Shooter
Entwickler: Rockstar Vancouver
Publisher: Rockstar Games
Release:
18.05.2012
01.06.2012
01.06.2012
Erhältlich: Digital (Steam), Einzelhandel
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ab 19,99€
Spielinfo Bilder Videos

Durchschnittswertung

79%Gesamt
72%
85%
73%

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Lesertest von Propellerhead

Eigentlich lässt sich MP3 schnell umreissen und mit einem alternativen Namen versehen: GTA Sao Paulo

Aber - dafür fehlt die offene Welt eines GTA. Trotzdem hat es Rockstar's GTA-Handschrift, also den Erzählstil, die Figuren, der Humor, die Stimmung. Letztere wird allerdings durch den bereits bekannten Charakter Max Payne als Protagonist und tragischen Helden ein wenig eingefärbt.

Seine Vergangenheit ist auch nach all den Jahren nach den tragischen Ereignissen sein ärgster Feind und bestraft ihn, so dass er es immer noch nicht schafft einen Strich unter alles zu ziehen. Sein Leben ist quasi vorbei, und es wäre nur eine Frage der Zeit bis entweder Alkohol, Drogen oder eine andere Dummheit sein sinnloses Dasein beenden würden. Er ist der Typ, der zynisch und bitter als Draufgänger das macht, was andere als Selbstmord erachten würden. Ein anderer John McClane, in einer noch viel mieseren und abgrundtief hässlichen Welt. New York hat ihn nicht umgebracht, dieses Mal gibt er Sao Paulo die Chance, denn wie gesagt - er hängt nicht am Leben, aber solange er davonlaufen kann und genug Geld für Whiskey bekommt, ist ihm alles recht. So begegnet man dem sichtbar gealterten und heruntergekommenen Max nach all den Jahren, als Schatten seiner selbst. Er ist entwurzelt, ein Alien, denn er spricht weder portugiesisch, noch hat er irgend einen Bezug zu Land und Leuten, oder auch zu seinen Auftraggebern, ausser, dass sie ihn dafür bezahlen sie zu schützen.

Das Spiel hat die früheren Comic-Sequenzen abgelegt, die kalte lebensfeindliche Stimmung aus New York ist dem tropischen Sao Paulo gewichen, dass noch wesentlich mehr unter Kriminalität, Armut, Polizeiwillkür und Bandenkriegen zu leiden hat. Ein Leben ist hier nichts wert, vielleicht die einzige Gemeinsamkeit die Max mit seiner neuen Umgebung hat. Sein ständiger Wechsel zwischen Suff und verkatertem Arbeiten wird stilistisch eingefangen, das Bild verschwimmt hier und da, verschiebt sich, die Kameraführung und die Szenen sind stimmungsvoll und die Umgebungen sind toll ausgestattet.

Erzählt wird EINE Geschichte, linear und ohne Umschweife. Damit hat es mehr die Züge eines Films, der vom Spieler mitbestimmt wird. Im Mittelpunkt stehen dabei die Feuergefechte, die dann von Storysequenzen ein- und ausgeleitet werden. Es ist NICHT Open World, und das ist auch grundsätzlich OK. Was nicht OK ist, ist das wirklich sehr enge Scripting, dass einerseits mit Quicktime-Events daher kommt, die teilweise etwas unelegant aus den Zwischensequenzen eingeflochten werden, andererseits, und das ist viel nerviger, dass einzelne (Abschluss-)Stellen der Kapitel wirklich nur nach mehrmaligem Probieren zu meistern sind. Dies ist auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad für einen halbwegs routinierten Spieler konstant der Fall. Hier wird also leider Frust aufgebaut, und es verkommt vielfach zum Try&Error. Wenn man also auf der einen Seite eine ganz wendungsreiche und spannende Geschichte erzählt, zerschlägt und unterbricht man den Fluss hier und da wieder, und der Spass leidet.

Rockstar's Produktionen sind allesamt mit diesem Makel des etwas unausgegorenen Balancings versehen. GTA hat diese Schwäche hier und da, Max Payne bleibt dies also auch nicht erspart. Man möchte hier tatsächlich mit einem bewusst "knackigen" Schwierigkeitsgrad hervorstechen, leider macht die Spielmechanik das nicht so ganz mit, und erreicht nicht einen Grad an Spielbarkeit, dass der Spieler auch soweit eins mit seinem Charakter werden kann, um sich dieser Herausforderung befriedigend stellen zu können. Es verkommt also zum plumpen Ausprobieren, was das Skript so vorgibt, und irgendwann klappt es. Zwischendurch ärgert man sich noch über die etwas hölzerne Steuerung, oder dass die KI entweder stumpfen Stellungskampf betreibt, oder aber einen durch die noch so kleine Lücke quer durch den Raum mit einem Schuss schlagartig erlegt, obwohl man sich in Deckung wähnte. Ein etwas schaler Nachgeschmack.

Trotzdem kann das Spiel mit seiner Story und Atmoshäre in den Bann ziehen, wenn man dem Charakter und der Vorgeschichte auch erlaubt sich in diese neue Richtung zu entwickeln, denn ein Stilbruch wie hier ist durchaus erfrischend. Die technische und stilistische Nähe zu GTA ist nicht zu übersehen, und ich würde mich nicht über einen Cameo in einem der nächsten GTAs wundern, passen würde es.

Für alle die sich fragen, ob es noch dasselbe wie früher ist - ja, eigentlich ist es wie früher. Wenn Max zum Sprung ansetzt, eine Treppe hinuntersegelt, und Headshots in John Woo-Manier verteilt, dann weiss man, dass der alte Hund noch beissen kann, und es fühlt sich verdammt nochmal gut an. Es ist böse, menschenverachtend, zynisch, es riecht nach Testosteron und billigem Whiskey, und schnell ist klar, dass man diesen Trip nicht lebend überstehen wird. All das war und ist Max Payne - und das funktioniert überall und immer noch, auch wenn es weh tut an einzelnen Stellen.
Pro
  • frisches Setting
  • spielbare Flashbacks in Max' Vergangenheit
  • Atmosphäre dank guter Originalsprechern und Nicht-Übersetzung der portugiesischen Dialoge sehr authentisch
  • Musik & Sound FX
  • überzeugende Locations
  • kaum bis gar nicht gekürzt, erstaunlich blutig und brutal für eine deutsche USK-Fassung
Kontra
  • Steuerung in Verbindung mit dem Deckungssystem an einzelnen Stellen fummelig, wenig intuitiv
  • Balancing: KI teilweise ungleichmäßig in ihrem Verhalten
  • sehr enges Scripting, wenig bis keine Alternativen in der Herangehensweise
  • Try&Error-Momente
  • hohe Schwierigkeit wird oftmals lediglich durch die obigen Mankos bedingt, weniger durch intelligentes Level-Design
  • keine Albtraum-Sequenzen mehr
 

Max Payne 3

Max Payne 3
Propellerhead
Propellerhead 09.06.2012 PC 
70%
5 0

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