Aber hinter dem technisch brillanten Hochglanzprodukt versteckte sich etwas, das jeder Hit-Illusion den Todesstoß versetzt: Langeweile. Dungeon Siege wirkt nach einigen Spielstunden wie eine bessere Grafik-Demo, die mir eindrucksvoll zeigt, was heutzutage im 3D-Bereich möglich ist. Und das automatisierte Kampfsystem verbannt mich zum nahezu überflüssigen Zuschauer, der nur selten eingreifen muss - echte Kampftaktik sucht man vergebens. Die Faszination musste schnell der Ernüchterung weichen.
Vielleicht liegt Chris Taylor auch einfach das Fantasy-Genre nicht? Das Entscheidende ist nämlich, dass die Welt von Ehb nicht lebt. Gegen die Schmalspur-Story wirkt sogar Diablo wie ein packender Roman: Wo sind die Charaktere, die Konflikte, die spannenden Dialoge? Sicher, Dungeon Siege wollte kein zweites Baldur`s Gate sein. Aber selbst Spiele wie Rayman (Jump&Run!) oder Warrior Kings (Echtzeit-Strategie!) konnten erzählerisch mehr bieten. In einem sterileren SciFi-Szenario à la Space Siege wäre das vielleicht nicht so aufgefallen; Fantasy-Fans gieren jedoch nach einer guten Story wie die Motte nach Licht.
Auch Chris Taylor hätte eine packende Geschichte erzählen können, ja müssen! Wer dieses dramaturgische Grundelement nicht nutzt, braucht sich über fehlende Awards nicht wundern. Zwar wird sich jeder Hack`n Slay-Purist mit Wonne durch die Dungeons kämpfen, und sich an der hervorragenden Grafik- und Soundkulisse laben, aber ein spielerischer Meilenstein ist Dungeon Siege nicht.
Vielleicht klappt`s ja mit Total Annihilation 2.
Jörg Luibl
4P|Textchef
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