Kolumne

hundertprozent subjektiv

KW 05
Donnerstag, 01.02.2001

Wie konnte das passieren? Oder: Ruhe in Frieden.


Das letzte Wort ist gesprochen. Dreamcast wird nicht mehr produziert.
Dreamcast ist tot.
Mausetot.
Getötet von Spielern, die, anstatt innovativen Konzepten zu vertrauen, lieber den letzten Rotz auf anderen Konsolen spielen. Getötet von Enttäuschten, die keine Sicherheitskopien auf Dreamcast zum Laufen brachten. Getötet von großen, gehypeten Namen, die immer noch beweisen müssen, dass sie die Gunst der Spieler wert sind, während Perlen für Segas Traumkiste sich mit dem Staub des Vergessens plagen müssen.
Getötet von einer kleinen, grauen -neuerdings noch kleineren weißen- und mittlerweile fünf Jahre alten Konsole, die keine grafischen Standards mehr setzen kann.

Eingesargt und vergraben, gleich neben solchen Kultgeräten wie SNK´s NeoGeo und dem MB-Klassiker Vectrex oder solchen fundamentalen Flops wie Atari´s Jaguar, der ersten 64-Bit Konsole. Erschlagen von der Erblast der Familienmitglieder 32X, Mega-CD und Saturn, die gleich um die Ecke liegen.

Doch Dreamcast muss sich auch ein wenig mit Suizid-Gedanken getragen haben. U.a. hervorgerufen durch eine kostenpflichtige Helpline für z.B. Internet-Zugangsprobleme, die durch das analoge 33.6-Modem nicht kleiner wurden.
Und die „sechs Milliarden Spieler gleichzeitig“ haben auch aufeinander gewartet, vor allem, da nur knapp zweieinhalb Millionen von ihnen eine Dreamcast-Konsole ihr eigen nennen konnten. Und die zweieinhalb Millionen waren froh, wenn sie in Beben 3 zu viert gegeneinander spielen konnten...
Und auch die Vorstellung, die Bits und Bytes eines Spieles wie Ban-Gai-O -das eher eine Reminiszenz an den kleinen Bruder Mega-Drive darstellte, als sich der Dreamcast würdig zu erweisen- durch die Silizium-Adern pumpen zu müssen, war der psychischen Stabilität nicht zuträglich.

Doch auch, wenn Dreamcast schon seit einiger Zeit kaum mehr was zu sagen hatte, da sie durch Xbox und GameCube aus dem Rampenlicht geschoben wurde, schmerzt es doch, wenn, letztendlich sinnvollerweise, der Stecker des Beatmungsgerätes gezogen wurde.

Vorbei sind die Zeiten, in denen man mit Freunden endlose Soul Calibur-Gefechte austrug. Vorbei die Erinnerung an Siege und Niederlagen auf virtuellen Tennisplätzen, vorbei die Jagd nach Kudos, vorbei die Tanzstunden mit Ulala. Vorbei? Vielleicht. Vergessen? Auf keinen Fall. Denn zumindest für die nächsten 12-18 Monate schlägt das Software-Herz weiter. Vielleicht nicht ganz so laut. Aber die, die es hören wollen, vernehmen die stetigen Töne höchst aufmerksam und freuen sich über jedes Lebenszeichen.

Und eines dürfen wir nicht vergessen: In jedem Virtua Fighter, sei es nun für PS2 oder Xbox, in jedem Sonic für Game Boy Advance lebt das Dremcast-Vermächtnis weiter und lehrt die Zweifler und notorischen Sega-Hasser eines Besseren.

Dreamcast ist tot. Ruhe in Frieden.
And give ´em Hell.


Mathias Oertel
4P|CM Konsolen Games

 

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