Smoke and Sacrifice10.04.2018, Jan Wöbbeking

Vorschau: Geräucherter Überlebenskampf

Um aus der Flut der Survival- und Crafting-Spiele herauszustechen, braucht man mittlerweile schon ein besonderes Szenario, wie z.B. Subnauticas Unterwasserwelt oder auch die finstere Steampunk-Vision von Smoke and Sacrifice (ab 1,29€ bei GP_logo_black_rgb kaufen). Ein komplexes Ökosystem, mysteriöse Menschenopfer und eine persönliche Geschichte machten uns schon beim Anspielen neugierig.

Giftige Gesellschaft

Die Geschichte entführt den Spieler in eine düstere Fantasiewelt, in der groteske Pflanzen und Tiere leben und zugleich harsche gesellschaftliche Gewohnheiten herrschen. Smoke and Sacrifice soll die "modernen Survivalspiel-Klassiker" aufgreifen, das Genre aber mit einer persönlichen Geschichte und einem komplexen Ökosystem erweitern: Kreaturen suchen nach Nahrung, paaren sich, brüten und dienen anderen Wesen als Beute. Man schlüpft in die Rolle von Sachi, einer jungen Mutter, die auf der Suche nach dem Schicksal ihres Kindes ist. Schon im Einstieg macht sich eine mysteriöse und bedrückende Stimmung breit: Soll ich meinen erstgeborenen Nachkommen Lio wirklich auf den Opferaltar legen, wie es die Gebräuche der archaischen Gesellschaft verlangen?

Von der täuschenden Idylle...
Diese Frage werden sich vermutlich einige Spieler stellen – und auch wir haben uns erst nach einigen Gesprächen mit anderen Einwohnern dazu durchgerungen. Ohne den herzlosen Akt gelangt man schließlich nicht in den zweiten Abschnitt, der die Hoffnung weckt, dass die Tat vielleicht gar nicht zum Tod des Sohns geführt hat. Sieben Jahre später belauscht Sachi nämlich einige Priester beim Gespräch über das Leben „dort unten“. Als kurz darauf das Dorf von Monstern angegriffen wird, die an eine Kreuzung aus Bär und Hund mit Schlappohren erinnern, schenkt ihr ein geheimnisvoller Kesselflicker einen magischen Umhänger. In der Hektik des Überfalls wird Sachi schließlich selbst in die düstere Parallelwelt transportiert, in der sie sich auf die Suche nach ihrem Sohn begibt.

Garstige Borstenviecher

In dieser Parallelwelt wird der Rauch zum größten Feind: Immer nachts zieht der tödliche Dunst auf, der menschliches Leben schon nach kurzer Zeit hinrafft. Zudem kriechen dann auch gefährlichere Gegner aus ihrem Versteck, die nach dem Niederstrecken andere Ressourcen bereithalten. Wenn der Tag-Nacht-Zyklus die Dämmerung einläutet, sollte man also tunlichst eine magische Laterne oder den entsprechenden Umhänger parat haben, der sich ein wenig aufmotzen lässt. Sie halten den tödlichen Dunst im Umkreis auf Abstand, wenn man genügend Treibstoff vorrätig hat.

...in den Kampf. Neben in der Welt herumspukenden Zwischenbossen soll die Story dem Spieler später auch extragroße Exemplare in den Weg stellen.
Viele solcher Werkzeuge und Waffen lassen sich hier nach dem bekannten Schema mit Ressourcen aufmotzen. Das Schöne am Smoke and Sacrifice ist dabei, dass sich die Suche nach den Materialien bisher richtig unterhaltsam gestaltete. Hier rafft man schließlich nicht nur gewöhnliche Pflanzen oder Erze zusammen, sondern muss sich auf die Suche nach angenehm bizarren Biestern und anderen Launen der Natur begeben. Die Kescher-Jagd auf Glühwürmchen und der Kampf gegen hartnäckige Stachelschweine bot bereits eine schöne Herausforderung. Die Kolosse schleudern unablässig ihre Borsten auf den Spieler und schicken auch ihre Frischlinge in den Kampf. Die explosiven glubschigen Polypen geben ihr wertvolles Gehirn ebenfalls nicht widerstandslos her. Wer sich nicht konzentriert, landet schnell beim letzten Speicherpunkt.

Etwas behäbig

Für einen kleinen Dämpfer sorgte allerdings die etwas behäbige Steuerung. Es gibt zwar einen Ausweichschritt - das Schwingen von Schwertern, eines stacheligen Astknüppels oder anderer Gerätschaften fühlt sich aber nicht wirklich dynamisch an. Hat man sich daran gewöhnt, sorgt das coole Design aber für Spaß am Metzeln und Basteln. Von Elektro-Ratten über seltsame Mechanismen und Schnellreise-Portale bis hin zur kugelförmige Bizarro-Architektur strahlt die Welt einen eigenwilligen Charme aus. Klingelnde Windspiele und sporadisches Geflüster sorgen dabei für eine angemessen psychopathischen Soundteppich. Aufträge kommen von Figuren wie anderen erstgeborenen Kindern, die sich in der lebensfeindlichen Steppe mit Werkbänken durchschlagen und mit Sachis Hilfe ihre sonderbaren Maschinen reparieren wollen. Auf dem Kopfsteinpflaster einer Hunger leidenden Steampunk-Stadt fragen die Einwohner dagegen hauptsächlich nach Fleisch und Nahrungsmitteln. Mit der Hilfe konstruierter Melkmaschinen wird man beispielsweise zum Käseproduzent.

Was ist das bitteschön?
Auch das Obst für unsere Lebensenergie ließ sich bereits in Saft und andere Produkte veredeln, die unterwegs länger vorhalten. In der Stadt scheint sich zudem eine Rebellion zu formieren, die gegen die herrschende Ordnung mit ihren lebensfeindlichen Zuständen kämpfen will. Hinter dem handanimierten Spiel steckt übrigens der Vier-Mann-Entwickler Solar Sail Games aus dem Osten Londons.

Gezeichnete Gruselwelt

Mitgründer Tancred Dyke-Wells ist selbst stark in das Projekt involviert: Er leitet es nicht nur, sondern hat auch sämtliche Zeichnungen beigesteuert. In seiner zwanzigjährigen Entwickler-Karriere arbeitete er vorher z.B. an der Battalion-Wars-Reihe. Das Spiel soll noch in diesem Jahr für Windows, PlayStation 4, Xbox One und Switch erscheinen. Umsetzungen für Mac und Linux sind angedacht, aber noch nicht sicher.

Ausblick

Eigentlich war ich vorm Anspielen von Smoke and Sacrifice noch ein wenig übersättigt, was das Sammeln und Craften von Ressourcen anbelangt. Doch schon wenige Minuten später war ich wieder voll motiviert: Hier macht das verschrobene Design die Jagd um einiges interessanter als in vielen Konkurrenztiteln – und auch die Geschichte um Opferrituale sowie den verschollenen Sohn haben meine Lust am Erkunden angefacht. Erste Kämpfe gegen aggressive Stachelschweine, explosive Polypen und andere Bizarro-Wesen fühlten sich zwar etwas hölzern an, boten aber bereits eine schöne Herausforderung. Vermutlich werden wir noch im Laufe des Jahres erfahren, ob sich der Rest des Abenteuers ähnlich unterhaltsam gestaltet oder ob sich in den geplanten 30 bis 60 Stunden doch noch Ermüdungserscheinungen einstellen.

Einschätzung: gut

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