Jörg Luibl
"Play more" oder "Pay more?"Eine Kolumne von Jörg Luibl, 25.01.2002
“Play more” lautet der Slogan der gerade in Fahrt gekommenen Xbox-Werbekampagne. Es handelt sich dabei um die größte und teuerste Werbemaschinerie, die je für eine Konsole in Gang gesetzt wurde - europaweit in 16 Ländern bis zum Verkaufsstart am 14. März.

Die multimediale Flächenbombardierung kostet Microsoft bekanntlich mehrere hundert Millionen Euro. Aber nicht nur Microsoft lässt sich den Spielspaß was kosten, auch der Spieler -vor allem der europäische- wird ordentlich zur Kasse gebeten:

Hierzulande kostet das gute Stück rund 480 Euro - das sind satte 140 Euro mehr als in Übersee! Und das, obwohl die europäischen Xbox-Konsolen in Ungarn produziert werden, wo die Arbeitslöhne in die Kategorie Peanuts gehören. Leider wird diese unverschämte Preispolitik viele europäische Zocker unweigerlich an die Windows-Debatte erinnern - egal wie oft das Xbox-Logo die heimische Mattscheibe frequentiert.

Und wie groß ist der Spielspaßquotient bei der hohen Preislage? Nehmen wir Microsoft beim Wort, dann dürfen wir uns auf „die beeindruckendsten Spiele, die jemals entwickelt worden sind“ freuen. Sicher setzt die Xbox neue Grafikstandards im Videospielbereich, sicher wird es faszinierende Titel geben. Aber hier hat man den Marketing-Mund etwas zu voll genommen:

Denn was liest man da ungläubig staunend bei den amerikanischen Presse-Kollegen? Von den ersten 38 Xbox-Spielen tummelt sich etwa ein Viertel im mittelprächtigen Wertungsbereich von 70% oder weniger; richtig beeindrucken konnten bisher nur eine Handvoll Titel. Klar ist das qualitativ und quantitativ immer noch wesentlich besser als Segas Dreamcast- oder Sonys PS2-Startaufgebot. Aber die Spielepreise sind viel beeindruckender: satte 70 Euro werden die Titel wohl kosten. Europanormalzocker legt damit -mal wieder- etwa 15 Euro mehr auf die Ladentheke als sein amerikanischer Kollege. Und er wird rund 25 Euro mehr berappen müssen als für ein PC-Spiel - damit ist Microsoft über die Schmerzgrenze hinausgegangen.

Letztendlich stellt sich für die Spieler gar nicht die Frage nach „Play more“ oder „Pay more“. Daher sollte der Schlachtruf der PR-Generäle um eine kleine, aber inhaltlich korrekte orthografische Spitzfindigkeit ergänzt werden: „P(l)ay more!“ - denn Ihr bekommt beides im Kombipaket: Spielspaß und ne fette Rechnung!

Jörg Luibl
4P|Textchef
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