Jörg Luibl
Es sind Drillinge!Eine Kolumne von Jörg Luibl, 18.05.2005
Habt ihr auch so mitgefiebert? War das eine spannende Geburt. Aber jetzt sind sie alle da. Und wie kräftig der Nachwuchs ist - er brüllt mittlerweile auf allen Kanälen seine Versprechungen ins Land: Microsofts Frühchen singt den High-Definition-Song, Sonys Kraftprotz prahlt lieber mit einer Rechenpower von zwei TeraFlop und Nintendos Kleiner verweist fast schüchtern auf die uralte Magie des Spielspaßes. Ja, jedes Baby schon ein Charakter für sich. Wie sie sich wohl entwickeln werden…

Xbox 360 , PlayStation 3, Revolution - die Karten liegen auf dem Tisch, es darf debattiert werden. Welche Konsole ist euer Favorit? Welche Hardware hat euer Zockerherz erobert? Welches Brüllen macht euch schwach? Und damit etwas Pfeffer in die Angelegenheit kommt, stellt euch bitte vor, dass ihr euch für eine einzige Daddelkiste entscheiden müsstet. Ist angesichts der ureigenen Gier des echten Spielefressers unrealistisch, aber immerhin braucht man auch nur einen Patenonkel für`s Leben.

Ach so: Auch die kommenden Spiele bitte mal außen vor lassen. Ja, das tut man als aufgeklärter Multiplattformer eigentlich nicht - ich weiß. Ich werde mir ja auch die Konsole kaufen, auf der die Kettensäge von Resi 5 rattert; selbst wenn sie von Tchibo kommt. Aber wir sind ja hier unter uns und wollen knallhart zwischen den Konsolen wählen, wie sie sich auf der E3 präsentiert haben. Also bitte konzentrieren, die Lage checken und in aller Ruhe abwägen.

Während ihr nachdenkt, denke ich mal mit. Schließlich haben wir alle dieselben Bilder, Trailer und Techniktabellen gesehen. Aber braucht man für eine Entscheidung tatsächlich die Prozessordaten, die Transistorenzahlen, die Polygonlisten? Entscheidet nicht schon der erste Auftritt über Sympathie und Apathie? Ihr wisst schon: Liebe auf den ersten Blick. Das Auge isst mit.

Es ist schon komisch. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass das Äußere der drei Konsolen ein Spiegel ihrer Seele ist. So stark das Innere abbildend, wie vielleicht zu keinem Konsolenkrieg bevor. Frei nach dem Motto: Sag mir, wie du aussiehst, und ich sag dir, wer du bist. Oder gerne sein willst. Habt ihr die Konsolen vor Augen?

Nehmen wir mal die Xbox 360. Sie ist der Microsoft'sche Versuch, endlich cool und asienfreundlich aufzutreten - was angesichts der schwachen japanischen Xbox-Verkaufszahlen verständlich ist. Sie hat jetzt ein frisches Äußeres, das man nach Geschmack modifizieren kann und eine neue Ausstrahlung, die zu ihren kommunikativen Chat-Features passt: hell, freundlich, attraktiv. Kein Vergleich mehr zum düsteren schwarzen Brotkasten. Die Xbox war noch ein klobiger erster, die 360 ist ein souveräner zweiter Schritt. Auf mich wirkt sie jedenfalls sympathischer als ihr Micro-Transactions-Manager.

Dann die PlayStation 3. Ich musste zunächst an einen Server denken. Auch an einen Mercedes. Sony protzt als Marktführer mit Macht, Technik und Unnahbarkeit. Die PS3 wirkt wie ein Hightech-Alien für luxuriöse Wohnzimmer der nächsten Generation. Da ist nichts Verspieltes, nichts Gewagtes im Design - klare Linien, kalter Glanz. Diese Konsole würde auch in der Empfangshalle der Deutschen Bank gut aussehen. Als würde Sony sagen wollen, dass man als Nummer 1 Experimente gar nicht nötig hat. Diese Konsole ist pure Dominanz, zeigt scheinbar keine Schwächen. Bis auf den seltsamen Controller. Der könnte entweder auf arrogante Selbstüberschätzung oder ein Schleudertrauma am Reißbrett deuten.

Schließlich der Revolution. Ich habe vor der E3 alle Daumen gedrückt. Und ich habe etwas Besonderes erwartet. Stattdessen gibt es etwas Kleines, etwas Schlichtes, etwas Schwarzes. Etwas, das ich auf meinem Schreibtisch entweder für eine verirrte Festplatte oder ein Modem halten würde - dank blauem Leuchtstreifen vielleicht für ein Star Wars-DSL-Modem. Was für einige elegant aussieht, wirkt auf mich einfallslos. Wo ist die Verspieltheit der Japaner? Wollte man zwanghaft weg vom Kiddie-Image? Wie kann man auf der größten Spielemesse der Welt nur einen Prototypen und nicht mal einen Controller vorstellen? Auch hier passt der Auftritt zur Seele: Nintendo verspricht eine Revolution, aber zeigt keine. Sie wollen den Hardware-Krieg nicht mitmachen. Es geht ihnen nicht um den Polygonvergleich, sondern den Spielspaßvergleich. Das ist lobenswert. Aber muss man sein kreatives Licht dann so unter den Scheffel stellen?

Genug spekuliert. Genug gelästert. Es wird ernst. Habt ihr euch entschieden? Laut unserer Umfrage dürften 58% von euch auf das sichere PS3-Pferd setzen. Eine gute Wahl. Die Xbox 360 liegt mit knapp 27% dahinter. Auch nicht schlecht. Könnten vielleicht sogar die Marktanteile Ende 2006 sein.

Welche Konsole würde ich nehmen, wenn ich mich jetzt entscheiden müsste? Ganz einfach: Den Revolution. Aus purem Trotz. Aus naiver Hoffnung. Aus blöder Beschützermentalität. Weil ich auch in Zukunft trotz aller Fehler und eitler Versprechungen Nintendos lieber einen Drei- als einen Zweikampf sehen will. 15% von euch leiden scheinbar mit. Mal sehen, wie viele es Ende der Woche noch sind...

Jörg Luibl
4P|Chefredakteur
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