Im Test: Ein Schritt vor, drei zurück
Die Erfahrung aus drei Jahren
Ja, es gibt sie: Swimming Pools, Geschirrspüler, Kleinkinder – auch wenn Letztere nicht nur auf "natürlichem" Wege ins Spiel finden, sondern auch adoptiert werden können. Und damit zeigt sich schon, dass Electronic Arts für die Konsolenversionen von Die Sims 4 nicht auf die mehr als drei Jahre alte Ursprungsvariante am Rechner zurückgreift, sondern die weitgehend aktuell gepatchte Basis verwendet. Das heißt aber auch, dass keines der so genannten Accessoire- oder Erweiterungspakete integriert ist. Das ist aus mehreren Gründen bedauerlich: Zum einen, weil hier die Möglichkeit verpasst wurde, die Konsolenversion im Vergleich zum PC-Grundspiel aufzuwerten. Und zum anderen, weil die sechs schon jetzt im Hauptmenü vorgesehenen Plätze (mehr werden sicherlich nachgeliefert) bereits gefüllt werden können, wenn man das nötige Kleingeld investiert. Ja: Schon zum Start bietet Electronic Arts Erweiterungspakete an, mit denen man den Anschaffungspreis von 50 Euro für die Standardversion gut und gerne verdreifachen darf, um auf alle Inhalte Zugriff haben zu können. Es sei denn, man schnappt sich für etwa 50 Euro das „Sparpaket“ mit der Erweiterung „Großstadtleben“ (regulärer Preis: 39,99 Euro), der Gameplay-Erweiterung „Vampire“ (19,99 Euro) und Glamour-Accessoires (9,99 Euro).
Spannende Seifenoper
Dabei bietet Die Sims 4 natürlich auch auf Konsolen ohne irgendwelche Erweiterungen einen hohen Unterhaltungswert mit einer enormen Langzeitmotivation. Nachdem man im potenten, aber nicht immer einfach zu bedienenden Editor seine(n) Sim(s) erstellt hat, kann man sich in drei idyllischen Kleinstädten (zwei weitere gibt es nur mit Add-Ons, werden aber bereits zum Kauf lockend angezeigt) ein Domizil suchen oder baut sich mit ebenfalls mächtigen Gebäude-Werkzeugen sein Traumhaus. Und alleine mit dem Erstellen von Figuren oder Immobilien kann man eine Menge Zeit verbringen.
Ungeachtet dessen haben sich die Qualitäten der Sims-Serie auch mit der Konsolenversion von Teil 4 schadlos gehalten. Es macht nach wie vor richtig Spaß, sich mit diesem „Zeitmanagement-Spiel Deluxe“ zu beschäftigen. Bedingt durch einige Änderungen von Teil 3 zu Teil 4 und damit auch auf den Konsolen, stehen die körperlichen Bedürfnisse nicht mehr derart im Fokus wie zuvor, zumal die mittlerweile recht potent agierende (aber auch abschaltbare) Autonomie-KI in entscheidenden Punkten bzw. wenn man einfach nur zuschauen möchte, rechtzeitig eingreift. Stattdessen geht es verstärkt um die Interaktionsmöglichkeiten mit Umgebung und natürlich anderen Sims, die allesamt mit unterschiedlichen Wünschen, Bedürfnissen, Vorlieben und Abneigungen ausgestattet wurden, die in überzeugenden, wenngleich Sims-typisch immer etwas überzogenen Emotionen und Handlungen gipfeln. Dass dies immer wieder zu mitunter absurden, dann wiederum herzerwärmenden oder gar dramatischen Situationen führt, ist eine der auch hier ungebrochenen Traditionen der Serie. Mal ist man nur interessierter Zuschauer, dann wiederum liebenswerter, experimentierfreudiger oder einfach nur schadenfroher Regisseur, wenn man die Handlungen seiner Sims aneinanderreiht und voller Spannung beobachtet, wie sie mit sich, ihrer Umgebung und natürlich anderen Figuren umgehen oder Situationen zu meistern versuchen, in die man sie gewollt oder unbewusst manövriert hat.
Der Charme ist da
In diesen Momenten wird nicht nur die Grundfaszination deutlich, die der Serie seit dem allerersten Teil am PC innewohnte und die in dieser Klasse so dicht am Rechnervorbild noch nicht auf Konsolen zu spüren war. Die „Wohnzimmer-Versionen“ der Teile 2 und 3, die auf den Konsolen der letzten bzw. vorletzten Generationen erschienen, bemühten sich, ein eigenes Flair zu erzeugen, das allerdings nie wirklich an das PC-Spielgefühl heranreichte. Gleichzeitig spürt man, wie Die Sims seinerzeit und immer noch der Gesellschaft einen amüsanten Spiegel vorhalten und mit ihren karikierenden Aktionen sowie der überbordenden Mimik bzw. Gestik das Leben zu einer Kunstform erheben, die in der Kunstsprache „Simlisch“ gipfelt. Nach einigen Stunden mit den Sims hat man beinahe das Gefühl, die Figuren auch ohne die mit Symbolen versehenen Sprechblasen verstehen zu können. Die interaktive Seifenoper ist immer noch so charmant wie eh und je. Auch wenn die offene Welt des dritten Teils fehlt, die seinerzeit auf Konsolen nicht in dieser Form möglich war und nun den überschaubaren Kleinstädten mit ihren überschaubaren Parzellen wich, zwischen denen man hin- und herchauffiert wird. Und ähnlich wie seinerzeit am PC vermisse ich diese Option zur sozialen Interaktion nur eingeschränkt. Denn ob man nun zu Fuß durch eine offene Welt zum Fitnesscenter oder der Bibliothek gelangt oder per Reise-Teleport, ist beinahe egal – nur die Möglichkeit, spontane Bekanntschaften auf dem Weg zu machen, fehlt aus mechanischer Sicht. Dass man kein Gefühl für die Größe der Spielwelt bekommt, steht auf einem anderen Blatt, beeinflusst aber das von Emotionen oder Bedürfnissen bestimmte Treiben nur unwesentlich.
Geduld oder Dummheit?
Wenigstens sind die Pausen im Allgemeinen geringer ausgefallen, die sich die Sims zwischen Aktionen seinerzeit bei der PC-Premiere genommen haben. Zumeist wird die Liste zügig abgearbeitet, sobald sich die Gelegenheit bietet und z.B. das Gespräch oder Essen beendet wurde. Dennoch trifft man auch auf PS4 und One auf Momente, in denen man unschlüssig ist, wieso der nächste in der Liste aufgereihte Befehl nicht ausgeführt wird und die Figur aktions- und emotionslos in der Gegend herumsteht. Das kann übrigens auch im Rahmen der autonomen Versorgung passieren. Über einen Großteil der Zeit
Zwar wachen die Sims nachts auf, wenn man vergessen hat, sie vor dem „Ab-ins-Bett“-Befehl aufs Klo zu schicken und holen dies nach, nachdem sie mit zusammengekniffenen Beinen ins Bad geschlurft sind. Doch sowohl Essen als auch Notdurft werden im Rahmen der Autonomie als erstes vernachlässigt, wenn sich die Figuren um emotionale Bedürfnisse wie Musizieren, Fernsehen oder Gespräche mit anderen Charakteren kümmern. Dennoch wurde das nötige Mikromanagement, das bei einer größeren Familie durchaus stressig werden kann, angenehm reduziert, so dass man sich auf das Zuschauen, die Verbesserung von Talenten und Fähigkeiten oder (bei bösen Regisseuren) das Herbeiführen von dramatischen Situationen konzentrieren kann. Denn im Zweifelsfall erledigen die Sims ihre körperlichen Grundbedürfnisse auch am Arbeitsplatz, den man nach wie vor nicht begleitend erlebt, sondern sich in diesem Zeitraum entweder mit den anderen Familienmitgliedern beschäftigt oder den Zeitraffer bestaunen darf.
Fazit
Muss man den Sims-Freunden auf Konsole gleich zum Start das Gefühl geben, ein unvollständiges Spiel erworben zu haben? Man bezahlt 50 Euro für die Basisversion, nur um schon im Hauptmenü mit der Nase auf die ersten bereits erhältlichen Erweiterungen gestoßen zu werden. Das hätte man gerade bei dieser Premiere eleganter und kundenfreundlicher lösen können. Immerhin hat die auf der PC-Version basierende Seifenoper rund um Emotionen, Bedürfnisse und absurde Situationen auch auf PS4 und One unter dem Strich genug zu bieten, um langfristig zu motivieren - schließlich wurden auch alle inhaltlichen Updates der PC-Patches integriert. Trotzdem gibt es nach wie vor kleine Mankos sowie Aussetzer innerhalb der Autonomie-KI, außerdem hinterlässt die Steuerung per Gamepad einen trägen sowie unoptimierten Eindruck. Die Sims 4 macht im Kern immer noch richtig Spaß – zumal kein Sims auf Konsolen bislang so nah an der Tiefe des PC-Originals war. Doch der Fokus, den EA in diesem Herbst bei allen Titeln auf Gewinnmaximierung anstatt auf inhaltliche oder mechanische Qualität legt, hinterlässt mal wieder einen faden Beigeschmack.
Pro
Kontra
Wertung
PlayStation4
Inhaltlich bietet Die Sims 4 ein rundes sowie motivierendes Gesamtpaket. Doch die Add-On-Politik und die häufig unrunde Steuerung hinterlassen Sorgenfalten.
XboxOne
Inhaltlich bietet Die Sims 4 ein rundes sowie motivierendes Gesamtpaket. Doch die Add-On-Politik und die häufig unrunde Steuerung hinterlassen Sorgenfalten.
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