Kolumne

hundertprozent subjektiv

KW 51
Dienstag, 14.12.2004

Handhelds? Ja bitte!


Es war so Mitte 1990, als mir meine Eltern nach ewigem Flehen, Betteln, Bambi-Augen sowie dem freiwilligen Verzicht auf einen Monat weiteren Nervens meinerseits endlich einen Gameboy spendierten. Es kommt mir schon irgendwie ewig her vor, dass ich mit meinem damaligen besten Kumpel Mario im Park saß, um die Wette »Gargoyles Quest« durchzockte, nach der perfekten Möglichkeit suchte, »Level 9 High 5« in Tetris quasi blind zu schaffen oder stundenlang über Strategien für »Kwirk« nachdachte. Nun, zu Mario habe ich jetzt schon seit ewiger Zeit keinen Kontakt mehr, aber die Sucht nach dem Handheld ist immer noch vorhanden: Im Laufe der Zeit gingen auch SEGAs Game Gear und Ataris Lynx durch meine Hände, mittlerweile bin ich beim GBA SP kleben geblieben – und möchte das kleine Teil nie mehr missen. Wieso?

1.) Es gibt keine bessere Möglichkeit, seine verzockten Jugenderinnerungen wiederzubeleben. Alleine für die Möglichkeit, jederzeit Super Mario World oder Tetris spielen zu können, lasse ich jedes 3D-Jump-n-Run, und sei es auch noch so gut, links liegen. Ich für meinen Teil wünschte mir noch viel mehr Umsetzungen klassischer Games, so wie es Blizzard kürzlich mit seiner »Classic Arcade«-Reihe getan hat – Spiele wie World of Illusion, die Streets of Rage-Reihe, Flashback oder Thunderforce 4 sollten sich eigentlich flink portieren lassen. Dazu noch ein guter Midprice und ich zücke ohne groß nachzudenken mein Portemonnaie! Wenn schon Ausflug in die Vergangenheit, dann aber richtig und von A bis Z!

2.) Die Beweglichkeit: Lange Autofahrt in den Urlaub, vier Sitzplätze, die Frauen vorn, ich und mein So-gut-wie-Schwager hinten. GBAs raus, Link-Kabel gezückt, Module ans Licht! Schwupps waren auf einmal vier Stunden weg, gefüllt mit Final Fight One, Rayman 3, Sonic Pinball Party und Micro Machines. Kein Technik-Gefummel, keine Registrierung, keine zusätzlichen Kosten – es geht einfach los! Und gibt es eine bessere Möglichkeit, eine langweilige U-Bahn-Fahrt zu überbrücken, als den einen oder anderen Levelaufstieg in Mario&Luigi Superstar Saga zu meistern?

3.) Die Unabhängigkeit vom Fernseher: Abends beginnen die üblich verdächtigen Kämpfe: Die Verlobte begehrt nach den traditionellen Gehirnschmelz-Serien, als Mann von Welt und Kavalier hat man natürlich keine Wahl, als zähneknirschend nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten zu forschen. Auch hier bietet der Handheld wieder nicht zu leugnende Vorteile: Während bei der Konsolen-Fraktion just in diesem Augenblick der heimatliche Frieden an der »GZSZ vs. GTA San Andreas«-Frage zu bröckeln beginnt, verbringe ich eine sorgenfreie halbe Stunde in GTA Advance und freue mich des Lebens.

4.) Nicht zu unterschätzen: der Preis! Den GBA SP gibt es mit Game mittlerweile für 'nen Hunni, die Module kosten im Schnitt zwischen 20 und 40 Euro – Ausnahmen bestätigen die Regel. Im Vergleich zu 50-Euro-aufwärts-Konsolen-Brieftschensprengern klar Hartz IV-freundlicher!

Ein Handheld ist wie ein Handy mit MP3-Player, Outlook-kompatiblem Organizer, Megapixel-Kamera und Java-Games: Man braucht es eigentlich nicht, aber es ist super, wenn man es hat. Die schiere Masse an Spielen mit einer fantastischen Auswahl hat für jeden Geschmack etwas zu bieten. Ich bin noch einigermaßen jung, von daher habe ich auch keine Rückenprobleme bei längeren Metroid Fusion-Sitzungen zu befürchten, die Hintergrundbeleuchtung des GBA SP treibt meine Dioptrien-Stärke nicht in den Keller (zugegebenermaßen war das Display des ersten GBA hart an der Schmerzgrenze), das Halten des kleinen Klappdings finde ich wesentlich bequemer als z.B. das des klobigen Xbox-Pads. Wie so oft kann und wird man hier getrennter Meinung sein. Aber einen unschätzbaren Vorteil haben Handhelds doch: Bislang ist noch keiner der selbsternannten Jugendschützer auf die Idee gekommen, ein GBA-Spiel als verrohend und gefährdend ans Kreuz zu nageln. Ha, iss dies, Jörg!

Paul Kautz
4P|Smul

P.S. Ihr seid anderer Meinung? Dann seid ihr bei Jörgs Kolumne besser aufgehoben!


 

Kommentare

Erdbeerfett schrieb am
Für sowas hab ich aber doch mein Handy... Da spiele ich mittlerweile auch nur noch NES, MegaDrive und Gameboy/Color mit :) Oh.. da kommt ein Anruf... Mist! Muss das Spiel unterbrechen :/
Und ich kann auch jederzeit Speichern, Laden,Pausieren, Soundkanäle einstellen, Tasten umbelegen, Geschwindigkeit verändern und und und....
Roal schrieb am
Ähmm wo bitte soll man den des DS mitnehemen ?
Im Zug sorry aber da sitz ich im Bistro ;)
Im Auto ? Da trink ich das Bistro getränk aus der Flasche ;)
Und in der Urlaub mitnehmen fällt sowieso aus, für das DS muss ich nicht in dem Urlaub fahren.
Aber ich bin ja ein aufgeschlossener Mensch und deshalb kauft es euch ruhig :)
Jörg Luibl schrieb am
Morgen gibt`s wieder Old Man`s Rapier!;)
Jörg Luibl schrieb am
Roal hat geschrieben:anstatt mir für 100? so ein Fingerbrecher zu kaufen und auch nix neues bekomme.
Jawoll, Roal! Fingerbrecher gefällt mir gut. "Handheld" ist ohnehin ein elender Anglizismus, der nach sterilem Händchen halten oder einer WC-Ablage für Rasierer klingt. Da könnte man ja gleich noch einen Schuss Sexismus drübergießen und die euphorischen Nutzer als Handjob-Gamer bezeichnen! Aber das tun wir nicht. Sowas macht Paul nicht. Pfui. Zurück zum Fingerbrecher-Gerät: Wie wär`s mit Gelenkverzwirbler, Handvergichter, Knöchelknirscher, Augenbrenner, Krampfbringer?
schrieb am