitet und mit einer neuen Spielmechanik versehen.
Die berühmt-berüchtigten "Chop-Battles" in der Ringecke, wunderschön untermalt von einem "Wooo!" der gut mitgehenden Zuschauer gehören z.B. dazu, oder auch ein "Staredown-Contest" vor Beginn des Kampfes, der die Weichen für einen erfolgreichen Kampfausgang stellen kann.

Ähnliche Spielereien gibt es auch bei bestimmten Haltegriffen oder im Royal Rumble-Wettbewerb.

Und wem die Karriere im Solo-Modus nicht ausreicht, findet zusätzlich noch 60 Herausforderungen in vier Schwierigkeitsgraden, die in normalen Kämpfen bewältigt werden müssen. Während es auf der leichtesten Stufe noch reicht, ein einfaches Bra&Panties-Match zu gewinnen, müsst ihr auf Expert z.B. The Big Show innerhalb von drei Minuten besiegen oder in einem Elimination Chamber-Kampf drei Gegner durch Aufgabe bezwingen.

Ein weiteres Element, das für eine feine Gameplay-Aufwertung sorgt, ist die Auswirkung eines sauberen bzw. unfairen Kampfstils. Je nach Gesinnung eures Wrestlers könnt ihr durch bestimmte Aktionen die Dirty- respektive Clean-Anzeige füllen und schließlich bei Aktivierung verheerende Angriffe starten. 

So ergibt sich unter dem Strich ein rundherum gelungenes Gameplay, das auf den Stärken des letzten Jahres aufbaut und mit feinen Neuerungen ergänzt.

Neben der Karriere können sich Einzelspieler an 60 Herausforderungen versuchen.
Online-Pay-Per-View?

Als weiteres Novum im Genre ist SvR das erste Wrestling-Spiel, das einen voll funktionsfähigen Online-Modus anbietet. Doch so reizvoll sich dies anfänglich auch anhört, so schnell verfliegt die Euphorie. Denn es stehen nur zwei Matchtypen zur Verfügung: Bra & Panties und ein normales Match Mann-gegen-Mann. Keine Tag-Team-Kämpfe, kein Royal Rumble, kein gar nix. Von ganzen Pay-Per-Views will ich gar nicht erst anfangen. Zwar kann man den Online-Duellen (vor allem mit selbst erstellten Athleten) den Spaß nicht absprechen, doch denkt man an das, was alles möglich gewesen wäre, wirkt der Online-Modus extrem unausgereift.

Offline hingegen bietet Smackdown vs. Raw durch die zahlreichen Matchtypen und der Möglichkeit, mit bis zu sechs Spielern gleichzeitig in den Ring zu steigen, eine Menge Spielspaß.

Nicht zuletzt auch deshalb, weil man mit "Create-A-Pay-Per-View" reale Großveranstaltungen der WWE nachbauen oder ganz eigene Event-Cards erstellen kann. Zusätzlich könnt ihr mit "Create-A-Championship" einen eigenen Meisterschaftsgürtel designen und gegen andere Spieler aufs Spiel setzen – insofern der Gegner seine Memory Card im Gepäck hat, auf der der Gürtel Platz findet, um wieder erobert zu werden.  

Fazit

Dass Smackdown vs. Raw auch dieses Jahr Platin einheimst, liegt nicht an den neuen Features wie dem Online-Spiel oder der umfangreiche Sprachausgabe. Denn dafür ist das Online-Spiel zu unausgereift und bietet nur pure Duelle ohne jegliche Gimmick-Matches sowie Bra & Panties. Und die Arbeit der Wrestler im Tonstudio bringt zwar zweifellos einen gewaltigen Atmosphäreschub, doch letzten Endes wirken viele der Samples zu monoton, um langfristig zum Zuhören zu motivieren. Und auch die identischen Story-Lines im Raw und Smackdown-Modus geben den Eindruck, dass der Award ungerechtfertigt ist. Doch auf der anderen Seite bekommen Wrestling-Fans ein sinnvoll erweitertes Wrestling-Spektakel, das zwar nur mit einem neuen Matchtyp glänzt, aber dafür mit seinen Mini-Games in den Kämpfen, den 60 Herausforderungen und vor allem mit der stark aufgebohrten Grafik dafür sorgt, dass SVR trotz kleiner Mankos so viel Spaß macht wie nie zuvor. Die Steuerung mit den guten Kontermöglichkeiten passt punktgenau und auch wenn die Sprecher nicht immer überzeugen, sorgen sie doch dafür, dass die Präsentation extrem dicht an den echten TV-Shows der WWE liegt. Der Editor zeigt sich stark wie eh und je und was er in punkto Einmarsch-Routine vermissen lässt, wird durch die Möglichkeit aufgefangen, seine eigenen Großveranstaltungen sowie eigene Meisterschaftsgürtel zu erstellen. Wer sich auch nur ein bisschen für die illustren Figuren des Sports Entertainment interessiert, bekommt mit Smackdown vs. Raw das derzeitige Nonplusultra in Sachen Konsolen-Wrestling.

Pro

stark verbesserte Grafik
enorm hohe TV-Atmosphäre
umfangreiche Sprachausgabe der Wrestler und Ringsprecher
interaktiver Backstage-Bereich
zahlreiche Matchtypen
Online-Duelle
neuer Matchtyp: Parking Lot Brawl
feine Heavy Metal-Musikuntermalung
umfangreicher Figureneditor
bekannt guter Karrieremodus
zahlreiche Legenden (u.a. Bret Hart, Andre the Giant)
eingängige Steuerung
eigene Pay-Per-Views erstellbar
eigene Championship-Gürtel editierbar
über 40 Wrestler
diverse Arenen
WWE Shop Zone mit Gimmicks und Goodies
60 Herausforderungen

Kontra

Roster bereits veraltet
schwacher Einmarsch-Editor
Wrestler als Sprecher nicht immer überzeugend
Kommentare nutzen sich ab
Online-Spiel nur zu zweit und ohne Gimmick-Matches
gleiche Storylines für Raw und Smackdown

Wertung

PlayStation2

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