Minit06.04.2018, Benjamin Schmädig

Im Test: Gone in 60 Seconds

Am Anfang geht alles seinen gewohnten Gang: Der Held – ein mit Händen, Füßen und langem Schnabel bestücktes Kugelding – wacht auf, tritt aus der Tür, lauscht dem Plätschern des Bächleins vor seinem Haus und siehe da, findet am Strand ein Schwert. Eigentlich cool. Doch die Klinge ist verhext, weshalb der Kugelkämpfer alle 60 Sekunden stirbt, um in seinem Haus wieder aufzuwachen. Klingt nach Stress? Ist es auch. Sowie sympathisch und unterhaltsam!

Fünf Krabben und eine Kanne in 60 Sekunden

Ich musste sofort an Half-Minute Hero denken, an das ich bis heute gute Erinnerungen habe. Auch dort dauert jeder Level nur 30 Sekunden, binnen der man im Zeitraffer quasi ein komplettes Rollenspiel erlebt. Und das ist hier ganz ähnlich: Die Welt ist nicht besonders groß. Man erreicht schnell weiter entferne Höhlen, plättet im Handumdrehen eine Gruppe Krabben, erhält dafür eine Gießkanne – und stirbt.

Nun bleibt besagte Gießkanne allerdings dauerhaft im Inventar. Man kann damit also in den nächsten 60 Sekunden an anderer Stelle ein Feuer löschen, das dort den Weg versperrt. Oder in den 60 Sekunden danach oder den nächsten oder...

Zu spät: Hält der Schnabelheld das verwunschene Schwert erst mal in der Hand, segnet er jede Minute das Zeitliche.

Stück für Stück arbeitet man sich so durch das flotte Action-Rollenspiel – wer nicht warten will, bricht die aktuelle Minute dabei einfach ab, das verhindert überflüssiges Warten. Außerdem gibt es an verschiedenen Stellen Unterkünfte, die als Rücksetzpunkte dienen, sobald man sie betritt. Der Schnabelheld latscht also nicht jedes Mal durch die komplette Welt, sondern ist stets in der Nähe seines Ziels

Je häufiger, desto besser?

Das Problem ist dieses Ziel zu finden; das erstmalige Entdecken neuer Areale wird ja ständig von der ablaufenden Minute unterbrochen. Man findet also ein neues Gebiet, doch bevor man weiß, was man dort überhaupt tun soll, wacht man erst mal wieder auf, latscht zurück, sucht weiter und muss oft genug noch mal neu anfangen und dann noch mal...

So viel Spaß das flotte Abenteuer sonst macht: Ich empfand es schon immer als buchstäblich ermüdend profane Dinge ständig zu wiederholen. In Ruhe einen Ort erkunden oder knackige Herausforderungen sofort zu wiederholen, das verstehe

Manche Wege führen zu gut versteckten Belohnungen. Nur welche?
ich unter einem guten Videospiel. Und das hätte auch diesem Abenteuer gutgestanden!

Wohin des Wegs?

Zu allem Überfluss gibt es in Minit (ab 9,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) nicht mal eine Übersichtskarte, was beim normalen Spielen überhaupt kein Problem darstellt. Wege und Umgebungen sind so sinnvoll strukturiert, dass man sich weder verläuft noch lange braucht, um alle Grenzen abzustecken. Durchdachte Abkürzungen verhindern außerdem unnötig langes Wandern.

Doch wehe, man legt das Spiel beiseite ohne zu wissen, wo sich eigentlich der nächste wichtige Gegenstand befindet oder wo man mit einem zuletzt erhaltenen neue Wege öffnen kann. Dann grast man beim nächsten Start schon mal die komplette Spielwelt ab, um herauszufinden, wo es überhaupt weiter geht. Und das macht einfach keinen Spaß.

Clever knobeln

Die Rätsel selbst sind dabei richtig gut. Selten drischt man ja lediglich einen Busch weg, um verschlossene Pfade freizulegen. Vielmehr löst man meist kleine Kopfnüsse und muss sogar erst dahinterkommen, mit welcher Art Aufgabe man es überhaupt zu tun hat. Knackt man die, ist das kleine Minit dann wieder stark. Viele Lösungen sind nämlich so in die Umgebung eingebunden, dass sie nicht wie örtlich abgesteckte Herausforderungen wirken, sondern als natürliche Teile der Spielwelt erscheinen.

Fazit

Viel ist an diesem kleinen Abenteuer, das gerade mal vier Kreativköpfe aus der Idee eines Game Jams entwickelten, gar nicht dran: In einem angenehm flotten Rhythmus deckt man die Bildschirme einer geschickt zusammengesteckten Welt auf, löst clevere Rätsel, kämpft, und erhält mit der Beute Zugang zu weiteren Gebieten. Das treffsichere Artdesign sowie ein schwungvoller Beat tragen den Helden durchs Land – in seinen besten Momenten ist Minit ein verdammt sympathischer Zeitvertreib. In seinen schwachen Momenten ist es allerdings auch unübersichtlich, während die ständigen Neustarts sogar ermüdend wirken, ohne dass die 60-Sekunden-Sperre einen echten spielerischen Zweck erfüllt. Interessant ist Minit daher vor allem für Spieler, die gerne einen Blick auf kurzweilige Experimente riskieren.

Pro

motivierendes Entdecken der Umgebung...
einfallsreiche Rätsel
gute Abkürzungen und Speicherpunkte verhindern lange Wege
treffsicheres Artdesign und gelungener Soundtrack

Kontra

... das durch ständiges Zurücksetzen gehemmt wird
fehlende Übersichtskarte macht Aufspüren noch fehlender Objekte zum zähen Geduldsspiel

Wertung

XboxOne

Flottes Action-Adventure mit cleveren Rätseln und manchmal ermüdenden Wiederholungen.

PlayStation4

Flottes Action-Adventure mit cleveren Rätseln und manchmal ermüdenden Wiederholungen.

PC

Flottes Action-Adventure mit cleveren Rätseln und manchmal ermüdenden Wiederholungen.

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