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hundertprozent subjektiv

KW 45
Donnerstag, 10.11.2016

Der Pro Kontra geben: Über das Glück der PS4-Besitzer


Die Glücksforscher der Welt, allen voran der Nobelpreisträger Angus Deaton, sind sich im Groben einig, dass Reichtum in den industrialisierten Ländern glücklich macht. Laut neuerer Studien steigt das Glücksempfinden mit üppigerem Einkommen und flacht ab einem bestimmten Gehalt ab - in Deatons Studie wird die viel propagierte 75.000 Dollar-Grenze als Maximum angegeben. Warum steigt es danach nicht weiter an? Ich will hier nicht in die Tiefe gehen, aber man betritt  unter Umständen gesellschaftlich eine andere Ebene und ist dann womöglich mit einem 100.000-Dollar-Einkommen einer der Ärmeren unter vielen Reichen. Überspitzt gesagt ist man wieder am unteren Ende der Glücksspirale angelangt, fährt der Nachbar doch einen Porsche 918 Spyder. Man selber fährt ja selber nur den Cayenne. Und ihr fragt euch: Was hat das mit der Spielewelt zu tun?

Weil mit der Playstation 4 Pro eine Interimskonsole in den Markt drängt, die nicht nur bei dem Kollegen Michael Ängste schürt und das Glück der PS4-Besitzer scheinbar schmälert. Nehmen wir einmal an, es gäbe ein Paralleluniversum, in dem keine PS4 Pro (oder Project Scorpio) angekündigt wurde. In diesem Universum wird dann im nächsten Jahr ebenfalls ein Red Dead Redemption 2 veröffentlicht, das grafisch zu den besten Spielen zählt. Nichts anderes kann man von Rockstar erwarten. Alle PS4-Besitzer freuen sich ein Ei ab. Zurück zu unserer Welt: Hier sorgt komischer Weise die exakt gleiche Version für Unmut und Unwohlsein. Es wird geschimpft: „Leichtes Kantenflimmern, schwache Texturen, matschige Schatten!!! Wie konnte man nur Red Dead Redemption 2 für die Pro optimieren, auf der man statt 30 mit 60 FPS reiten kann. Und dann allen anderen PS4-Besitzern so etwas vorsetzen!“ Davon einmal abgesehen, dass bestimmte PC-Spiele schon längst den Konsolenstandard verlassen haben. Aber das ist ja eine andere Nachbarschaft, also nicht mein Problem.

Nein, die PS4 Pro ist (noch) nicht schuld. Sie wird von mir auch weder verteufelt noch glorifiziert. Ich nehme sie zur Kenntnis. Mehr nicht. Zumal ich doch stark anzweifle, dass die Pro-Kundschaft in einem Jahr die 10-Prozent-Marke aller PS4-Besitzer übersteigen wird. Und dass die Entwickler ganz bestimmt nicht die 90 Prozent des Kuchens komplett ignorieren werden, dürfte einleuchten. Natürlich ist die Angst nicht unbegründet: Da wurden zu Umbruchzeiten PS3-Besitzer hin und wieder recht billig abgespeist. Aber habt ihr irgendwo eine PS4-Pro-Werbung gesehen? Im TV-Programm? An digitalen Litfaßsäulen?  Hier kommt keine neue Konsole. Hier kommt lediglich ein Premium-Paket. Und nein, der jetzige Unmut ist doch nur ein Resultat von bislang unbegründeten Ängsten, die alle auf die gleiche Region im Hirn abzielen: Die des Technik-Neids. Ein neues Gefühl für Konsoleros, ein altbekanntes für PCler.

Während sonst in regelmäßigen Abständen ein Konsolenwechsel auch einen Standardwechsel einläutete, wird jetzt einfach eine neue Gehaltsgrenze eingeführt. Der eine fährt Cayenne, der andere den Spyder. Denn es wird sie bald geben: Jene, die im direkten sozialen Umfeld ihre Anschaffung mit Worten füllen werden, um den Kauf zu rechtfertigen: „Klar, sieht das viel geiler aus!“  Ob man für die Minimalsteigerung wirklich über 1500 Euro (4K-Fernseher mit Minimal-Lag und PS4 Pro) hinlegen muss, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Denn es gab sie eigentlich schon, diese Zweiklassengesellschaft: „Das Spiel sieht doch auf PS4 um Längen besser aus. Pffft. Xbox One. 900p und skaliert das dann hoch. Lächerlich!“ Wer aber Testpersonen an zwei identischen Fernsehern nach der korrekten Version fragen würde, steht vor Gesichtern mit Fragezeichen. Und auch bei dem neuen Kampf geht es vielmehr um den gefühlten Unterschied, als um echte Leistungssteigerung. Das jetzige Prinzip mit PS4 und 45-Zoll mit 1080p-Auflösung wird zumindest bei gleicher TV-Größe dem 4K-Pendant mit  PS4 Pro kaum weit hinterherhinken. Okay, es wird flüssiger auf der Pro laufen. Das stimmt. Vor allen Dingen wird es besser flutschen, wenn man gerade keinen 4K-Fernseher angeschlossen hat. Aber was ändert das an dem Status Quo? Man wird in den nächsten zwei Jahren als PS4-Besitzer nicht weiter eingeschränkt sein, als es in dem genannten Paralleluniversum der Fall sein wird. Nichts wird verloren. Nichts wird sich ändern, außer dem persönlichen Empfinden die zweite Geige spielen zu müssen, die hinter der identischen PC- und Pro-Version steht.

Ist das jetzt ein Fehler von Sony? Oder passiert das nur in unseren Köpfen? Denn wer sich sagen kann: Ich hab keinen 4K-Fernseher und ich brauche momentan auch keinen, also brauche ich auch keine PS4 Pro und ich bin hochzufrieden mit dem, was ich habe. Nun, der wird weiterhin glücklich bleiben. Ich werde mir erst die PS4 Pro2 kaufen (oder die PS5 oder wie immer sie auch heißen mag). Denn dann wird unweigerlich der Punkt erreicht sein, an dem Spiele veröffentlicht werden, die nicht mehr auf der PS4 laufen. Aber das wäre auch ohne PS4 Pro so. Und ich hab auch nicht im Geringsten eine gegensätzliche Meinung zu den Äußerungen von Michael. Ich hab nur eine optimistischere Version der Zukunft. Man hat am 7. September in New York versichert, dass man die Community nicht spalten will. Und ich glaube daran. Sony hat die Macht zu sagen: Keine Online-Partie darf auf der Pro mit einer höheren Framerate laufen als auf der PS4. Sollte das schon im nächsten Jahr der Fall sein, wird meine Sanftmütigkeit sich in leichten Zorn wandeln! Denn das spaltet so ziemlich jeden Multiplayer-Shooter. Aber ich glaube daran, dass die Führungsebene sich dieser Verantwortung bewusst ist. Und als Solist kann ich sagen: Mich interessieren bessere Texturen nur noch marginal. Das war nicht immer so. Zu PC-Zeiten war ich eine regelrechte Grafikhure. Aber damals waren die Sprünge auch enorm. Und wenn der jetzige Standard etwas weiter ausgereizt wird, dann reicht mir das.

Und das Totschlagargument, dass man die Pro in Hinsicht auf PSVR produzieren würde, ist etwas zu simpel gedacht. Microsoft steht auch ohne VR-Brille in den Startlöchern. Nein, PS4 Pro verlässt leider wegen PSVR zu früh die Fließbänder. Das Prinzip der schrittweisen Verbesserung der Konsolen liegt seit dem Zeitpunkt in den Schubladen, als man sich für eine x86-Architektur entschieden hat. Zu groß war das Gemaule der Third-Party-Hersteller, die sich mit dem Cell-Prozessor herumplagen mussten. Denn die Publisher profitieren enorm von dieser Entwicklung. Spiele lassen sich zukünftig noch einfacher auf allen drei Plattformen veröffentlichen. Mit der PS4 Pro wird lediglich der alte Konsolenzyklus zu Grabe getragen und durch schnellere Updates ersetzt. Macht euch das jetzt unglücklich? Sehe ich da eine Träne, die den romantischen Zeiten nachtrauert?  Nun, das ist dann euer persönliches Problem, wenn ihr den ständigen Blick auf des Nachbars Garten nicht ertragen könnt. Ihr werdet also gezwungen irgendwann die Pro zu kaufen? Lächerlich! Das wisst ihr selber. Ihr zwingt euch selber. Wie gesagt: In den nächsten Jahren werdet ihr die exakt gleichen Spiele bekommen, die im Paralleluniversum verkauft werden. Alles in deinem Kopf. Und ich verrate euch noch was: Das ist sowieso bald vorbei. Denn spätestens die PS6 wird ein Icon auf eurem Smart-TV sein, die ihr in aller Welt per Login-Daten anschmeißt. Denn Rechenleistung nur dann zu nutzen, wenn man spielen will, ist viel zu lukrativ, als dass man dieses Cloud-System nicht einführen wird. Lediglich die fehlende Infrastruktur in den meisten Ländern (allen voran in Deutschland) verhindert die Einführung. Und wenn alle nur noch Accounts statt Konsolen haben, dann sind doch alle wieder auf par und wir können wieder gemeinsam glücklich sein.


Dieter Schmidt

Redakteur
 

 

Kommentare

CritsJumper schrieb am
Stimmt. PC-Vorführgeräte sieht man wirklich selten. Aber oft kann man es in Internet Cafes anspielen.
Mittlerweile hast du mich aber soweit das diese Nostalgie wirklich Pluspunkte bei mir einfährt/eingefahren hat. Durch die Digitalspiele fehlt mir ja leider zu oft schon eine Verpackung/Anleitung. Aber wo du jetzt den Konsolen-Jingle meintest, ich finde es schade das die PS4 da einen hat oder ich hab den ausgeschaltet.
Fand es toll zu hören das die Switch so klickt wenn man die Joycons dran anschließt. Vor allem diese Mischung aus Joystick und Controller. Da da die Jahre vorher niemand drauf gekommen ist, ist schon irgendwie schade.
Chibiterasu schrieb am
ChrisJumper hat geschrieben: ?01.03.2017 17:26 Das die Geräte an Profil verlieren stimmt, aber es sollen ja eigentlich die Spiele im Mittelpunkt stehen und was man damit erlebt. Diese kann man dann mitnehmen wenn man an ihnen hängt.
Es ist schon richtig aber sag das mal den Sammlern, Nostalgikern, Retrofans usw.
All die System-Toplisten, die Hardware Features, der wohlige Schauer beim Boot-Jingle der Playstation oder des Gamecubes usw.
Das macht emotional viel aus.
Siehe auch den Erfolg von einem NES Classic Mini.
Sammler kaufen jeden Schrott, weil er für Plattform xy erscheint, nur um die zu komplettieren usw.
Aber da ändert sich seit den eShops und Co. eh schon viel.
Generell ist dieser Anteil an der Spielerschaft wohl eh vernachlässigbar aber ich persönlich finde das einfach ein wenig schade.
Man merkt das immer beim PC, wie wenig Wissen und Emotionen da von Seiten vieler Tester, Youtuber etc. dafür da ist, weil das halt so ne undefinierte Masse an Games ist, für die keiner extra ne Präsentation auf der E3 macht, die kein Hersteller pusht oder in Elektromärkten auf Vorführgeräten ausstellt.
Ok, ich rede schon wirres Zeug.
Für mich ist das einfach ne leicht sentimentale Angelegenheit, dieses Hardware-Generationendenken.
CritsJumper schrieb am
Ich denke je nach PS4 Fernseher Kombination hat der an Technik uninteressierte Spieler beim Wechsel der PS4 zur Pro, halt genauso viel an Mehrwert als wenn man beim Fernseher von einem älteren Modell auf ein neues wechselt. Im Grunde ist das nur eine Technik-Diskussion denn wenn die Spiele es richtig machen, freut man sich so sehr am Spiel und ist da so vertieft das man nicht direkt über die Technik nachdenkt. (The Order 1886, Until Dawn).
Die schauen Natürlich toll aus, sind technische Meisterleistungen, aber den Kompromiss sieht man an der für dieses Modell Spiel eingegangen werden musste.
Jedes Update für die Pro, bleibt dir aber als Kunde erhalten wenn du irgendwann zur nächsten Generation aufsteigst. Dann bekommst du ja mit dem selben Datenträger auch den "Verbesserungspatch". Die Idee hatte Nintendo ja bei den Handhelds mehrmals sogar umgesetzt (Game Boy nach Game Boy Color).
Bei der Switch würde ich mir da sogar noch weniger Sorgen machen als bei einer Stand-Alone Heimkonsole. Denn ich bin mir sicher das die Switch verschleißt. Wobei das auch gut ist das man die Joycons austauschen kann!
Wie auch zuvor kann man die alte Konsole Günstig verkaufen, oder verschenken. Es gibt doch immer jemanden der sich darüber freut.
Das die Geräte an Profil verlieren stimmt, aber es sollen ja eigentlich die Spiele im Mittelpunkt stehen und was man damit erlebt. Diese kann man dann mitnehmen wenn man an ihnen hängt.
Doch erst mal schauen wie sich das in Zukunft abzeichnet, ich befürchte die Remake-Branche will unbedingt mehr Wachstum durch Software-Updates.
Chibiterasu schrieb am
Ich greife natürlich lieber zur Pro aber ich denke doch, dass mich diese noch mehr nerven würde wenn ich ne normale bereits hätte.
Über all dann zu lesen "auf Pro keine Framerateeinbrüche", "auf Pro mehr Details", "auf Pro schönere Image Quality" usw. würde mir dann doch auf den Geist gehen.
Glaube ich halt. Vielleicht auch nicht.
Der PC Vergleich ergibt zwar Sinn, passt mir trotzdem nicht ganz, weil der PC eben schon immer den eigenen Bedürfnissen angepasst werden konnte (und die gehen bei einigen dann doch weit über's Gaming hinaus). Ne Konsole ist halt ein All-in-One Gerät zum Zocken und mehr nicht.
Mich zwingt natürlich niemand zur Pro. Und auch niemand zum Smartphone-Upgrade.
Aber viele machen das halt mit und das hat dann eben nicht nur positive Seiten, imho.
Losgelöst von allem freu ich mich eh sehr auf eine Pro Anschaffung. Und wer weiß, vielleicht kauf ich in 3 Jahren auch ein Switch-Upgrade mit begeisterung.
Ich bin mir einfach nicht sicher ob dieses Aufweichen der Generationsgrenzen dem Kunden wirklich so viel bringt.
Und außerdem verlieren die einzelnen Geräte dann irgendwie an Profil, wenn das alles so ineinanderfließt.
CritsJumper schrieb am
Chibiterasu hat geschrieben: ?25.02.2017 10:58 Aber dass die Lebenszeit von Geräten dadurch weiter verkürzt wird (wie schon längst üblich bei Handys), schmeckt mir nicht - aus Kosten und Umweltgründen.
Und die Tatsache, dass das Marketing da jetzt ordentlich "tricksen" kann (Trailer immer in bestmöglicher Qualität, die so nicht mehr bei den Basis-PS4 Peasants ankommen wird) ohne dass es als Tricksen bezeichnet werden kann, ist halt einfach auch nicht schön.
Na ja. Wer "zwingt" dich denn ein Smartphone zu kaufen oder zu besitzen? Das einzige Problem was ich da ernsthaft sehe ist das bei dem Smartphone Markt irgendwann keine Updates mehr kommen.
Bei den Trailern ist das ärgerlich, aber auch dafür gibt es ja Tests zum aktuellen Status. Letztlich ist die Situation doch genau wie am PC mit der Grafikkarte. Will man etwas mehr, braucht man eine neu. Ansonsten kann man auch mit der alten vorlieb nehmen. Es liegt absolut nur an dem was man persönlich möchte. Nicht direkt an dem Angebot.
Denn von der Angebotseite war und ist es immer schon nur eine Frage des Preises gewesen. Doch hier jammert auch niemand über Spaltung der Community wenn AMD oder NVIDIA neue GPUs auf den Markt wirft.
Ohne Pro würdest du wahrscheinlich zur PS4 Slime greifen oder? Gut dann hättest du 250 Euro gespart, aber es ist doch besonders Langfristig so das du dann wahrscheinlich noch schneller unzufrieden mit der Geräteklasse gewesen wärst. So hast du selbst in der Mitte der Generation noch mal 3 bis 5 Jahre ruhe, statt vielleicht nur maximal 3, bis die PS5 kommen würde und einen klaren Schnitt fordert.
Aber hier muss man ja auch abwarten ob sich alte Spiele wirklich auf die neue Generation mitnehmen lassen. Generell ist ein mal (optional zwei mal) 400 Euro doch besser, als direkt ein Einführungspreis von 800 Euro?
Bin gespannt was die Scorpion macht. Vermute sie kostet so 500 bis 800 Euro, hat dann aber ganz bestimmt das Problem das sie einfach zu teuer ist und die meisten eben nicht diese Konsole...
schrieb am