Im Test: Wunderschön - jedes Mal aufs Neue
Kopflos ins Abenteuer
Einen Kopf hat das Alter Ego schon mal nicht, wenn es in dem Kerker einer geheimnisvollen Insel aufwacht. Warum das so ist und was es mit dem Gefängnis auf sich hat? Vieles findet man durch Hinweise heraus, die nicht bei jedem Durchlauf Teil der Flucht sind. Aber nach zehn, zwanzig, vierzig Versuchen setzen sich kleine Puzzleteile mehr und mehr zu einem Bild zusammen.
Keine Angst: Geschichte oder gar Rätsel spielen in Dead Cells keine große Rolle, denn zuallererst ist es ein reinrassiges Actionspiel. Mit Schwert, Axt, Pfeil und Bogen oder was man sonst dabeihat, räumt man Fieslinge aus dem Weg, eine Ausweichrolle bringt den namenlosen Flüchtling sogar an Projektilen vorbei in Sicherheit, per Doppelsprung gelangt man an
hohe Kanten usw.
Dabei trägt man nicht nur eine Waffe, sondern meistens zwei und kann beide jederzeit auslösen. Das Gleiche gilt für maximal zwei Fallen, Granaten, Geschütze oder andere Ausrüstungsgegenstände, deren Dauereinsatz von einer Abklingzeit verhindert wird.
Gut bewachte Beute
Grundsätzlich findet man so fast immer einen Ausgang, wenn man nur dem Weg folgt – nur dass man viele Pforten in den ersten Durchläufen gar nicht erreichen kann. Erst wenn man Bosse tötet, erhält man dauerhafte Fähigkeiten, die alternative Wege öffnen. So führen irgendwann zwei Ausgänge aus dem Kerker in je einen der folgenden Abschnitte – der anfangs unerreichbare in einen Level mit größeren Gefahren, aber auch wertvolleren Belohnungen.
Solche Entscheidungen muss man an vielen Stellen treffen. Öffnet man etwa Truhen mit besonders guter Beute, ist ein einzelner Schadenspunkt so lange tödlich, bis man zehn Feinde getötet hat. Besiegt man starke Elite-Gegner, erhält man ebenfalls besonders wertvolle Ausrüstung. Doch kommt man dabei ums Leben, ist der aktuelle Durchlauf freilich vorbei und man beginnt von vorn. Die bisher gesammelte Ausrüstung ist dann futsch.
Auf den "großen" Plattformen kommt es zwar zu kurzen Einbrüchen der Bildrate, ganz allgemein läuft das Spiel aber flüssig.
Die Switch kommt allerdings an ihre Grenzen, denn auf der Nintendo-Konsole liegt die Bildrate recht häufig unter dem Normalwert, was sich dezent, aber spürbar auf das Spielgefühl auswirkt. Deshalb erhält die Switch-Version eine etwas niedrigere Wertung.
Neustart im Hamsterrad
Und das kann in der Tat frustrierend sein. Zum einen ist Dead Cells nämlich nicht nur ein angenehm flottes Actionspiel, das sich dank frei belegbarer Steuerung fantastisch spielen lässt – es ist auch ein so schnelles Spiel, dass man gelegentlich ins Gras beißt, bevor man die Todesnähe überhaupt erkennt. Übung macht natürlich Meister; trotzdem ist das abrupte Ableben manchmal ärgerlich.
Zum anderen ist Dead Cells eines jener Roguelikes, in denen man stets ganz von vorn beginnt. Ich weiß: Das war früher auch so und kein Durchlauf ist genau wie die anderen. Dennoch verliert das manchmal nur wenige Minuten dauernde Abgrasen der immer gleichen Plattformen irgendwann seinen ganz großen Reiz. Allzu sehr unterscheiden sich nämlich weder die Versatzstücke, aus denen der Zufallsgenerator Levels erstellt, noch die Levels untereinander. Von Bosskämpfen und relativ seltenen Unterbrechungen beim Entdecken kleiner Geheimnisse abgesehen, fühlt sich die Flucht überall sehr ähnlich an.
Fortschritt bei Punkt Null
Im Gegenzug trifft man in jeder Umgebung auf nur dort vorkommende Gegner, die ein jeweils eigenes Vorgehen erfordern, und selbstverständlich sorgt der globale Fortschritt auch in diesem Roguelike dafür, dass man spielerisch nie komplett bei null beginnt. Das liegt an den titelgebenden Zellen, die aus Toten und Schatzkisten purzeln; sie dienen nämlich als Währung für den Kauf dauerhafter Verbesserungen. So erhält man eine zweite und eine dritte Flasche des Heiltranks, das mögliche Bereitstellen besserer Waffen gleich hinter der ersten Gefängnistür, eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Finden besonders wertvoller Ausrüstung oder das Speichern größerer Mengen an Münzen. Diese Münzen benötigt man für den Kauf von Ausrüstung bei unterwegs angetroffenen Händlern und zum Verändern der Eigenschaften eines Gegenstandes.
Dass man die Dead Cells hingegen erst nach Abschluss eines Levels in Verbesserungen investieren kann, macht knifflige Abschnitte, in denen man besonders viele Feinde findet, so schweißtreibend. Denn kommt man dort (oder anderswo) ums Leben, verliert man alle Zellen. Und das gemeine Spiel weist bei jedem Tod natürlich deutlich darauf hin, wie viele das gerade waren!
Bloß weg hier!
Nicht zuletzt gibt es einen cleveren Kniff, mit dem das Spiel Speedrunner belohnt, die eben nicht zum x-ten Mal den Kerker leerräumen wollen: Wer rechtzeitig bestimmte Türen erreicht, erhält dort gute Ausrüstung sowie in etwa so viele Zellen wie man im Level zuvor aus besiegten Gegnern gezogen hätte. Das ist insgesamt weniger als man beim ruhigen Erkunden gefunden hätte, denn diese Spielweise stellt Dead Cells eindeutig in den Vordergrund, trotzdem kommen so auch erfahrene Spieler zum Zug, die schnell wieder dorthin zurückwollen, wo sie das Zeitliche gesegnet haben.
Taktisch wertvolle Beute
Doch was ist eigentlich besonders gute Beute? Findet man im Grunde nicht stets dieselben Waffen und Werkzeuge? In gewisser Weise schon – nur gibt es so viele und so viele verschiedene, dass man sich mit jedem Durchlauf taktisch ganz anders aufstellen könnte. Da ich Feinde gerne auf Distanz halte, nutze ich z.B. vor allem Wurfmesser, Bögen bzw. Armbrüste und komplettiere meine Ausrüstung mit Fallen, die Gegner festhalten sowie Geschütztürmen, die sie automatisch beharken. Das ist vor allem in Kämpfen mit starken Gegnern ungemein praktisch!
Man könnte aber auch Schilde einpacken, die Gegner zurückwerfen und ihnen dabei Schaden zufügen. Oder vorrangig solche Fundstücke nutzen, deren Eigenschaften sich ergänzen. Eine Granate könnte etwa Öl verteilen, während ein anderes Geschoss Brände auslöst. Hat man dann noch eine Waffe dabei, die bei brennenden Gegnern besonders großen Schaden anrichtet...
Interessanterweise ist man dabei nicht nur auf den Zufall angewiesen, denn wer aufmerksam sucht, findet in Verstecken und bei Händlern häufig die gesuchte Ausrüstung – mal ganz davon abgesehen, dass es jeden Gegenstand in unterschiedlichen Qualitätsstufen gibt und der Zufallsgenerator oft bessere Varianten aktueller Ausrüstung zutage fördert.
Fazit
Dead Cells ist nicht nur ein bildschönes Abenteuer, es spielt sich auch famos! Dank der flotten Action kommt das Hamsterrad selbst nach einem Tod schnell wieder auf Touren, auf dass man jedes Mal ein kleines Bisschen weiter kommt und Stück für Stück auch die Geschichte der geheimnisvollen Welt aufdeckt. Als vorsichtiger Taktiker beseitigt man Gegner dabei ebenso effektiv wie als wuchtiger Nahkämpfer und um besonders gute Ausrüstung zu erhalten, nimmt man knifflige Herausforderungen an. Gleichzeitig hat man trotz des allgegenwärtigen Zufalls relativ großen Einfluss auf die eigene Ausrüstung und bestimmt über dauerhafte Erweiterungen natürlich die eigene Charakterentwicklung. Trotzdem und auch wenn die positiven Seiten rein numerisch überwiegen: Irgendwann verliert es einfach an Reiz, immer wieder durch die praktisch gleichen Abschnitte zu ziehen. Oft fängt man nach ein paar Minuten ja schon wieder von vorne an – und dieses Hamsterrad ist einfach zu klein, um sich lange Zeit mit vollem Schwung zu drehen.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Flotte Action in einer wunderschönen Pixelwelt - mit interessanten Waffen und etwas zu vielen Wiederholungen pro Spielstunde.
Switch
Die Bildrate der Switch-Version kommt mitunter nicht ganz hinterher, was dem Spielgefühl ein wenig schadet.
XboxOne
Flotte Action in einer wunderschönen Pixelwelt - mit interessanten Waffen und etwas zu vielen Wiederholungen pro Spielstunde.
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