Arizona Sunshine30.06.2017, Jan Wöbbeking

Im Test: Like Brains in the Sunshine

Die Untoten kehren auf PSVR zurück: Nach The Brookhaven Experiment nimmt sich auch Arizona Sunshine (ab 19,89€ bei kaufen) dem Thema des VR-tauglichen Zombie-Shooters an. Im Test überprüfen wir, ob die Unterstützung des Aim-Controllers und eine alternative Laufsteuerung den actionreichen Wüstentrip aufwerten.

Endlich wieder auf den Beinen

Seinen Beginn nahm das wankende Unheil bereits im vergangenen Jahr auf dem PC für HTC Vive und Oculus Rift. Nachdem einige Spieler die Teleportation kritisierten, haben die Entwickler dem Egoshooter zum Release für PlayStation VR ein paar Neuerungen verpasst: Eine davon ist die Unterstützung des Aim-Controllers, der im Bundle mit dem Spiel Farpoint erhältlich ist. Mit einem seiner Analogsticks kann man neuerdings ganz klassisch durch die zombieverseuchte Wüste schreiten. Empfindliche Naturen können alternativ auch weiterhin die ursprüngliche Teleportation nutzen. Oder man schnappt sich zwei Move-Controller, um die Original-Kampagne zu starten, in der man in beiden Händen eine Waffe halten kann. Mit dem großen Aim-Controller gibt es einen minimal abgewandelten Stroy-Modus, in dem man mit beidhändigen Beispritzen wie Sturmgewehren hantiert.

Ööhhhh: Passend zum trägen Spielgefühl stöhnen auch die Untoten reichlich unmotiviert.
Doch kommen wir erstmal zum blutigen Kern der Sache, denn im Bereich der Inszenierung gibt sich Arizona Sunshine sehr altmodisch: Keine Vorstellung der Welt, keine ausufernde Geschichte – stattdessen erwacht der namenlose Held in der Wüstenhitze und setzt sich auf seinem linearen Weg äußerst bleilastig mit der Zombie-Apokalypse auseinander. Meist tauchen die gammligen „Freddies“ (wie der grummelnde Held sie liebevoll nennt) immer dann auf, wenn irgendein aktivierter Generator, eine Alarmanlage oder eine andere Maschine ihre Aufmerksamkeit erregt. Dann sollte man sich erst einmal in Deckung hinter einem der Autos platzieren und der Meute ein paar Kopfschüsse verpassen. Ein gut platzierter Treffer in den weichen Schädel stoppt den Zombie auf der Stelle – ganz so wie man es aus einschlägiger Fachliteratur kennt. Springt eines der schnelleren Exemplare über ein Auto, muss man schon mal etwas Munition für drei bis vier Körpertreffer investieren. Wer gewissenhaft Polizeifahrzeuge und verlassene Minengebäude durchsucht, dürfte aber trotzdem nur selten unter Munitionsmangel leiden. Fortgeschrittene Angriffe oder ausgefallene Kombos wie in Bulletstorm sucht man hier vergeblich.

Kontrollverlust

Wirklich spannend wird der postapokalyptische Alltag in der Wüste also nur selten: Man läuft ein Stückchen über einen Wanderpfad, eine Brücke oder durch einen Maschinenpark und liefert sich immer mal wieder ein Duell mit den unmotiviert ächzenden „Freddies“. Als ich in der finsteren Mine einen Verschlag öffnete, bin ich auch mal zusammengezuckt, weil sich ein Widersacher hinter der Tür versteckt hatte - meist bleibt die Action aber ziemlich vorhersehbar. Wer behutsam vorgeht und sich in Nischen platziert, kommt nur selten in Bedrängnis. Hier und da findet man eine neue Granate, eine Maschinenpistole oder eine der übrigen rund 25 Wummen – in punkto Durchschlagskraft unterscheiden sich die meisten davon aber kaum.

Auch durch die Dunkelheit tappsen die "Freddies" - dank einer schwachen Sound-Abmischung lassen sie sich leider nicht besonders gut orten.
Wenn es mal trotzdem knifflig wird, liegt das meist daran, dass ich mich in der Hitze des Gefechts zu weit nach rechts oder links gedreht habe, was die frontal ausgerichtete, einzelne PSVR-Kamera natürlich vor eine Herausforderung stellt. Plötzlich glitcht die Waffe wild durch die Luft, während die Horde einem auf die Pelle rückt und munter Hiebe austeilt. In solchen Momenten habe ich versucht, mich möglichst schnell per suchendem Griff an die Sofalehne neu in Richtung Kamera auszurichten. Im Idealfall schaffte ich es noch, mich rechtzeitig in Sicherheit zu beamen und das Tracking der Waffe wieder zu bändigen. Auf dem PC funktionierten die Drehungen im Roomscale-Aufbau eine ganze Ecke verlässlicher – z.B. mit Oculus Touch und mehren Kameras, womit auch das Zielen etwas präziser von der Hand geht als mit dem traditionell ungenaueren Move-System.

Träger Ausflug

Nervig wird es auch, wenn sich in der finsteren Mine die Steuerungsmacken bemerkbar machen. Dort erhellt oft nur der schmale Lichtkegel der Helmtaschenlampe die Umgebung. An sich eine nette Idee, die im ersten Moment durchaus für ein leicht mulmiges Gefühl sorgt. Da man allerdings kleine Schlüssel oder Kurbeln für Tore aufspüren muss, kann die Suche schnell sehr mühsam werden. Oft muss man sich dabei erst einmal ein wenig vor den Schubladen umherbewegen, bis man im passenden Winkel steht und das Plündern beginnen kann. Etwas gelungener wirken kleine „Rätsel“ wie das Zerschießen eines versteckten explosiven Fasses, um neben einer eingestürzten Brücke einen Seitenpfad zu öffnen. Allgemein mangelt es dem Story-Modus an Dynamik, dramaturgischen Höhepunkten oder variantenreicheren Gegnern. Farpoint z.B. schafft es viel besser, den Spieler immer wieder in Bedrängnis zu Bringen oder ihn in ehrfürchtiges Staunen über einen gigantischen Bosskäfer zu versetzen.

Im Gesamtbild kann die Kulisse bei Wüstenfans durchaus Fernweh verursachen.
Gegen die knackig platzierten Schockmomente von Until Dawn: Rush of Blood stinkt Arizona Sunshine ohnehin ab. Die Minentunnel und Wanderpfade inmitten der Canyons wirken aber immerhin authentisch, so dass sich der Trip nicht wie eine bloße Schießbude anfühlt. Die sporadisch eingestreuten Kommentare des Protagonisten lockern die Wanderung ebenfalls auf – zumindest im englischen Originalton, denn der deutsche Sprecher scheitert kläglich daran, seinen abgeklärten Ton zu imitieren. Der ruhige Soundtrack macht sich nur sporadisch bemerkbar, was immerhin zum Thema der sengenden Einöde passt. Der Koop-Modus für zwei Spieler übers Netz sorgt für etwas mehr Spaß, da man sich dabei natürlich unterstützt.

Kooperative Kopfjagd

Oder man hilft sich mit lustigen Gesten auf die Sprünge, bei denen sich die Avatare übrigens mit abstrusen Clipping-Fehlern verrenken. Auch ein einfach gestrickter, kooperativ spielbarer Horde-Modus für bis zu vier Spieler in kleinen Gebieten ist dabei, inklusive weltweiter Bestenliste - für zwischendurch eine nette Abwechslung, mehr aber auch nicht. Positiv ist, dass wir in der Spielervermittlung meist nicht lange auf einen Partner warten mussten und wir keine schwerwiegenden Lags erkennen konnten. Auf Wunsch darf man auch Freunde einladen oder ein privates Match aufsetzen. Wer beim kooperativen Ballern den Aim-Controller nutzt, muss übrigens mit einer einzelnen Handwaffe Vorlieb nehmen. Im Gegenzug kann er sich aber deutlich freier durch die Umgebung teleportieren, weil der Stick des Aim-Controllers die Richtung bestimmt, in die man nach dem Beamen schaut – während der Action ein echter Vorteil! Mit zwei Move-Controllern dagegen landet man nach dem Teleportieren automatisch in der von den Entwicklern vorgesehenen Blickrichtung, was im Eifer des Gefechts mitunter Verwirrung stiftet.

Kommen die Untoten zu nah, sorgen eine Hand voll feindlicher Schläge für den Exitus. Verstreute Frikadellen füllen allerdings wieder Energie auf.
Wirklich ausgereift wirkt die Teleportation ohnehin nicht, da man sich manchmal umständlich in mehreren Schritten um Hindernisse „herumbeamen“ muss. Trotzdem bin ich letztendlich dabei geblieben, denn der alternative Geh-Modus per Analogstick hat mir nach etwa einer halben Stunde ein flaues Gefühl im Magen beschert. Ich kann nicht genau sagen, ob es an einer ruckartigen Beschleunigung oder an anderen Feinheiten liegt – aber die Entwickler von Robinson: The Journey und Farpoint haben ein auf Dauer deutlich komfortableres Laufen ausgetüftelt. Löblich ist allerdings, dass man in Arizona Sunshine allerlei Steuerungs-Feinheiten einstellen kann, z.B. ob man sich lieber flüssig dreht oder sich für eine ruckartige Überblendung mit unterschiedlich großen Winkeln entscheidet. Im Grafik-Bereich ist die Optionsvielfalt kleiner als im PC-Original mit seinen Supersampling- und Effekt-Stufen.

Visuelle Abstriche

Grafisch muss man auch auf der PS4 Pro mit Abstrichen gegenüber dem Original leben. Wer nicht gerade einen Rechner mit den Minimalvoraussetzungen für VR besitzt, bekommt auf dem PC eine deutlich detailreiche Wüste, in der die plastischere Beleuchtung und mehr Details für eine glaubwürdigere Kulisse sorgen. In der Umsetzung für Sonys Konsole wirken vor allem Felsoberflächen oder andere Feinheiten etwas kahl und unscharf. Das Gesamtbild bleibt aber auch hier solide und vor allem stets flüssig.

Fazit

Als ich davon las, dass es neues Futter für meinen geliebten Aim-Controller gibt, war ich sofort Feuer und Flamme für die PSVR-Umsetzung von Arizona Sunshine. Wie sich herausstellte, können Neuerungen wie zweihändige Waffen oder eine klassische Fortbewegung die fade Zombie-Action aber kaum aufwerten: Es mangelt dem Shooter einfach an Schockmomenten, Überraschungen oder ganz allgemein einem Gefühl der Bedrohung. Stattdessen graste ich meist relativ unmotiviert den Pfad ab, räumte hier und da gemütlich eine Welle von Zombies aus dem Weg oder ärgerte mich über die schwach umgesetzte Fortbewegung. Weder die Teleportation noch neue Laufsteuerung wurden besonders gut umgesetzt, zumal mir bei Letzterer irgendwann flau im Magen wurde. Auch das freie Zielen passt nur bedingt zur einzelnen PSVR-Kamera. Die Konkurrenz zeigt, wie es besser geht: Das Laufen in Farpoint oder das schnelle Beamen im actionreichen Robo Recall wurden deutlich präziser und komfortabler umgesetzt. Und wer den Nervenkitzel ekliger Schreckmomente sucht, wird nach wie vor mit Until Dawn: Rush of Blood viel besser bedient. Wer unter Actonspielmangel für seine PSVR leidet, bekommt mit Arizona Sunshine trotz einer ganzen Reihe von Mängeln aber noch eine passable Zombie-Schießbude in einer soliden Wüstenkulisse, die sich im Gegensatz zu Farpoint fast komplett kooperativ spielen lässt.

Pro

urige Wüsten- und Minen-Schauplätze
verfallene Touristenattraktionen wecken Entdeckerlust
komplette Story und Horde-Modus kooperativ spielbar
coole Kommentare des englischen Sprechers
ab und zu Spannung durch Schreckmomente oder in Horden anrückende Untote...

Kontra

fade Gegnerwellen aus ähnlichen Zombies
sowohl Teleportation als auch Laufsteuerung nur halbgar umgesetzt
Zielen nicht immer präzise genug, vor allem wenn man sich zur Seite dreht
gelegentliche Clipping-Fehler
Kulissendetails deutlich karger als auf dem PC oder in Konkurrenz-Shootern
...trotzdem kommt nur selten ein Gefühl der Bedrohung auf
schwache deutsche Vertonung
nervige Suche nach kleinen Gegenständen in der schummrigen Mine
es gibt kaum einen Story-Rahmen

Wertung

VirtualReality

Vorwiegend fader Zombie-Shooter für VR, der unter Steuerungsmacken und einem Mangel an dramaturgischen Höhepunkten leidet.

PlayStationVR

Vorwiegend fader Zombie-Shooter für VR, der unter Steuerungsmacken und einem Mangel an dramaturgischen Höhepunkten leidet.

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