Horizon Zero Dawn: The Frozen Wilds 06.11.2017, Jörg Luibl
Horizon Zero Dawn: The Frozen Wilds

Im Test: Lockruf des Nordens

Im Februar konnte Horizon Zero Dawn auf PlayStation 4 überraschen. Nicht weil Guerilla Games erneut seine technische Klasse in beeindruckenden Landschaften demonstrierte, sondern weil die bis dato "nur" für ihre Killzone-Shooter bekannten Niederländer ein sehr reifes Spieldesign in offener Welt präsentierten. Hinsichtlich der Regie sowie des Quest- und Weltdesigns erinnerte vieles angenehm an The Witcher 3. Jetzt ist die erste und letzte Erweiterung erschienen. Was "The Frozen Wilds" zu bieten hat, verrät der Test.

Technische Brillanz

Wenn man ein Spiel sehr lange nicht angerührt hat und nach Monaten zurückkehrt, kann vieles passieren. So manche Abenteuer verlieren aus ganz unterschiedlichen Gründen an Reiz. Und vor allem Erweiterungen können sich wie Fremdkörper anfühlen. Umso schöner ist es, dass Guerilla Games sowohl das neue Gebiet als auch die Story so harmonisch in das Hauptspiel integriert. Egal ob man Horizon Zero Dawn bereits beendet hat oder noch mit Aloy unterwegs ist: Die Übergänge in den hohen Norden sind nahtlos. Die Entwickler empfehlen etwa Stufe 30, bevor man den nomadischen Banuks einen Besuch abstattet.

Nördlich des bisher bekannten Banukgebietes liegt "Der Schnitt" im Nebel des Verborgenen.
Kaum ist man dort unterwegs, verzaubert die Kulisse. Die Landschaft ist nicht nur aufgrund eines bedrohlichen Vulkans imposant, sondern vor allem aufgrund ihrer markanten Topographie mit mächtigen Steilwänden und Schluchten. Und während man geduckt im Gras kauert, stampfen eindrucksvolle Kreaturen durch die schroffe Wildnis. Auch wenn Frost, Eis und Gefahr dominieren: Licht und Wetter sorgen immer wieder für stimmungsvolle Wechsel, hinzu kommen idyllische Plätzchen inklusive Schwefelbad sowie viele Farbtupfer über die Kleidung der Nebencharaktere.

Gerade eben habe ich noch das holprige Elex auf PlayStation 4 Pro gespielt, so dass sich Horizon Zero Dawn: The Frozen Wilds fast schon wie ein Systemwechsel auf PlayStation 5 anfühlt. Hier ist eine technische Brillanz sichtbar, mit der auch aktuelle Triple-A-Projekte à la Assassin's Creed Origins nicht mithalten können. Zwar erreichen Mimik und Gestik nicht das ausdrucksstarke Niveau von Uncharted, aber sie wurden leicht verbessert, so dass die vielen Gespräche mit Nebencharakteren etwas natürlicher wirken.

Zurück in der Wildnis

Aber Vorsicht: Nicht ohne Grund wird man vor dem Aufstieg an einer steilen Felswand gewarnt, dass man die frostige Wildnis namens "Der Schnitt" meiden sollte. Schon nach wenigen Schritten trifft man auf gefährliche Maschinenwesen, die dort ihr Unwesen treiben. Es gibt fünf neue Arten, die mit reichlich fiesen Attacken wie Minenwürfen und auch starken Manövern im Nahkampf ausgestattet sind, so dass man sein

Eis und Kälte regieren im neuen Gebiet.
ganzes kämpferisches Repertoire aus Fallen, Seilwerfer sowie Elementarschaden anwenden muss - also Monster scannen, Schwachstellen ausmachen, Schlachtplan entwickeln. Wer auf "schwer" oder "sehr schwer" spielt, was wir allen erfahrenen Zockern empfehlen, wird hier ordentlich gefordert, zumal die neuen Türme nicht nur für aggressivere Wesen in ihren Kontrollzonen sorgen, sondern diese auch heilen. Hier muss man also sehr effizient jagen und im Idealfall frühzeitig die Türme überbrücken.

Natürlich gibt es auch neue Waffen und Rüstungen, die einem das Jagen erleichtern können, aber das Klettern bleibt kinderleicht automatisiert und die Kämpfe laufen nahezu identisch ab. Schade ist, dass sich die acht zusätzlichen Fähigkeiten unter dem Zweig "Reisender" kaum auf das Spielgefühl auswirken. Mit ihnen kann man lediglich noch komfortabler sammeln, auch aus dem Sattel heraus, bekommt mehr Platz im Inventar und kann Reitmaschinen in zwei Stufen reparieren. Die coolste Fähigkeit schaltet man erst ganz am Ende des neuen Technologiebaums frei: Den so genannten Absprungschlag, der es Aloy erlaubt, akrobatisch aus dem Ritt heraus zu springen, um einen Hieb auf Maschinenwesen zu landen.

Fünf neue Maschinenwesen, acht neue Fähigkeiten und über 50 Audio-, Text- und Hologramm-Dateien warten auf die Jägerin.
Dafür gelingt es Guerilla Games, die Story glaubwürdig zu ergänzen und in gut verwobenen Quests mit natürlichen Dialogen zu erzählen. Die grundsätzliche Stimmung ist angenehm düster, symbolisiert durch den schwelenden Vulkan, der als mysteriöse äußere Bedrohung in der Ferne lauert. Über zwölf bis fünfzehn Stunden kann man den Ereignissen auf den Grund gehen, die das nomadische Volk der Banuks mit seinen Clans sowie Konflikten näher beleuchten; es gibt auch Ergänzungen in der Fauna, wie z.B. Bergziegen oder Eichhörnchen.

Die Entwickler lassen sich zudem viel Zeit, halten die Regie dabei aber angenehm straff. Zwar läuft die Spurensuche über den Fokus ähnlich leicht ab wie im Hauptspiel, aber man erlebt einige spannende Aufgaben, die man an den blau markierten Symbolen erkennt. Dass es um mehr geht als nur weitere Kämpfe, zeigt auch die Fülle an Material: Man kann über 50 Audio-, Text- und Hologrammdateien finden, die ebenso wie der Spielfortschritt separat archiviert werden. Hinzu kommen drei Sets an versteckten Artefakten, für die man in den Siedlungen Sangesgrund sowie Hohlhalle lukrative Belohnungen erhält.

Fazit

Horizon Zero Dawn: The Frozen Wilds ist eine sehr gute Erweiterung. Falls ihr Spaß an den Abenteuern mit Aloy hattet, werdet ihr hier nochmal für zwölf bis fünfzehn Stunden auf hohem Niveau unterhalten. Zum einen unterstreicht Guerilla Games damit erneut seine technische Klasse - Landschaft, Licht und Animationen sorgen für beeindruckende Kulissen. Wenn man kurz vorher Elex gespielt hat, fühlt sich das fast an wie ein Systemwechsel. Und es macht einfach Spaß, die neuen Maschinenwesen in den frostigen Arealen mit ihren gefährlichen Kontrollzonen zu jagen. Schade ist allerdings, dass die acht zusätzlichen Fähigkeiten kaum frische spielerische Impulse setzen können, außerdem bleiben Kletterei und Indiziensuche kinderleicht. Aber dafür gefällt mir die elegante erzählerische Einbindung, die nicht wie ein Fremdkörper wirkt, sondern Story sowie Spielwelt harmonisch ergänzt. Selbst wer das Hauptabenteuer noch nicht beendet hat, kann ab etwa Level 30 nahtlos das neue Gebiet erkunden, um mehr über das bedrohte Volk der Banuks zu erfahren. Da es sich um die erste und letzte Erweiterung zu Horizon Zero Dawn handelt, bin ich sehr gespannt auf das nächste Projekt der Niederländer.

Pro

nahtlose Verknüpfung mit dem Hauptspiel
gelungene Regie in vielen neuen Quests
Türme mit Kontrollzonen sorgen für mehr Anspruch
interessante Darstellung der nomadischen Banuks
fünf neue Maschinenwesen
acht neue Fähigkeiten, cooler Absprungschlag
leicht verbesserte Mimik
12 bis 15 Stunden Spielzeit

Kontra

neue Fähigkeiten größtenteils belanglos
technische Verbesserungen (Mimik, Kamera etc.) betreffen nur neues Gebiet

Wertung

PlayStation4

Horizon Zero Dawn: The Frozen Wilds ist eine sehr gute Erweiterung. Falls ihr Spaß an den Abenteuern mit Aloy hattet, werdet ihr hier nochmal für gut fünfzehn Stunden unterhalten.

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