Taktik & Strategie
Publisher: -
Release:
01.06.2015
01.06.2015
Erhältlich: Digital (Steam)
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Durchschnittswertung

34%Gesamt
35%
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Lesertest von sf2000

"Massive Chalice" hat alles, was uns versprochen wurde. Dabei haben sie allerdings komplett vergessen, dass auch zu einem neu erfundenen Rad noch immer ein Auto oder zumindest ein Fahrzeug gehört.
Wäre es ein Auto, hätte es zum Beispiel auch ein tolles neues Rad, in Gestalt der Heldenzüchtung, aber das ist an einer Badewanne festgeschaubt, an der mindestens ein Rad fehlt, und die sich leider nur links abbiegen kann.

Es hat einen rundenbasierten Strategieteil - bei dem man seine Figuren bewegen und mit ihnen angreifen kann, und in dem die Gegenseite ihre Figuren bewegt und damit angreift. Es gibt Spezialfähigkeiten: Bei den Gegnern ist zum Beispiel die Frage, ob sie expldieren und wann. Es gibt ein Königreich-Management, bei dem man eines von drei Gebäuden in einem Bezirk errichten kann. Es gibt die genetische Auslese, bei der man seine "Helden" je nach Fruchtbarkeit und Fertigkeit aus dem Feld zieht und stattdessen ausschließlich mit Fortpflanzung betreut. Aber es gibt gibt eben immer nur das absolute Minimum.

Das heißt, man sucht sich zwei Bewohner aus, die "kompatibel" sind, und die man dann nicht mehr weiter nutzen kann. Wenn man Glück hat, haben sie sogar schon mal einen der alle 5 Jahre stattfindenden Kämpfe erlebt und bringen so zumindest ein bisschen Erfahrung ein, aber dann müssen sie auch noch "fruchtbar" sein, und die ansonsten völlig irrelevanten Attribute zusammenpassen. Sie sind schließlich die letzte Hoffnung im letzten Krieg der Menschheit, und wer würde da nicht wählerisch sein, auch wenn die Alternative das Ende der Welt ist.

Ein Satz, der in punkto Pathos und Dramatik alles schlägt, was das Spiel aufzubieten hat, da haben wir stattdessen einen Scherzbold von einem Mega-Kelch mit gespaltener Persönlichkeit, der 300 Jahre lang auflädt, um dann alle Probleme im Nichts verschwinden zu lassen. Wir haben nur den Job, den Vormarsch des Verfalls aufzuhalten, bis der quasselnde Becher im Zentrum mal soweit ist. Wo die "Charaktäre" und das Königreich bereits nicht mal mehr skizzenhaft gezeichnet sind und zwischen den Kämpfen zu einem kompletten Standbild verkommen, ist auch die Geschichte nicht geeignet, uns irgendetwas empfinden zu lassen. Man hängt mehr an seinen Halma-Kegeln in Mensch-Ärger-Dich-Nicht.

Das Szenario ist zwar abseits seiner Minimalistik stilistisch nicht übel umgesetzt, auch wenn quietschbunt nie wirklich mein Fall ist, und das Gegnerdesign irgendwo aus den Low-Poly-Zeiten der End-Neunziger stammt, wo dann auch die ansonsten einheitliche und stimmige Präsentation jähe Brüche erlebt. Aussehen und Fähigkeiten ebenso wie Angriffs- und Bewegungsanimationen könnten ebenfalls durch Halma-Kegel in verschiedenen Farben ersetzt werden, ohne dabei an Tiefgang zu verlieren. Was kein Problem wäre, wenn der Strategieteil tatsächlich Strategie enthalten würde, aber es nicht mal ein Deckungssystem vorhanden.

Und ja, versprochen wurde Forschung, also gibt es auch Forschung. Alles dauert schrecklich lange, hat aber keine vergleichbaren Auswirkungen, außer der einen, die es wirklich nicht haben sollte - denn ja, es gibt "Artefakte", Waffen, die in den Familien weitervererbt werden und die stärker sind - aber eben nicht stärker als das, was man erforscht. Und ja, es gibt Hybridklassen, die aber nicht eine einzige neue Fähigkeit ins Spiel bringen, sondern nur die Möglichkeit, die Fähigkeiten zweier Klassen zu mixen. Da Erfahrung "weitervererbt" wird, ist es so, als würde ich letztlich doch immer mit den gleichen Leuten spielen, bloß ist die eigentliche, und *einzige* Belohnung für die Kämpfe, nämlich Aufstieg und Verbesserung, so nochmal einem unberechenbaren System von Zufallskarten unterworfen, die zuguterletzt selbst dieses eine Element noch bedeutungslos machen.

300 Jahre kämpft Du also in immergleichen Leveln gegen immergleiche Gegner, ohne dabei irgendein Gefühl von Kontrolle, Fortschritt oder auch nur Bedeutung zu haben (denn im Endeffekt ist es ja der Kelch, der alle rettet). Man kann also selbst dann, wenn man all seine interessanten Versprechen hält, ein Produkt zusammenstellen, dass absolut sinn- und dann eben auch spaßfrei ist. Gratulation, Double-Fine. Das musste man auch erstmal hinbekommen.
Pro
  • alle Features vorhanden, die angekündigt wurden
Kontra
  • und eben auch nur das, die absoluten Basics, mit minimalistischer Präsentation, sinnbefreiender Erzählung und zusammengestrudelt in Mechaniken, die Lotto zu einem Strategiespiel machen.
 

Massive Chalice

Massive Chalice
sf2000
sf2000 04.06.2015 PC 
35%
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