Jörg Luibl
Deutsch, Denglisch oder Gamish?Eine Kolumne von Jörg Luibl, 20.04.2001
Nichts schmerzt den Liebhaber der deutschen Sprache, egal ob leidenschaftlicher Textchef, langweiliger Germanist oder schlechtbezahlter Lehrer, mehr, als die aktuellen englischsprachigen Auswüchse. Die Anglizismen gehen um und irgendwann, so fürchten fundamentalistische Sprachschützer, sprechen wir nicht mehr Deutsch, sondern "Denglisch". Aber nicht nur in der Wirtschaft und der Werbung breitet sich „Denglisch“ aus, auch die Spielebranche ist nicht davor gefeit und wird von einem besonderen Dialekt namens „Gamish“ überrollt. Eine Kostprobe:

„Die Sucker hatten den Bug gefixt, das Game upgedatet und dann habe ich mir den ganzen Stuff gedownloadet.“

Das grammatikalisch ohnehin absurde „gedownloadet“ drückt den zähen Ladevorgang bei weitem nicht so deutlich aus, wie das passendere „Saugen“ - auch wenn es einen oralen Beigeschmack hat. Hören wir uns den Sucker-Satz doch mal auf Deutsch an:

„Die Entwickler hatten den Fehler ausgemerzt, das Spiel aktualisiert und dann habe ich mir den ganzen Kram gesaugt.“

Geht doch, oder? Noch ein Versuch „Gamish“:

„Ich besitze einen High-End-PC für Powergamer mit Surround-System, Flat-Screen und ForceFeedback-Joystick“

Wie übersetzt man das? Das Ganze vielleicht mal, etwas derber, im Sinne konservativer Sprachschützer:

„Ich besitze einen geilen Rechenknecht für echte Zocker mit Brüllwürfel, Flimmerfrei-Kiste und Rüttelknüppel.“

Na ja, hört sich an als hätten die Gebrüder Grimm erst ordentlich gezecht und dann Nascar Racing gespielt. Sprache lässt sich eben nicht konservieren, sie verändert sich mit der Zeit und wird öfter aktualisiert als jedes Game. Und so wie bei Letzterem der Spielspaß entscheidet, ist es bei der Sprache eben die Verständlichkeit.

Ich würde mich daher vor fundamentalistischen Eindeutschungen, wie sie manche Sprachpäpste gerne hätten, hüten. Zugegeben: „Massively Multiplayer Online Roleplaying Game” ist ein schreckliches, englisches Wortmonster. Aber die radikale Übersetzung ist ebenso ungenießbar: „Massives-Mehrspieler-Im-Netz-Rollenspiel“. Ich denke, die gesunde Mischung aus Deutsch, unvermeidbarem Englisch und Verständlichkeit ist besser. Und deshalb sag ich „Online-Rollenspiel“.


Jörg Luibl
4P|Textchef



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