Kolumne

hundertprozent subjektiv

KW 43
Dienstag, 22.10.2002

Kampf den kitschigen Spiele-Storys


So manche Lagerfeuergeschichte der Bronzezeit war wahrscheinlich spannender als der Story-Kitsch, den uns manche Spiele zumuten. Wie viele Schurken, Bösewichte und Wahnsinnige mussten schon als billige Motivation für stundenlanges Ballern, Leveln und Metzeln herhalten? Wie oft wurde das alte Lied von Gut gegen Böse beschworen?

Die Motive an sich sind gar nicht das Problem, denn sie füllen auch Tausende von Büchern und Kino-Sälen. Aber die dilettantische Umsetzung der Story ist teilweise haarsträubend. Meist bleibt es bei einem linearen Handlungsverlauf mit flachen Figuren, der die Spannung eines Wetterberichts verbreitet.

Wie würden Dramatiker wie Aischylos und Shakespeare, oder Schriftsteller wie E.A. Poe den Story-Gehalt aktueller Spiele bewerten? Vielleicht ähnlich wie Horror-Autor Clive Barker, der auf die Alternative „Bücher oder Spiele“ angesprochen bitterböse spottete, dass Spiele nichts als “the horrible bag of candy-colored garbage” seien - kunterbunter Müll quasi.

Das Vorzeigemedium für packende Geschichten ist und bleibt die Literatur, da hat Mr. Barker Recht; gefolgt vom Kino, das dem Erzählten noch Bilder spendiert. Zur Verteidigung der Entwickler muss man allerdings einwerfen, dass ein Spiel im Gegensatz zu Literatur und Kino aus drei wesentlichen Elementen besteht - Bilder, Interaktion und Story. Nur sind die drei Faktoren bisher ungleich entwickelt:

Im Grafikbereich ist man schon fast lebensnah. Eine glaubwürdige Interaktion dürfte aufgrund der schwachen KI noch Jahre zu wünschen übrig lassen. Und die meisten Erzählungen sind nicht mehr als ein Brei aus zusammengesetzten Klischees - innovationslose und abgedroschene Collagen.

Dabei wurden die einfachen Grundelemente spannender Erzählungen schon im 5. Jh. v. Chr. in den griechischen Tragödien erfolgreich angewandt: Einleitung, Wendepunkt, Finale. Eine gute Story braucht handelnde, lebensnahe und originelle Figuren sowie unerwartete Ereignisse und Wendungen. Ich will etwas Außergewöhnliches, etwas nicht Alltägliches erleben - ein Abenteuer eben. Dabei verzichte ich auch gerne auf Spielzeit, wenn in der Kürze mehr Würze steckt.

Gerade Video- und Computerspiele sollten öfter und selbstbewusster mit der Erzählperspektive spielen. Gute Ansätze gab es kürzlich in Mafia (PC), wo die Ich-Perspektive für einen gespielten Rückblick genutzt wurde. Und richtig kreativ geht`s in Eternal Darkness (GC) zu, wo sowohl Figur als auch Spieler bewusst mit Verfremdungen und Verstörungen konfrontiert werden, um Angst zu verbreiten. Löbliche Ausnahmen findet man außerdem fast durch die Bank bei japanischen Entwicklern, die schon längst auf professionelle Autoren setzen: man denke an Metal Gear Solid 2 (PS2) oder Silent Hill 2 (PS2).

Die Spielewelt hat in Sachen Umsatz schon längst Hollywood überrundet. Es ist vielleicht an der Zeit, dass gelernte Regisseure oder Dramaturgen ebenso selbstverständlich an der Entwicklung eines Spiels beteiligt werden wie Programmierer und Grafiker.

Jörg Luibl
4P|Textchef

 

Kommentare

johndoe-freename-2289 schrieb am
hmmm...schön wärs gewesen, wenn DMC ne bessere story einbindung gehabt hätte.... :roll:
Janiero schrieb am
Solange ich immer so geniale Storys wie in den meisten Japanischen RPG's zu sehen bekomme bin ich zufrieden :wink:
Slamraptor schrieb am
Leute und das is der Grund, warum ich mich Final Fantasy verschworen hab. Obwohl ich sagen muss Dreamweb kenne ich auch noch! Einfach ein geniales Machwerk aber derb schwer. FF ist wohl einer der letzteten Vorreiter der genialen Story's klar isn RPG aber auch nicht RPG's haben immer gute Story's! Man siehe halt Dungeon Siege und Diablo. Soweit man diese Spiele als RPG's bezeichnen kann. Ich denke die Entwickler sollten sich mal Gedanken machen. Wenn manche Spielefirmen Autoren für Story's haben, sie selbst aber sich irgend eine Laienstory ausdenken und das in ihre atemberaubende Grafik einpacken.... Dazu sag ich nur behaltet doch eure Games, dass Problem daran ist nur das so etwas zu Millionen verkauft wird. Schön und gut, aber das sind keine Spiele sondern bessere Grafikdemos. Der Tiefgang von Diablo ist etwa so stark, wie eine Partie Minesweeper. Das ist wirklich eine Frechheit. Aber immerhin hat Blizzard versucht, zu retten was zu retten ist, mit den guten FMVs. Aber das allein hilft nicht.
In diesem Sinne FF 4 Ever und SquareEnix 4 Life :)
So Long
Rap
4P|Bodo schrieb am
in Rollenspielen nämlich, die zum größten Teil von einer fesselnden Story leben, ist die oft nur fragmentarisch vorhanden. Man denke nur an die Action-RPGs Dungeon Siege oder Diablo, die gleich ohne Geschichte daher kommen. Andere haben eine Story, die aber kaum den Namen verdient hat. Nach dem Motto: Bitterbösester aller Magier bedroht die friedliche Fantasy-Welt mit mächtigstem aller Artefakte, strahlendster aller Helden wird geschickt, um Unhold im tiefsten aller Dungeons zu besiegen. Also so ne Story fiele mir dann auch noch ein. :lol:
Aber es gibt auch andere Beispiele wie Baldur\\\'s Gate 2 oder Morrowind, in der es neben der Haupthandlung viele Nebenstränge gibt, die sich aber alle sehen lassen können.
Auf jeden Fall geb ich Euich recht: In punkto Story besteht (meistens) Nachholbedarf. Dass es nicht einfach ist, eine Handlung zu entwerfen, in der man sich verlieren kann, dürfte eh klar sein. Trotzdem sollten die Entwickler es wenigstens versuchen...;-)
In diesem Sinne,
4P|Bodo
johndoe-freename-2289 schrieb am
aber es sollte zumindest INTERESSANT sein und das ist bei 90% der spielen heutzutage nicht mehr der fall, gerade bei ego-shootern oder rts-games ist das alles nur beiwerk. da kann man doch noch soviel rausholen, siehe damals StarCraft.
ein positives beispiel will ich noch erwähnen.....DREAMWEB von empire, was so einen derben schluß hatte, das ich mich auch heute noch an das game erinnere. :wink:
schrieb am