Layers of Fear06.03.2018, Michael Krosta

Im Test: Düsteres Vermächtnis

Was passiert, wenn ein erfolgreicher Maler aufgrund einer Tragödie und kreativen Blockade immer stärker in den Wahnsinn abdriftet? Layers of Fear von Bloober Team liefert eine mögliche Antwort, indem es den Spieler durch die schummrigen Gänge und Räume eines Künstler-Anwesens entführt. Dort wird man Zeuge davon, was es heißt, den eigenen Verstand zu verlieren. Mittlerweile ist der surreale Trip mit seiner Mischung aus Gone Home und P.T. auch für Switch als Legacy Edition inklusive der Erweiterung Inheritance erschienen. Wie zuvor gilt auch hier: Falls ihr euch die Spannung nicht nehmen wollt, macht einen Bogen um diesen Test.

Viele Überraschungen

Puh, was wird mich wohl hinter der nächsten Tür warten? Werde ich erneut in einer Art Zeitschleife gefangen, bei der ich immer wieder durch den gleichen Raum geschickt werde? Oder steht mir der nächste Schreck bevor, mit dem ich zwar ständig rechne, aber der am Ende doch so unerwartet kommt, dass er mich trotzdem eiskalt erwischt? Oder packen die Entwickler wieder in ihre prall gefüllte Trickkiste voller Psycho-Spielchen à la Silent Hills (P.T.), mit denen sie dem Wahnsinn mal subtil, mal impulsiv Ausdruck verleihen? Ich kann mir jedenfalls sicher sein, dass mich dieser Trip voller „Mindfucks“ auch hinter der nächsten Tür überraschen wird.

Auch wenn Layers of Fear (ab 17,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) mitunter malerisch ausssieht: Der Wahnsinn lauert überall...
Die starke Präsentation trägt ihren Teil dazu bei, warum dieser Abstieg in den Wahnsinn zunächst so fesselt: Die Unity-Engine zaubert mit atmosphärischer Beleuchtung sowie vielen Details bei der Einrichtung und Raumgestaltung ein Anwesen auf den Bildschirm, das auch dann noch erschreckend echt wirkt, wenn es bereits jeden Realitätsbezug abgelegt hat.

Wie auf PS4 und Xbox stören aber auch auf der Nintendo-Konsole die recht stark ausgeprägten Flimmer-Kanten. Ähnlich verhält es sich bei der Bildrate: Ich hatte angesichts der Darstellungsprobleme auf den leistungsfähigeren Konsolen zwar Schlimmeres erwartet, aber auch auf Switch leidet der Horrortrip unter einer grenzwertigen Bildrate. Dies zeigt sich nicht nur bei der erschreckend langsamen und ruckelanfälligen Bewegung beim Umsehen, sondern auch bei einem sporadischem Schluckauf, der jederzeit auftreten kann.

In den düsteren Korridoren warten fiese Psychospielchen à la P.T. auf euch...
Entsprechend wirkt auch die Steuerung nicht sonderlich präzise und es kann ziemlich fummelig werden, den Cursor mit den Analogsticks auf gewünschte Objekte wie Schubladen oder Schalter auszurichten. Andererseits verbucht die Switch-Umsetzung hinsichtlich der Steuerung aber auch einen kleinen Vorteil: Verwendet man die Joy-Cons, kann man für das Öffnen von Türen oder Schränken optional die Bewegungssensoren nutzen und dadurch die Immersion steigern.

Düstere Klänge

Wie allgemein in Horror-Spielen trägt die Klangkulisse auch hier maßgeblich zur düsteren Stimmung bei. Die fiesen Geräusche wie bedrohliches Knarzen oder quälende Schreie sorgen für Gänsehaut und auch die zunächst friedlichen Klavier-Melodien werden zunehmend von tiefen Bässen sowie unharmonischen Klangteppichen abgelöst. Aber so stimmungsvoll der Horror-Trip auch inszeniert wird, mangelt es auf lange Sicht leider an spielerischem Anspruch sowie dramatischen Konsequenzen.

Einfach gestrickt

Die Erkundung des Horror-Hauses ist sehr einfach gestrickt: Neben dem Bewegen und Umsehen beschränkt sich die Spielmechanik wie bei Gone Home oder dem katastrophal schlechten TheNightfall meist auf das Öffnen von Türen, Schubladen und Schränken sowie die Bedienung von Schaltern. Die Suche nach Hinweisen zur Geschichte erweist sich irgendwann als nervig, weil man häufig dazu verdammt ist, ständig die komplette Einrichtung für den Fund an klassischen Zetteln, Zeitungsausschnitten und Fotos zu durchwühlen.

Leider hält sich der spielerische Anspruch in Grenzen. Man sucht nach Hinweisen, aber es gibt kaum nennenswerte Rätsel.
Schade ist auch, dass man nicht noch mehr Zeit in das Design von Rätseln investiert hat. Zwar gibt es ein bis zwei gute Momente, in denen man tatsächlich kurz nachdenken muss, doch werden bei den wenigen Aufgaben die entsprechenden Lösungen in der Regel gleich auf dem Silbertablett serviert. Aus den Gegenständen hätte man z.B. viel mehr rausholen können: Warum darf ich Objekte wie einen Zinnsoldaten nur im Stil von The Order: 1886 betrachten und rotieren, aber nicht mit ihnen interagieren oder sie aktiv ins Spiel einbinden – wie etwa für Rätsel? Aus den präsenten Themen wie dem Malen oder Alkoholismus hätte man ebenfalls spielerisch oder hinsichtlich der Inszenierung mehr machen können. So hätte man den Spieler z.B. mit zitternder Hand selbst einen Pinsel führen lassen oder die Einschränkungen motorischer Fähigkeiten im Vollrausch abbilden können.

Auf sicheren Pfaden?

Das große Problem der Dramaturgie: Man erkennt zu schnell, dass einem nichts passieren kann...
Was noch viel schwerer wiegt: Es gibt in den fünf Stunden keine dramatischen Konsequenzen. Zwar wird mir ständig und glaubhaft das Gefühl einer Bedrohung vermittelt, aber sie bleibt Illusion. Dadurch weicht das Gefühl der beklemmenden Angst zunehmend dem Bewusstsein, auf sicheren und linearen Pfaden unterwegs zu sein. Man vermisst eine direkte Konfrontation mit dem Grauen inklusive tödlicher Konsequenzen. Stattdessen fallen dem Horror leider nach und nach die Zähne aus: Zwar zeigt er immer wieder wirkungsvoll seine beängstigende Fratze und lässt mich in den verstörenden Wahnsinn abtauchen, aber es gelingt ihm nicht, die anfängliche Angst aufrecht zu halten.

Warum Layers of Fear trotz dieser ernüchternden Erkenntnis bis zum Ende funktioniert, ist zum einen der beklemmenden Atmosphäre und zum anderen den eindrucksvollen Psycho-Spielchen zu verdanken. Man will einfach wissen, was sich die Entwickler noch alles ausgedacht haben – und wird dabei nur selten enttäuscht. Ich habe mich selbst noch oft dabei ertappt, wie ich unter völliger Anspannung in meinem dunklen Zimmer gebannt auf den Bildschirm gestarrt habe. Ob es daher eine gute Idee ist, sich mit der Switch auch unterwegs in die tiefen Abgründe zu begeben? Das muss jeder selbst für sich entscheiden. Wer nach dem Hauptspiel noch nicht genug hat, kann sich außerdem noch der Erweiterung Inheritance widmen, die in der Legacy Edition ebenfalls enthalten ist und die Ereignisse aus einer anderen Perspektive betrachtet. Wie diese aussieht, steht in unserem Test zu Layers of Fear: Inheritance.

Fazit

Layers of Fear entführt einen in einen Alptraum, in dem man zunehmend seinen Verstand verliert! Dieser Horror-Trip überrascht immer wieder mit verstörenden Situationen, erschreckt mit clever platzierten Schockeffekten und zeigt eine surreale Welt des Grauens. Das Bedrohungsgefühl ist zunächst enorm, aber man vermisst irgendwann Konsequenzen. Die vermeintliche Gefahr entpuppt sich zu schnell als Illusion und man spürt zunehmend, dass man um sein virtuelles Leben nicht bangen muss. Zusammen mit den kaum vorhandenen Rätseln und der mitunter mühseligen Suche nach Hinweisen lässt der Angst-Faktor zu früh zu wünschen übrig. So ist es in erster Linie den einfallsreichen Psycho-Spielchen in Kombination mit der gelungenen audiovisuellen Präsentation zu verdanken, dass dieser Abstieg in den Wahnsinn doch noch bis zum Ende gut unterhalten kann. Nach PS4 und Xbox One muss man allerdings auch auf Switch eine schwächelnde Unity-Engine sowie weitere technische Abstriche in Kauf nehmen, bekommt als Ausgleich aber immerhin eine optionale Bewegungssteuerung zur Steigerung der Immersion und den durchaus unterhaltsamen DLC Inheritance ebenfalls noch mit dazu.

Pro

packende Atmosphäre und (anfängliches) Bedrohungsgefühl
coole "Mindfuck"-Überraschungen und einfallsreiche "Ereignisse"
gelungene Schockeffekte
schicke Kulisse
klasse Soundtrack
mitunter herrlich verstörende Soundeffekte
interessante Story
optionale Bewegungssteuerung (Joy-Cons)
gute Erweiterung Inheritance enthalten

Kontra

Bedrohung wird zu schnell als Illusion enttarnt
mitunter nerviges Suchen nach Story-Hinweisen oder Objekten
kaum vorhandene und meist simpel gehaltene Rätseleinlagen
sehr eingeschränkte Interaktion / Spielmechanik
gefundene Gegenstände lassen sich nur ansehen und rotieren
mitunter starke Kantenbildung
schwankende und generell recht niedrige Bildrate

Wertung

Switch

Eine ordentliche Umsetzung inklusive Inheritance und erweiterten Steuerungsmöglichkeiten. Leider bleibt die Bildrate auf Switch ebenfalls grenzwertig.

Echtgeldtransaktionen

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