Metal Gear Survive26.08.2017, Benjamin Schmädig

Vorschau: Spaßfreie Tower-Defense

„Infizierte“ in einem alternativen Metal-Gear-Universum? Überlebenskampf statt Stealth-Action? Uff! Aber mir soll's recht sein: Unterm Strich ist doch egal, welches Spiel wo stattfindet, so lange es Spaß macht. Also habe ich auf der gamescom mit drei anderen Teilnehmern eine Mission der kooperativen Kampagne gespielt und dabei vor allem eins gemacht: den Spaß gesucht.

Alleine...

Was, wie warum, das behält Konami zum größten Teil noch für sich. Als frei erstellbarer Charakter befindet man sich dort, wo Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain stattfand, allerdings wurden Gebäude zerstört und die Umgebung von Infizierten überrannt, die statt eines Kopfs eine Art Stachel tragen. In dieser Welt kommt man an, errichtet eine Basis und muss diese fortan gegen das verteidigen, was keine Zombies sind.

In der Kampagne für Einzelspieler reist man dabei durch die über weite Teile bekannte offene Welt, sammelt Materialien zum Herstellen neuer Ausrüstung und Verteidigungsanlagen und erweitert den Stützpunkt um Zäune, Geschütze oder Türme. Neue Wege öffnen sich dadurch, indem man z.B. erst später eine Gasmaske erhält, mit der man ein verseuchtes Gebiet

Tower-Defense: Verteidigungsanlagen halten Infizierte fern, Waffen beseitigen sie.
betreten kann. Außerdem entwickelt man Fähigkeiten wie das heimliche Ausschalten nach dem Anschleichen von hinten.

… und im Quartett

Viel mehr ist zu dem Solospiel bislang nicht bekannt und auf der gamescom stellte Konami zunächst die kooperative Kampagne vor, in der man bis zu viert kurze Missionen erledigt. Dabei spielt man denselben Charakter wie als Einzelkämpfer, entwickelt ihn also in jedem Fall weiter.

Und was mir zuvor nicht bewusst war: Im Grunde handelt es sich bei den Missionen um eine Art Tower-Defense, sprich man stellt auch hier Geschütze, Fallen, Zäune und andere Verteidigungsanlagen auf, bevor Infizierte Welle um Welle z.B. einen Punkt angreifen, an dem man einen Generator aufgestellt hat und verteidigen muss. Als Belohnung winkt wertvolle Ausrüstung...

„Ich möchte gerne geradeaus laufen.“

… den Preis dafür würde ich momentan allerdings nicht zahlen wollen. Der ist nämlich ausgesprochen brüchige, für mich komplett spaßfreie Action beim Kampf gegen dämliche Wasauchimmer, die vor zwei Meter freien Zäunen stehen bleiben, die mitten, wirklich mitten im Nichts stehen. Kein Witz: Sie umlaufen diese Zäune nicht,

Die Lobby der kooperativen Gefechte versprüht einen ähnlich reizvollen Charme wie die Kämpfe selbst.
sondern hauen so lange dran, bis sie umfallen. Natürlich funktioniert so die klassische Tower-Defense – in einem halbwegs ernstzunehmenden Actionspiel mit dem Namen Metal Gear, das ohne die geringste Spur von Selbstironie packende Gefechte inszenieren will, wirkt so ein Quatsch allerdings wie ein katastrophaler Programmfehler!

Dass die Infizierten in Wellen auf durch Pfeile gekennzeichneten Pfaden anrücken: meinetwegen. Dass man zwischen den Wellen die Verteidigung neu ausbaut, Ausrüstung wechselt, sich heilt usw.: sehr gut. Beim Anrücken auf den Zielort sammelt man außerdem Ressourcen und zwischen den Wellen erledigt man Nebenmissionen, um vorübergehend z.B. einen mächtigen Walker abzustauben. Aber dass Konami dort ausgerechnet die älteste und allereinfachste Variante einer Tower-Defense inszeniert, passt einfach nicht. Würde sie wenigstens in engen Gängen stattfinden, wo die KI-Blödheit nicht dermaßen deutlich zutage tritt.

Daneben gehauen

Das eigentlich Schlimme ist allerdings das Kämpfen selbst. Meine Figur war mit zwei Waffen für den Nahkampf sowie Schrotflinte und Pistole unterwegs – und besonders das Fuchteln mit der provisorischen Klinge sowie dem ebenfalls notdürftig zusammengesteckten Speer hat fast überhaupt nicht funktioniert. Ob ein Gegner nun direkt vor mir stand oder nicht: Mal habe ich ihn getroffen, oft aber auch einfach nicht. Gelegentlich legte sich mein Alter Ego dafür auf den Boden: Das sollte das Zurückwerfen nach einem Treffer symbolisieren, der wiederum aus einem lethargischen Winken des Infizierten hervorging.

Zäune aufstellen, Fallen legen, Geschütze aufstellen - doch leider macht das Aufhalten der Infizierten nicht den geringsten Spaß.

Sprich, Kollisionsabfrage und Trefferfeedback habe ich als katastrophal empfunden. Und obwohl ich bis zu drei Angriffe aneinanderreihen konnte, fühlte sich das Kämpfen in keiner Weise nach schneller, dynamischer Action an. Die Spielmechanik eines Metal Gear Solid passt für mein Empfinden einfachin keiner Weise zu einem Spiel wie Survive. Sicher: Steht man hinter einer aufgestellten Barrikade, funktioniert das Stochern in der davor grunzenden Gegnermasse. Und auf diese Art Verteidigung ist das Konzept immerhin ausgelegt. Starr und ungelenk wirkt es trotzdem.

Das Schießen mit Schrotflinte und Pistole geht etwas besser von der Hand. Aber auch hier fehlten der notwendige Rumms sowie eine schnelle, präzise Steuerung. Mit irgendwelchen Fadenkreuzen auf irgendwelche Gegner zu halten macht eben noch lange keinen guten Shooter.

Ausblick

Was hat sich Konami nur dabei gedacht? Vielleicht ist der Überlebenskampf als Solist und in der offenen Welt ja irgendwie unterhaltsam – das kann ich nach der gamescom-Präsentation und einer folgenden Demo allerdings in keiner Form einschätzen, denn beides drehte sich vor allem um die kooperative Kampagne. Und die funktioniert für mich in fast keiner Weise. Zum einen will ich in einem Metal Gear keine Infizierten sehen, die vor einsam in der Pampa platzierten Zäunen stehenbleiben. Zum anderen will ich ein auf Stealth-Action ausgelegtes Prinzip nicht in einer Tower-Defense nutzen, die sich um schnelle Gefechte und den wichtigen Nahkampf dreht. Der ist besonders mit auf kurze Distanz ausgelegten Waffen nämlich ausgesprochen öde, während man mit eigentlich gut gedachten provisorischen Speeren oder Macheten dermaßen ziel- und wirkungslos fuchtelt, dass ich gedanklich die Hände über dem Kopf zusammenschlage. Nein, auch wenn beim gemeinsamen Verteidigen gelegentlich Spannung aufkommt: Ein Metal Gear Survive in dieser Form kann mir gestohlen bleiben.

Einschätzung: ausreichend

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