The Station22.02.2018, Jörg Luibl
The Station

Im Test: Futuristische Fingerübung

Wann wart ihr das letzte Mal investigativ in einem SciFi-Adventure unterwegs? Vielleicht in The Starship Damrey auf dem 3DS? Oder in SOMA? Im kanadischen Vancouver haben drei Branchen-Veteranen für futuristischen Nachschub gesorgt: Dave Fracchia, Les Nelkin sowie Duncan Watt schicken euch auf ein Raumschiff, das von der Unity-Engine befeuert wird. Weil sich die Crew nicht meldet, soll jemand nach dem Rechten sehen. Wie sich das 15 Euro günstige Abenteuer für PC, PS4 und Xbox One spielt, verrät der Test.

Detektiv im Weltraum

Irgendwann in der Zukunft: Die Menschheit entdeckt eine außerirdische Ziviliation auf einem fremden Planeten, die sich scheinbar in einem Bürgerkrieg befindet, und will sie erstmal mit einem kleinen Tarn-Raumschiff beobachten. Aber nach 17 Tagen bricht plötzlich jeglicher Kontakt ab. Also schickt man einen Detektiv los, der sich an Bord der "Espial Station" umsehen soll. Nachdem man andockt, darf man sich in Egosicht umsehen und wird von Stille sowie düsteren Räumen begrüßt. Ziel ist es, die dreiköpfige Crew zu finden: Pilotin Mila, Forscher Silas und Techniker Aiden.

Leben sie noch? Und falls nicht, was ist passiert? Während der Suche ergeben sich zwei Erzählebenen über Audiologs, Funde, Mails

Was ist an Bord der "Espial Station" passiert?
sowie Notizen - allerdings nur auf Englisch. Zum einen wird man stückweise Zeuge der Beziehungen innerhalb der Crew. Schön ist, dass auch die kleinen Streiche und Gemeinheiten sowie Alltägliches wie Karten- oder Saufspiele sichtbar werden. Und spätestens wenn man die privaten Räume betritt, werden die unterschiedlichen Charaktere und Biographien deutlich. Die sind gut ausgearbeitet, aber manches ist zu offensichtlich und künstlich auf Kontrast getrimmt.

Zum anderen sammelt man nicht nur immer mehr Hinweise zu den Ereignissen auf der Espial, sondern auch zu den Erkenntnissen über die Aliens. Die Story wirft also mehrere Köder aus, denen man parallel folgen kann. Und das macht durchaus Laune, zumal auch das Raumschiff selbst dank einiger interaktiver Apparate und Hologramme neugierig macht.

Adventure mit logischen Rätseln

Waffen hat man seltsamerweise nicht dabei, obwohl der Auftrag überaus heikel ist - immerhin könnte die Crew verrückt geworden oder Aliens an Bord sein. Spätestens wenn man eine Rohrzange findet, aber sie nicht zum Zuschlagen ausrüsten darf, weiß man jedoch, dass hier

Wie kommt man an die richtigen Behälter? Die Rätsel sind logisch aufgebaut und es gibt subtile Hinweise.
nicht gekämpft wird - da hätte die Regie mit mir spielen und länger eine Gefahr suggerieren können. Immerhin kann man sich auch ducken oder sprinten, was zusammen mit so manchen plötzlichen Geräuschen zumindest die unwohle Ahnung aufkommen lässt, dass man auch à la Alien: Isolation fliehen oder sich verstecken muss. Aber obwohl The Station weder Action noch Survival-Horror inszeniert, ist es kein reines Erzählspiel wie etwa Gone Home. Es ist ein Adventure mit dem Fokus auf Erkundung, in dem man einige Geheimnisse lüften und Hindernisse bewältigen muss: Mal fehlen Zugangskarten für wichtige Räume, Codes für die Spinde der Crew, Treibstoff für Maschinen oder Ersatzteile für den Wartungsroboter.

Das Rätseldesign ist angenehm klar und über subtile Hinweise aufgebaut, so dass man zusätzliche Tipps oder Schwierigkeitsgrade gar nicht vermisst: Wenn man sich eine Schalttafel genau anschaut, erkennt man die Symbolkombinationen, die man an einem Computer aktivieren muss, damit einem der Greifarm die richtige Kiste bringt. Darin befinden sich allerdings auch defekte Bauteile - wie findet man die funktionierenden? Mal gilt es, für Dunkelheit zu sorgen, damit sie leuchten, oder einen Magneten einzusetzen, damit sie daran haften. Woanders muss

Welche Erkenntnisse konnte die Crew über die Aliens gewinnen?
man einen Text so deuten, dass man ein spezielles Buch unter all den Regalen findet. Es geht also nie um richtige Kopfnüsse oder Logikrätsel à la The Witness, sondern eher um Beobachtung und Schlussfolgerung. Allerdings hätten diese noch anspruchsvoller sein dürfen. Und man vermisst spezielle Fähigkeiten - gerade weil es um Science-Fiction geht, hätte man dem Helden durchaus ein paar coole detektivische Gadgets spendieren oder robotische Hilfe wie etwa in The Starship Damrey anbieten können. Kaum erweckt man eine Maschine zum Leben, düst sie davon. Das ist in diesem Moment stimmungsvoll, aber so etwas wie futuristischer "Sense of Wonder" will nicht aufkommen.

Viel Interaktion, wenig Kombination

Die Interaktion ist immer sehr direkt, aber weitgehend sinnlos: Schubladen oder Behälter werden aktiv über simuliertes Ziehen geöffnet. Man kann viele Gegenstände wie Früchte, Bücher, Flaschen, Zeichnungen oder Werkzeuge aufnehmen, um sie dann als 3D-Objekte näher zu untersuchen. Das klappt aber erstens nicht immer konsequent, weil sich manches nicht richtig drehen lässt.

Viele Gegenstände lassen sich als 3D-Objekte untersuchen.
Zweitens werden die physikalischen Möglichkeiten überhaupt nicht genutzt - es gibt z.B. futuristische Behälter, die etwas verschwinden oder schweben lassen. Dadurch und durch noch so komplex scheinende Gegenstände ergeben sich leider keine weiteren Mechanismen oder gar haptische Rätsel à la The Room, was sehr schade ist. Viel vom aktiven Gefummel ist also reiner Selbstzweck, man kann bis auf wenige Ausnahmen kaum irgendwo experimentieren.

Und nichts Untersuchtes wandert in das Inventar, das auch nicht für weitere Kombinationen, sondern lediglich für spezielle Objekte wie etwa die ID-Karten der Crew reserviert ist, so dass es als Unterpunkt nahezu überflüssig im AR-Menü wirkt. Das ist zwar als direkt in der Spielwelt sichtbare Benutzeroberfläche schick designt, speichert alle Audiologs und die Karte ist trotz der lediglich zwei erkundbaren Stockwerke hilfreich - sie zeigt immerhin geschlossene und noch nicht geöffnete Türen an. Aber mir ist das zu viel Style und zu wenig Funktion. Außerdem wird die stimmungsvolle Kulisse, die auch von der dezenten und dennoch eindringlichen Musik getragen wird, von einigen zu langen Ladezeiten sowie von sporadischen Bildratenproblemen getrübt.

Fazit

The Station wirkt auf mich wie eine kreative Fingerübung, fast schon wie eine Bewerbung für größere Projekte. Nicht falsch verstehen: Ich wurde über etwa drei Stunden solide unterhalten, weil die Konflikte unter den Charakteren neugierig machen, die Story einige Fragen aufwirft und es angenehm logisch designte Rätsel gibt. Die machen in ihren besten Momenten richtig Laune, weil das Beobachten der Umgebung für subtile Hinweise sorgt - allerdings löst man sie dann viel zu schnell. Zudem vermisse ich mehr Kombinationen oder zumindest haptische Mechaniken à la The Room, so dass die 3D-Untersuchung all der Objekte weitgehend sinnlos wirkt - so etwas wie ein futuristischer "Sense of Wonder" wird nur angedeutet. Zwar regen die interessanten philosophischen Hintergründe zum Nachdenken an, aber auch sie bleiben an der Oberfläche. Und wenn es plötzlich wieder irgendwo scheppert, weiß man einfach zu schnell, dass es weder zum Kämpfen oder Verstecken kommen wird, obwohl das durchaus gepasst hätte. Dieses kurze investigative Weltraum-Abenteuer deutet seine Potenziale immer nur an, schöpft sie in keinem Bereich aus - weder hinsichtlich der Interaktion noch der Augmented Reality oder des Schreckens. Gerade als sich die Spannung so langsam wie eine dunkler Schatten aufbäumt, verschwindet sie auch schon mit dem Finale. Da hat mir SOMA wesentlich besser gefallen.

Pro

SciFi-Adventure mit interessanter Ausgangslage
angenehm logische und kreativ verknüpfte Rätsel
drei Charaktere mit eigenen Biographien
Schreckmomente erhöhen mitunter die Spannung
auch Erzählung ist in Ansätzen ein Puzzle
gute Karte mit Aktualisierungen
solide englische Sprecher
ansehnliche Kulisse

Kontra

fühlt sich mit drei Stunden wie ein Prolog an
schnell durchschaute Beziehungskonflikte
keinerlei haptische Rätsel mit 3D-Objekten
zu wenig komplexe Herausforderungen
schnell durchschaute Gewaltlosigkeit
Potenzial der Roboter nicht genutzt
Inventar nahezu sinnlos, keine Item-Kombos
sporadische Bildratenprobleme
keine deutsche Lokalisierung

Wertung

XboxOne

Dieses kurze, gut erzählte investigative Weltraum-Abenteuer deutet seine Potenziale immer nur an, schöpft sie in keinem Bereich aus - weder hinsichtlich der Interaktion noch der Augmented Reality oder des potenziellen Schreckens.

PlayStation4

Dieses kurze, gut erzählte investigative Weltraum-Abenteuer deutet seine Potenziale immer nur an, schöpft sie in keinem Bereich aus - weder hinsichtlich der Interaktion noch der Augmented Reality oder des potenziellen Schreckens.

PC

Dieses kurze, gut erzählte investigative Weltraum-Abenteuer deutet seine Potenziale immer nur an, schöpft sie in keinem Bereich aus - weder hinsichtlich der Interaktion noch der Augmented Reality oder des potenziellen Schreckens.

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