Rollenspiel
Entwickler: CD Projekt
Publisher: Namco Bandai
Release:
17.04.2012
17.05.2011
22.03.2013
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ab 16,82€
Spielinfo Bilder Videos

Durchschnittswertung

84%Gesamt
84%
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Lesertest von Oguz-Khan

WENN WISSENSCHAFTLICHES MAGISCH AUSGEDEUTET WIRD

Der Hexer Geralt ist der kantige um nicht zu sagen eher unsympathische Held
in dieser geerdeten Fantasieerzählung um Königreiche, Drachen, Rassismus und Schenkenschpiele. Dabei variierte man leicht die Fantasiewelt von Tolkien hin zu einer einer Art wissenschaftlich "plausiblerem" Fassung.

Die mittelalterliche Welt kennt neben Magie, ebenfalls moderne Erklärungsmuster wie die Evolutionslehre, Mutationen, Genetik und bedient sich der Lehren der gegenwärtigen Psychologie. Zusätzlich werden zwischen den Menschen, Elfen, Zwergen und Trollen, Klassen und Rassenkonflikte ausgetragen. Diese werden wenig geschönt und erlauben eine leichte Lesart zu den Konflikten der ganz realen Welt. Doch was bringt diese zusätzliche Dimension der Differenzierung speziell im dem eher so absolutistischem Fantasiegenre?

DER ANTI PRATCHETT

Der Hexer kann als eine Art Gegenentwurf zu Terry Pratchetts "Scheibenwelt" gelesen werden. Pratchett deutet die Fantasiewelt Tolkiens mit viel Ironie,Sarkasmus, praktischem Denken und noch mehr Fantasie ins humanistisch Absurde um. "The Witcher 2" (TW2) reichert diese hingegen mehr mit rationalen Elementen an um diese zumindest etwas zu erden. Dadurch sollen die schroffen Dialoge, das oftmals blutige und erbarmungslose Schlachten einen stärkeren Eindruck hinterlassen. Denn man sollte sich nicht täuschen. Hier gibt es keinen gütigen und guten König. Es gibt keine Vernunftbürger. Wenn es einmal so weit ist Spielt TW2 schon mal einen Genozid gnadenlos aus. Auch die obligatorischen Entscheidungen sind nicht selten Zweideutig. Hat ein Adeliger beispielsweise an einer stelle des Spiels den Anschlag auf eine Revolutionsführerin begangen oder nicht? Die Zeit für Untersuchungen ist knapp, da die Bauern bereit den Monarchen als schuldigen ausgemacht haben, und nun sein Blut fordern. Diese Verknappung von Zeit, Ressourcen und Möglichkeiten ist nicht neu, wurde aber selten so Ambivalent ausgespielt wie in TW2. Am Ende bleibt nämlich immer das Schale Gefühl zurück evtl. die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Häufig genug kann man sich der Wahl auch völlig entziehen und den Ereignissen ihren Freien Lauf lassen. Selbst eine unfaire Parteinahme zum eigenem Vorteil ist häufig möglich. Auch dies mag nicht neu sein, aber auch hier brilliert TW2 in Ausführung und Handwerk.
Im Gegensatz zu Tolkien glaubt TW2 nicht an eine Erlöserfigur, welche nur das Böse aus der Welt zu tilgen braucht. Im Gegensatz zu Pratchett gelingt TW2 eine ebenfalls komplexe und gleichermaßen fantastische und glaubwürdige Welt, ohne das Absurde zu bemühen. Ein einmalige Nische im Videospielsektor!

SCHÖNE GRAFIK UM DAS HÄSSLICHE ABZUBILDEN

Häufig wird über die "hübsche" Grafik von TW2 gesprochenen. Es stimmt, an vielen Stellen ist die grafische Umsetzung wirklich märchenhaft. Dies ist aber nicht das Alleinstellungsmerkmal von TW2. Vielmehr faszinieren sie durch zahlreiche hässliche Details. Vernarbte Gesichter, schmutzige Dörfer, Häfen, Katakomben, Häuser und verödetet Naturlandschaften. Selten wurde die Degeneration von Mensch(bzw. Fantasie Wesen, vor allem die Trolle) und der Natur in einem Videospiel so glaubwürdig abgebildet. Das hässliche steht dabei häufig im Kontrast zum schönen Schein. So wüten hinter schönen Zauberinnen unbändiger Hass und Machtgier. Adelige in ihren wunderschönen Schlössern sind Rassistisch und Volks fremd. Elfen sind äußerlich immerschöne Wesen, aber innerlich schon mal von uraltem Hass zerfressen. Auch eine jungfräuliche Befreierin hat eine versteckte hässliche Fratze. Bei dieser Umkehrung ist es nur Konsequent das der Hexer Geralt, welcher als "Wechselbalg Mutant" beschimpft wird, die weitestgehend neutralste Rolle einnimmt. Er kann Frei entscheiden,und wie es in einer Schenke treffend zusammengefasst wird "das Schicksal ganzer Königreiche bewegen".
Auf jeden Fall ist es der schönste Schmutz den man bisher auf einem
(halbwegs guten) PC bewundern durfte.

DIE AMBIVALENZ

Die bereits angesprochenen Ambivalenz ist die größte stärke von TW2.
Es gibt nämlich kein gut und Böse. Häufig führen mehrere Entscheidungen zu einem, je nach Gusto, befriedigendem oder unbefriedigendem Ergebnis.
Das Spiel urteilt nicht und verteilt in der Konsequenz auch keine Rechts.-
oder Unrechtspunkte. Die Moral bleibt entweder im Urteil des Spielers, oder gleich komplett auf der Strecke,denn, was ist schon die Moral Wert im Angesicht von Leben und Tot? So bleibt eine moralische Entscheidung häufig ebenso gelobt oder ungesühnt wie eine Unmoralische. Die Welt in der wir uns befinden kennt keine übergeordnete, alles ausgleichende Moral. Zwar werden mit Hilfe der Magie (Irrenhaus, Fluch), hasserfüllte Projektionen geschaffen, aber ihre Beseitigung kann ebenso die Folge von unmoralischen Handlungen seitens des Hexers sein.
Diese Ambivalenz so gekonnt, spannend, grafisch schön und erzählerisch geschickt umgesetzt zu haben, ist die große Stärke von TW2.







Pro
  • Mein Text ist weniger eine Review denn eine Analyse. Äußerungen wie "die Steuerung ist nicht präzise genug" oder "das Spiel hat Bugs" sind sicher Valide, aber unnötig redundant und kaum die angemessen zutreffende Beschreibungsmöglichkeite für z.B. dieses Spiel. Ich habe nur 5000 Wörter zur Verfügung es besteht also kein Anspruch auf Vollständigkeit. Ich hoffe aber trotzdem das wichtigste erfasst zu haben.
Kontra
  • Das Diebstähle nicht notiert werden sorgt regelmäßig für Heiterkeit :)
 

The Witcher 2

The Witcher 2: Assassins of Kings
Oguz-Khan
Oguz-Khan 22.07.2013 PC 
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