Action-Adventure
Entwickler: GRIN
Publisher: Capcom
Release:
22.05.2009
17.07.2009
22.05.2009
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ab 3,10€
Spielinfo Bilder Videos

Durchschnittswertung

74%Gesamt
80%
67%
76%

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Lesertest von LePie

Mit Ausnahme einiger weniger Magazine - wie eben 4players - wurde das 2009er Bionic Commando durch die Bank mäßig bis gar negativ rezipiert - und das, zumindest meiner Ansicht nach, völlig ungerechtfertigt, halte ich das Spiel doch für ein ähnlich verkanntes Juwel wie das (auf seine eigene Art und Weise) geniale God Hand. Ich stimme darin zu, dass die Story behämmert und die finale Storywendung noch viel behämmerter ist, jedoch muss man sich dabei auch folgendes vor Augen führen: Zum einem reden wir hier von einem Franchise, in dem schon im NES-Original von 1987 ein Klon-Hitler sprichwörlich in die Luft gejagt wurde (http://static.tvtropes.org/pmwiki/pub/images/Hitler-Head-Asplode.gif), zum anderem entschädigen dafür Soundtrack wie auch Gameplay. Dem Spiel selber kann man da am ehesten vorwerfen, die krude Geschichte mit einem zu hohen Maß an erzwungener Seriosität vortragen zu wollen.

Aber kommen wir zu dem wichtigeren Part bei einem Videospiel: Der Spielcharakter Nathan "Rad" Spencer (der Name des Actionhelden wird sich euch im Spielverlauf noch einbrennen, wird man bei Feindkontakt doch gerne mal mit einem freundlichen "Fuck you, Spencer!" begrüßt) wird wie bei einem Third-Person-Shooter gesteuert, das weiße Fadenkreuz dient dabei klassischerweise als Zielhilfe für die Schusswaffen und das dynamische grüne, welches sich simultan mit der Kamera bewegt, als Zielerfassung für den bionischen Arm. Hat letztere eine greifbare Oberfläche ausgemacht - und das ist glücklicherweise nahezu jede erdenkliche Oberfläche im Spiel - so kann man den bionischen Arm wie einen Greifhaken abfeuern und sich daran festkrallen. Baut man dabei noch ein bisschen Schwung auf oder nimmt gleich das Momentum zu Beginn mit, so kann man sich wie eine Mischung aus Spiderman und Tarzan durch den zerstörten Großstadtdschungel schwingend fortbewegen.
Und genau hier liegt auch die größte Stärke von Bionic Commando. Während man bei diversen anderen Spielen (namentlich erwähnt seien hier God of War, Darksiders oder Castlevania: Lords of Shadow) nur an fixen, deutlich markierten Punkten seinen Greifhaken abfeuern kann, ist dies hier nahezu überall möglich. So bleibt es auch dem Spieler überlassen, in den relativ offenen Levels den (für ihn) bestmöglichen Weg zu finden - hier tun sich bewusst Vergleiche zum Parkourspiel Mirror's Edge auf, und das ganz im positiven Sinne. Dabei stören auch kaum Automatismen den Flow während des Schwingens und Kämpfens (abgesehen jedenfalls von einigen Finishing Moves in letzteren), die Steuerung fühlt sich die ganze Zeit über sehr direkt an.

Ich möchte in dem Sinne bei Bionic Commando die Bezeichnung des "Skill Games" anfügen: Upgrades für den Spielcharakter gibt es nur sporadisch, dann und wann wird ein neuer Move freigeschaltet oder die Reichweite für den Greifhaken erhöht, das richtige "Upgrade" indes setzt es aber weniger beim Spielcharakter als beim Spieler selber an seinem Gamepad. Hangelt sich dieser nämlich noch zu Beginn unbeholfen von Objekt zu Objekt und stürzt regelmäßig ab (Spencer nimmt seinen Spezialbeinen sei dank keinen Schaden bei Stürzen aus großer Höhe, kann des hohen Gewichts seiner bionischen Zusätze wegen aber nicht schwimmen), so wird er nach einigen Spielstunden Timing wie auch Momentum zu meistern verstehen.
Ich unterstreiche diesen Punkt bewusst, denn bei vielen heutigen Games (ja, Assassin's Creed, ich schaue dich an) habe ich den Eindruck, dass es hinsichtlich der Spielmechanik nichts mehr so wirklich zu meistern gibt, d.h., es wird ein Fortschritt im Spiel aber nicht beim Spieler erzeugt.

Kommen wir nun zum nächsten Punkt, nämlich den Kämpfen, und hier möchte ich direkt eines loswerden: Tut euch selber einen Gefallen und spielt Bionic Commando eher wie ein Actionspiel denn wie einen Shooter. Zum einem sind Projektilwaffen bei vielen Gegnertypen relativ ineffektiv im Vergleich zu den Aktionen des bionischen Arms, zum anderem macht es einfach weitaus mehr Laune, Kleinwagen oder auch die Gegner selber als Wurfgeschosse zweckzuentfremden oder ihnen direkt auf kurze Distanz mit der stählernen Faust die Visage zu polieren. Die Faschisten/Terroristen, gegen die man antritt, haben auch auf größere Entfernungen kein Problem mit stationären Zielen, man selber allerdings kann aufgrund der hohen Streuung seiner Schusswaffen relativ wenig ausrichten.
Die insgesamt drei Bosskämpfe sind dabei eine gelungene Abwechslung - wobei gerade der letzte wegen des Showdowns auf einer recht beengten Arena mit den anderen beiden nicht so recht mitzuhalten vermag.

Medipacks oder ähnliche kommen dabei auch nicht zum Einsatz, man verlässt sich auf die bionischen Selbstheilungskräfte des Protagonisten. Zugleich setzt das Spiel einen nach dem virtuellen Ableben an Checkpoints zurück, die auch als Speicherpunkte zum Einsatz kommen.
Hervorheben möchte ich dabei auch den gelungenen Soundtrack, der die Tracks des NES Bionic Commandos mal ruhig, mal heroisch und dann wieder bes(ch)wingt wiederaufleben lässt.
Pro
  • freies und direktes Schwingen und Kämpfen
  • tolle Übertragung des Geschwindigkeitsgefühls
  • Anwendung des Greifhakens an nahezu allen Objekten im Spiel möglich
  • auch in der Vertikale recht offene Levels
  • variantenreiche Kämpfe mit dem bionischen Arm (keine Beschränkung auf enge Arenen o.ä.)
  • konsequent umgesetzte Spielmechanik, die zu meistern wirklich Spaß bereitet
  • werfe Autos und Gegner auf Gegner
  • Physik-Spielereien mithilfe des bionischen Arms
  • herausfordernder, aber zumeist fairer Schwierigkeitsgrad
  • 3 wählbare Schwierigkeitsgrade (fangt mit dem niedrigsten, nämlich "Normal" an, das ist im Gegensatz zu anderen Spielen schon schwer genug)
  • interessante Gegnertypen (Mecha-Gorillas, etc.)
  • 80er-Alt-Actionhelden-Oneliner von Spencer
  • "freundliche" Begrüßungen seitens der Widersacher
  • toller, am NES-Vorgänger orientierter Soundtrack
Kontra
  • manchmal zu weit auseinanderliegende Checkpoints
  • letzter Bosskampf auf einer zu beengten Arena
  • nur sporadische Upgrades, die automatisch freigeschaltet werden
  • Geschichte mit einigen Logiklöchern und einer behämmerten finalen Wendung
  • ineffiziente Projektilwaffen
  • zu wenig Munition für einige Sekundärwaffentypen wie Raketen- und Granatwerfer
  • insgesamt wenige unterschiedliche Gegnertypen
  • Maus+Tastatur-Steuerungsvariante unausgegoren (angezeigt werden nur die Tasten für das Xbox360-Gamepad)
  • andere Controller neben Xinput-Pads werden nur schlecht unterstützt
  • angesichts der Grafik verhältnismäßig hohe Hardwareanforderungen
  • recht aufdringliche Ingame-Werbung für Nvidia, Capcom und Dark Void auf vielen Straßenbeschilderungen etc.
  • ich bin kein Fan von Rastalocken (aber man kann Kurzhaar-Spencer samt Sonnenbrille freischalten)
 

Bionic Commando

Bionic Commando
LePie
LePie 25.08.2014 PC 
85%
4 0

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