Marcel Kleffmann
Der absehbare Immortal-ShitstormEin Kommentar von Marcel Kleffmann, 05.11.2018
Am vergangenen Wochenende fand zum zwölften Mal die BlizzCon statt, die Hausmesse von Blizzard Entertainment, bei der Neuheiten präsentiert und der direkte Kontakt mit den Fans im Vordergrund stehen soll. Nach einem ruhigen Start der Eröffnungszeremonie mit ein bisschen Selbstbeweihräucherung, obligatorischem Fandank, heroischer eSport-Preisung und dem Abtritt von Michael Morhaime als Präsident von Blizzard sowie der Übergabe des Staffelstabs an J. Allen Brack, wurde gleich StarCraft 2 von der Tagesordnung abgehakt. Nein, es sind derzeit keine neuen Inhalte für Solo-Spieler geplant, obwohl die Entwickler praktisch immer mit dieser Frage von den Fans bombardiert werden. Zumindest gibt es einen neuen Co-Op-Kommandanten für den spaßigen Multiplayer-Modus. Allerdings würde ich jeden Co-Op-Kommandanten sofort gegen ein Story-Mission-Pack eintauschen und da bin ich sicherlich nicht der Einzige …

Weiter ging es mit Heroes of the Storm sowie World of WarCraft und hier machte Blizzard weiter, aufwändige Zwischensequenzen zur Story-Fortführung zu zeigen, anstatt die Geschichte irgendwie gescheit im Spiel zu erzählen. Zumindest John Hight (Executive Producer) versuchte mit Schlachtrufen wie "Für die Horde" und "Für die Allianz" für etwas Stimmung zu sorgen, aber kein Vergleich zu der Präsenz und der Stimmung, die einst Chris Metzen erzeugte. Außerdem hätten die Entwickler die Chance nutzen können, um zu erklären, wie sie die Design-Macken (z. B. Azeritrüstung) in Battle for Azeroth aus der Welt schaffen wollen. Weiter ging es mit technischen Problemen bei Hearthstone und Jeff Kaplan, der trotz Minimalankündigung (nur eine neue Heldin) seine Sache gut machte.

Nun kam die erste "große" Ankündigung, und zwar das Remake von WarCraft 3, das eigentlich keine große Überraschung war, da der Klassiker in den letzten Monaten mit Patches und Updates versorgt wurde, was klar auf ein Remake hindeutete. Da aber fast alle Augen auf mögliche Diablo-Ankündigungen gerichtet waren, weil Blizzard diese im Vorfeld proklamiert und dann vorsichthalber wieder abgeschwächt hatte, war WarCraft 3: Reforged immerhin eine Mini-Überraschung, wenngleich es kein neues Spiel ist, sondern nur eine überarbeitete Version eines der besten Echtzeit-Strategiespiele aller Zeiten. Auch die BlizzCon-Besucher waren durchaus angetan von dieser Ankündigung.

Dann wurde (wie erwartet) die nächste Erweiterung für Hearthstone vorgestellt, bevor Blizzard die Bombe platzen ließ und Diablo Immortal ankündigte - einen Mobile-Ableger des Action-Rollenspiels für Android und iOS. In der Blizzcon-Halle wurde es sehr schnell, sehr leise. Stille. Manchmal hätte man eine Stecknadel fallen lassen können und man hätte es im Livestream hören können. Wyatt Chang (Principle Designer, Diablo), der die Ankündigung auf der großen Bühne verkündete, konnte einem fast leidtun, denn die Stimmung in der Halle kippte sehr schnell und wich purer Enttäuschung; im Internet tobte derweil ein Shitstorm. Chang verlor sogar mehrfach den Faden während der Präsentation und musste sich in einer späteren Fragestunden sogar die Frage gefallen lassen, ob das ein verspäteter Aprilscherz sei, bevor es dann Buhrufe gab, als angekündigt wurde, dass keine PC-Umsetzung geplant sei … und das als krönendes Highlight der Eröffnungszeremonie.

Aus Marketing-technischer Sicht mag die Entwicklung einer Diablo-Version für Android und iOS der heilige Gral des Umsatzes sein, vor allem wenn man NetEase China (bekannt für aggressive Monetarisierungsstrategien) im Boot hat, weil die Zielgruppe gigantisch größer ist und viel mehr Menschen mit der Marke Diablo in Verbindung kommen werden. Ob das Spiel selbst jetzt gut oder schlecht ist, sei erstmal dahingehstellt, auch wenn das Spieltempo in den gezeigten Videos tendenziell eher langsam aussah. Doch für die Hausmesse war diese Ankündigung der falsche Ort und Blizzard hätte es besser wissen müssen, da schon Allen Adham (Mitbegründer von Blizzard) meinte, dass die Konsolen-Ankündigung von Diablo 3 und die Hearthstone-Umsetzung für Android und iOS auf eher wenig Gegenliebe bei den Blizzcon-Besuchern stießen.

Blizzard ist mit seinen Spielen auf PC groß geworden - gerade World of WarCraft sorgte für massiven Zulauf - und von dieser Plattformen stammen die meisten Hardcore-Fans, die dann als Highlight ein Mobile-Spiel präsentiert bekamen. Für die Messebesucher, die oftmals langjährige Fans sind, schon an mehreren BlizzCons teilnahmen und weit über 100 Euro für Tickets und Co. zahlen, war diese Ankündigung ein Schlag ins Gesicht - vor allem nachdem sie mit vermeintlichen Diablo-Erwartungen gelockt wurden. Die Ablehnung selbst bei den Hardcore-Fans und den folgenden Shitstorm hätte man bei Blizzard aufgrund der eigenen Erfahrungen und Kompetenzen einfach kommen sehen müssen. Zumal sie nach Diablo Immortal nichts mehr zu zeigen hatten. Sie hätten ja zumindest sagen können, dass sie noch andere diabolische Projekte in Entwicklung haben, denn dass irgendwann Diablo 4 kommen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Warum haben sie es nicht einfach wie Bethesda gemacht? Der Publisher von Fallout, Wolfenstein und Co. hatte bei der E3 2018 auch einen Mobile-Ableger von The Elder Scolls gezeigt, der ebenfalls eher Zurückhaltung als Begeisterung auslöste, aber immerhin sagten sie danach, dass The Elder Scrolls 6 definitiv erscheinen wird - für welche Plattformen oder Streaming-Dienste auch immer. Aber sie wussten, wie ihre Community und ihre Fans auf die Mobile-Ankündigung reagieren würden und stellten sie mit eindeutigen Zukunftsaussagen zufrieden. Bethesda-Fans wissen, dass etwas kommt, worauf sie sich freuen können und dass sie nicht vergessen werden. Diese Chance hat Blizzard Entertainment vertan und hat nun eine Blizzcon abgeliefert, die noch lange im Gedächtnis sein wird. Aber nicht weil sie besonders gut war oder es wichtige Ankündigungen gab, sondern weil sie ihre Community und gerade ihre treusten Fans vor den Kopf gestoßen haben. In vielen Nutzer-Kommentaren ist bereits zu lesen, dass Blizzard seinen Zauber verloren hätte, der schnöde Mammon reagieren würde und sie nicht mehr einschätzen könnten, was ihre Fans wollen … und das sieht man nicht nur an Diablo Immortal, sondern auch an den Plänen für StarCraft 2 und World of WarCraft: Battle for Azeroth. Stattdessen setzen sie lieber auf die Nostalige der Vergangenheit mit WarCraft 3: Reforged und WoW Classic.


Marcel Kleffmann
Redakteur
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

greenelve

Sehe ich halt etwas anders, d.h. für mich gehört neben den reinen Anschlägen auf dem Eingabegerät auch die Mentalgymnastik bis zu einem gewissen Grad zum Gameplay dazu. Ansonsten würden Cow Clicker und Anno 1602 so ziemlich dieselbe Art von Gameplay bieten, da man bei beiden ja im Prinzip nur auf dem Bildschirm rumklickt. Als Theorycrafter würd ich auch eher Leute bezeichnen, die sich schon sehr exzessiv mit den dahinterstehenden Spielmechaniken beschäftigen, d.h. dutzende Stunden rein fürs Durchkalkulieren, Studieren von Metabuilds und Wikis, Erstellen von Exceltabellen, Google Docs etc. pp. aufwenden.
Es gibt Leute bei PoE, die genau das stundenlang machen. Wenn wir schon bei rumgeklicke sind, was ist mit Point and Click Adventures oder (Fußball)managern? Ich seh das Gameplay bei Anno im wirtschaftlich-strategischen Aufbau einer Siedlung, während Kings Quests das Lösen von Rätseln durch Dialoge und kombinieren von Gegenständen in den Vordergrund stellt.
Ich glaube du bringst Steuerung mit Gameplay durcheinander. Gameplay ist doch was man macht, um ans Ziel zu kommen (Diablo: Monster töten) und nicht wie (mit Maus rumklicken).

Ich schieb die Inszenierung Blizzard als Versuch zu, aus der Nische herauszukommen und mehr Leute befriedigen zu wollen. Plus der immerwährende Kritikpunkt der unwichtigen Story.

Bei Möglichkeiten zu Endgame a la Rift finde ich in die Idee rund um das Kartenwerk aus Torchlight 2 sehr gut. Es bietet thematische Dungeons mit einem vermutbaren Boss, wodurch bei jedem Run eine eigene Story im Kopf des Spielers aufgebaut werden kann. Zudem hat man die Auwahl, welches Thema man angehen möchte. Dazu noch ein Fragezeichen, vielleicht mit einsehbaren Modifikatoren, für Leute, die sich überraschen wollen lassen.

vor 5 Jahren
LeKwas

Ich hab mich bei Gameplay rein auf das Spielen selbst bezogen und dabei die Kämpfe herausgezogen, was das Gameplay in meinen Augen in diesem Punkt falsch macht. Planung von Skills, Items usw. sehe ich mehr als Theorycrafting, denn tatsächliches Gameplay. Und reines Gameplay ist in erster Linie Monster totklicken. :/
Sehe ich halt etwas anders, d.h. für mich gehört neben den reinen Anschlägen auf dem Eingabegerät auch die Mentalgymnastik bis zu einem gewissen Grad zum Gameplay dazu. Ansonsten würden Cow Clicker und Anno 1602 so ziemlich dieselbe Art von Gameplay bieten, da man bei beiden ja im Prinzip nur auf dem Bildschirm rumklickt. Als Theorycrafter würd ich auch eher Leute bezeichnen, die sich schon sehr exzessiv mit den dahinterstehenden Spielmechaniken beschäftigen, d.h. dutzende Stunden rein fürs Durchkalkulieren, Studieren von Metabuilds und Wikis, Erstellen von Exceltabellen, Google Docs etc. pp. aufwenden.
Problematisch ist die generelle Inszenierung mit mehr Cutscenes und Phasen der Bosse mit Ladezeiten. Daran sind aber auch Spieler allgemein mit Schuld. Story sei das Fleisch von Spielen und es braucht unbedingt mehr Inszenierung (siehe Kritik an Nintendospielen und das Hervorheben von Singleplayer mit erzählten Handlungen).
Ich find das auch nicht gut, zumal so etwas den Spielfluss ausbremsen kann, würd aber insgesamt nicht ausschließen, dass dieser Cutscenes / Bossphasen / Dialoge Gedöns teilweise dem Zeitgeist geschuldet war, weil mehr Cineasmus in Spielen etwa um die Jahrzehntwende herum schwer en vogue war. Mittlwerweile (so zumindest mein subjektiver Eindruck) gibt es recht viele Spieler und Entwickler, die ihr offenes Desinteresse an aufdringlicher Storyinszenierung bekunden, bin diesbezüglich also bei D4 verhalten optimistisch.
Mit Atmosphäre meine ich mehr die Areale und ihre innere Logik. Ein Rift in D3 ist eher belanglos. Es erzählt keine Geschichte. Man geht über eine Höhle in eine Oase in ein Verließ in einen Friedhof. Und das als Dungeoncrawler "nach unten".
[...]
Nimm als Beispiele Horrorspiele. Die kann man zigfach durchspielen, jede Ecke auswendig kennen und doch vermitteln die Level selbst dann noch eine schaurige Atmosphäre. Das erhöht dann auch die Wiederspielbarkeit, da es im Optimalfall in jedem Run in den Bann zieht.
Ja, das ist ein guter Punkt. Man könnte - um mal eine Idee in den Raum zu werfen - das evtl. dahingehend abändern, dass man bei einem Rift einen zufällig ausgewählten Höllenfürsten als Obermotz zugewiesen bekommt, der einen beim Eintritt entsprechend "begrüßt". Der Dungeon selber ist dann auch hinsichtlich Levelgeometrie und Gegneraufkommen dementsprechend thematisch passend aufgebaut, sodass sich ein Run durch einen Nephalemrift nicht mehr ganz so beliebig anfühlt.

vor 5 Jahren
greenelve

Ich glaub, du vereinfachst da etwas zu viel. "Gameplay" besteht bei PoE und Konsorten nämlich nicht nur aus dem Totklicken von Viechern, sondern zu einem mindestens ebenso großen Anteil auch aus der Charakterplanung, dem Herausfinden von Synergieeffekten bei Skills und Items, Adaption, Vorausplanung und co.
.....
Show
Bild
Ebenfalls guter Loot, ich kann bspw. die Cooldowns von Leap und Ground Stomp gezielt runterdrücken und beide Skills immer abwechselnd nutzen, um praktisch mit permanenter 60-80%iger Schadensverringerung herumzulaufen. Dadurch gehen natürlich auch 2 der insgesamt 6 Slots für just diese beiden Skills drauf.
......
"Atmosphäre" ist darüber hinaus ein anderes Problemfeld, denn beim 476. Eintritt imponiert die Hölle einem nun einmal nicht mehr so wie beim allerersten, zumal so ein Diablo-like ja kein Spiel sein möchte, das man einmal durchnudelt und dann weglegt.

Spieleentwickler sollten so etwas wie Environmental Storytelling generell viel stärker ins Auge fassen. Eines der größten Probleme von D3 imho war, dass Blizz zu viel über klassische Dialoge und Cutscenes zu transponieren versuchte. Das war beim allerersten mal ganz nett, ist während des Hochziehens weiterer Charaktere aber dann eher nervig (mit ein Grund, weswegen sie diesen Abenteuermodus mit RoS nachreichen mussten).

Wäre wünschenswert, dass Blizz sich ihre Mitbewerber auf dem Markt einmal genauer anschaut, um ein paar wertvolle Impressionen und Erkenntnisgewinne für D4 mitzunehmen.
Ich hab mich bei Gameplay rein auf das Spielen selbst bezogen und dabei die Kämpfe herausgezogen, was das Gameplay in meinen Augen in diesem Punkt falsch macht. Planung von Skills, Items usw. sehe ich mehr als Theorycrafting, denn tatsächliches Gameplay. Und reines Gameplay ist in erster Linie Monster totklicken. :/ Bzw. sollte so sein, der Fokus geht allerdings vermehrt zu effizentem Farmen von Items.

Ich bin kein Freund mehr von D3 Items. Es spielt sich wunderbar, krankt aber letztlich an diversen Ecken. Wie eben z.B. die Items.
Show
So sind Items nicht wichtig, es sind die Affixe. Blizzard versuchte mit den legendären Eigenschaften entgegenzuwirken und den Items mehr Charakter zu geben.... es dominieren aber weiterhin Affixe und man schaut nicht nach Items. Man schaut nach Affixen seiner Best in Slot Items. So wirklich Theorycrafting "dieses Item oder jenes Items, in Verbindung mit dem Items..." gibt es nicht wirklich. Mehr ein "Ich brauche diese Items und dann diese Eigenschaft oder jene und wenn ich diese habe, brauche ich die andere nicht und kann dafür das mitnehmen".
In D3 gab es schon einige Verbesserungen bezüglich Story, siehe die einsammelbaren Dialoge. Problematisch ist die generelle Inszenierung mit mehr Cutscenes und Phasen der Bosse mit Ladezeiten. Daran sind aber auch Spieler allgemein mit Schuld. Story sei das Fleisch von Spielen und es braucht unbedingt mehr Inszenierung (siehe Kritik an Nintendospielen und das Hervorheben von Singleplayer mit erzählten Handlungen).
Mit Atmosphäre meine ich mehr die Areale und ihre innere Logik. Ein Rift in D3 ist eher belanglos. Es erzählt keine Geschichte. Man geht über eine Höhle in eine Oase in ein Verließ in einen Friedhof. Und das als Dungeoncrawler "nach unten". Diese Reise sprichst du ja mit an: "Labyrinth bspw. Izaro das Geschehen quasi live in Sun Tzu Manier kommentiert, und man ihm dann final gegenübersteht". Ein Scheitern ist gar nicht so wichtig, wichtig ist auch das Vorwärtskämpfen, um den Bösewicht am Ende zu legen. Das hat jedes Mal eine Story, die im Kopf des Spielers entsteht.
Wobei auch die Gestaltung selbst wichtig ist.
Show
Bild
So vermittelt das ein besseres Gefühl von dämonischer Bedrohung. Gerüchten nach soll Diablo 4 unter dem Motto stehen "embrace darkness" oder so ähnlich.
Nimm als Beispiele Horrorspiele. Die kann man zigfach durchspielen, jede Ecke auswendig kennen und doch vermitteln die Level selbst dann noch eine schaurige Atmosphäre. Das erhöht dann auch die Wiederspielbarkeit, da es im Optimalfall in jedem Run in den Bann zieht.

Ich finde die ganze Mechanik mit Skillfreischalten und mitlevelnden Items mittlerweile sehr schlecht. Es gibt keine Motivation von vorne anzufangen, da man erst mit lvl 70 an seinem Char anfangen kann. Dafür sind Items auch viel zu wichtig mit all den Prozenten. Da ist die Mechanik von D2, Torchlight oder PoE deutlich besser. Jeder Stufenaufstieg bedeutet etwas, selbst wenn man nur ein Punkt in einem Skill besser wird. Es ist eine Erhöhung. Man hat sie aktiv begangen und arbeitet mittels XP gezielt daraufhin. Das ist eine ganz andere Einstellung wie in D3: Haben oder nicht haben. Man hat den Skill freigeschalten oder Item gefunden, oder nicht. ...D3 macht schon Spaß, nur hab ich einiges an Zeit damit verbracht und den Items kann ich nicht mehr viel positives abewinnen....daher mag es drastischer klingen, als es sich im Spielspaß insgesamt mit D3 niederschlägt.

vor 5 Jahren
LeKwas

Path of Exile hat zwar interessante Ansätze mit Loot, wie Tauschobjekte und Aufwerten / Ändern / Sockeln von Items für die Skillgems, dennoch fällt das eigentliche Spiel dabei zu kurz aus: Gameplay ist auf AoE / Splash ausgelegt, Gegner in handlichen Gruppen zu erledigen, Farmspeed über allem und Animationen in den Kämpfen sind bei genauem Blick kaum vorhanden. Ob zum Beispiel eigene Zombies oder Gegner, man kann den Unterschied nicht wirklich erkennen, alles eine graue Masse, die in Effekten untergeht.
Die Prämisse des Genre lautet: In tiefe Dungeons hinabsteiben, an den Pforten der Hölle anklopfen und Dämonen schnetzeln, sollte man dies überleben, schauen, welch Schätze ans Tageslicht befördert wurden.
Und mittlerweile ist ohne Unterschied zwischen Spielern und Entwicklern die Prämisse: Items, um Monster schneller zu töten, um an bessere Items zu kommen. Atmosphäre und der Kampf selbst sind überflüssig, hauptsache Items für bessere Items.
Oder um es mit anderen Worten zu sagen: Das Spiel sorgt für den Spielspaß, Itemhatz für Sucht -> Lasst uns das Spiel rausnehmen und dafür mehr Sucht einbauen.
Ich glaub, du vereinfachst da etwas zu viel. "Gameplay" besteht bei PoE und Konsorten nämlich nicht nur aus dem Totklicken von Viechern, sondern zu einem mindestens ebenso großen Anteil auch aus der Charakterplanung, dem Herausfinden von Synergieeffekten bei Skills und Items, Adaption, Vorausplanung und co. Zum Beispiel Mana Leech in den Skilltree zu packen und dafür einen Manatrank zugunsten eines Lebenstrankes austauschen zu können, einen Chaosresistenztrank mitzunehmen, weil man beim kommenden Boss mit extra viel Chaosschaden rechnet, oder einen Channeling Skill auf einen Mirage Archer auszulagern, was einem selber den Vorteil der erhöhten Mobilität in stressigen Situationen gibt, weil man ja selber nicht mehr zum Aufladen zwingend stehenbleiben muss, all das gehört auch zum Gameplay dazu und kann Spielspaß fördern. Die Komplexität seines Gameplays im Kampfgeschehen kann man ja auch selber festlegen, vom reinem Rechtsklick Build bis zu einem, das alle 8 Slots (+5 Slots für Tränke) voll ausschöpft, sind ja diverse Variationen denkbar.
Problematisch wird es erst, wenn sich das Balancing in einer Schieflage befindet und aus der Vielzahl der Kombinationen nur bestimmte Metabuilds überhaupt mit einer reellen Erfolgschance segnet, oder wenn man sich als Spieler vorkommt, als würde man gegen eine Wand rennen, und der einzige Weg, dem einem das Spiel zur Verfügung stellt, daraus besteht, mit seinem Dickschädel wieder und wieder Anlauf zu nehmen und dagegenzustürmen, in der Hoffung, dass die Wand dann irgendwann mal nachgeben möge. Oder bezogen auf die Fokussierung auf Loot, die wird dann zu einem Problem, wenn die Items nur hohle Statpusher darstellen, und dem Spieler keine echte Entscheidungsmöglichkeit beim Gestalten seines Builds mehr übrig lässt.
Um Beispiele anzufügen:
Spoiler
Show
Bild
Guter Loot, das Item kommt mit Vor- wie auch Nachteilen, die ich als Spieler abwägen bzw. mitigieren muss, um mich im Eifer des Gefechts nicht selbst wegen des Chaosschadens umzubringen. Chaos Inoculation (verleiht Immunität gegenüber Chaos, aber reduziert die eigenen Lebenspunkte auf 1 HP) wäre z.B. eine Möglichkeit, wenn ich gleichzeitig meinen Energieschild nach oben pumpe. Andere Möglichkeit wäre möglichst viel Chaosresistenz in Kombination mit einem Skill oder Attribut, das Life Leech oder + X HP pro Kill oder so etwas verleiht.

Bild
Ebenfalls guter Loot, ich kann bspw. die Cooldowns von Leap und Ground Stomp gezielt runterdrücken und beide Skills immer abwechselnd nutzen, um praktisch mit permanenter 60-80%iger Schadensverringerung herumzulaufen. Dadurch gehen natürlich auch 2 der insgesamt 6 Slots für just diese beiden Skills drauf.

Bild
Schlechter Loot, da einfach nur langweilig und plump. Ich als Spieler rüste das bessere Item aus, schmeiße das schlechtere weg, und mir als Spieler wird effektiv keine richtige Entscheidungsgewalt mehr gelassen. So ein Lootsystem hätt man auch rauslassen können, das schlichte Hochtreiben von willkürlichen Zahlenwerten allein ist imho kein wirklicher Motivator.

"Atmosphäre" ist darüber hinaus ein anderes Problemfeld, denn beim 476. Eintritt imponiert die Hölle einem nun einmal nicht mehr so wie beim allerersten, zumal so ein Diablo-like ja kein Spiel sein möchte, das man einmal durchnudelt und dann weglegt. Möglichkeiten, auch langfristig Atmo zu vermitteln, gibt es aber dennoch. Wenn im Labyrinth bspw. Izaro das Geschehen quasi live in Sun Tzu Manier kommentiert, und man ihm dann final gegenübersteht, dann stellen sich jedes mal auf's neue die Nackenhaare auf, da man im Falle des Ablebens ja wieder ganz an den Anfang zurückgeworfen wird, und ein einstündiger Run dann schonmal für die Katz war. Oder wenn man wie aktuell in der Betrayal League einem alten, schonmal verhörten Bekannten wie Vagan nochmals unterwegs begegnet, und dieser einen entnervt und leicht weinerlich wiedererkennt: "Oh you again. Interrogation wasn't pleasant, so consider me miffed!" Einhar lockert zwischendurch auch immer wieder mal die Stimmung auf.
Spieleentwickler sollten so etwas wie Environmental Storytelling generell viel stärker ins Auge fassen. Eines der größten Probleme von D3 imho war, dass Blizz zu viel über klassische Dialoge und Cutscenes zu transponieren versuchte. Das war beim allerersten mal ganz nett, ist während des Hochziehens weiterer Charaktere aber dann eher nervig (mit ein Grund, weswegen sie diesen Abenteuermodus mit RoS nachreichen mussten).

Langer Rede kurzer Sinn: Einige Dinge macht D3 ganz gut (actionreiche Kämpfe, ordentliches Balancing, Synergieeffekte bei Legendaries und Setitems), andere hingegen ziemlich schlecht (zu schlauchige, geskriptete Story, Dialoge bremsen Spielfluss, keine Skillfreiheit beim Leveln, lasche Seasons mit halbherzigen Modifikatoren, Fehlen einer Herausforderung mit Risk/Reward Mechanik abseits vom Hardcoremodus, mitlevelnde Gegner machen Levelphase redundant).
Wäre wünschenswert, dass Blizz sich ihre Mitbewerber auf dem Markt einmal genauer anschaut, um ein paar wertvolle Impressionen und Erkenntnisgewinne für D4 mitzunehmen.

vor 5 Jahren
greenelve

Das Problem ist ein Allgemeines und liegt ganz wo anders.
Wenn ich Matthew von YouTube zitieren darf:
.....
In diese Falle, gerade bei Loot, stolpern Entwickler wie Spieler. Immer wieder liest man in Kommentaren, Loot sei das wichtigste Element und der Grund, die Dinger überhaupt zu spielen. Um die berühmte Analogie zu nutzen: Loot ist die Karotte, die einen antreibt. Wird alles auf jene Karotte ausgelegt, ist es keine Belohnung mehr für etwas geschafftes. Die Karotte ist alles was bleibt.

Path of Exile hat zwar interessante Ansätze mit Loot, wie Tauschobjekte und Aufwerten / Ändern / Sockeln von Items für die Skillgems, dennoch fällt das eigentliche Spiel dabei zu kurz aus: Gameplay ist auf AoE / Splash ausgelegt, Gegner in handlichen Gruppen zu erledigen, Farmspeed über allem und Animationen in den Kämpfen sind bei genauem Blick kaum vorhanden. Ob zum Beispiel eigene Zombies oder Gegner, man kann den Unterschied nicht wirklich erkennen, alles eine graue Masse, die in Effekten untergeht.

Die Prämisse des Genre lautet: In tiefe Dungeons hinabsteiben, an den Pforten der Hölle anklopfen und Dämonen schnetzeln, sollte man dies überleben, schauen, welch Schätze ans Tageslicht befördert wurden.
Und mittlerweile ist ohne Unterschied zwischen Spielern und Entwicklern die Prämisse: Items, um Monster schneller zu töten, um an bessere Items zu kommen. Atmosphäre und der Kampf selbst sind überflüssig, hauptsache Items für bessere Items.


Oder um es mit anderen Worten zu sagen: Das Spiel sorgt für den Spielspaß, Itemhatz für Sucht -> Lasst uns das Spiel rausnehmen und dafür mehr Sucht einbauen.


ps: In D3 seh ich das Leveln auch aus anderem Grund für überflüssig, ist es durch die mitlevelnden Items und Skillrunen nichts als eine Freischaltphase. von Stufe 1 bis 70 werden Chars nicht wirklich stärker, sie schalten nur alles notwendige dafür frei.

vor 5 Jahren
SethSteiner

Dass Marcell es verpasst, zu erwähnen, wie dieser Shitstorm aussieht; Dass BlizzardmitarbeiterInnen Morddrohungen erhalten und andere klassische Gamergate-Geschichten, das finde ich wiederum bedauerlich.
Irgendwie gibts immer Morddrohungen aber zusehen kriegt sie keiner, ganz zu Schweigen davon, dass sie nicht mal ansatzweise im Verhältnis stehen als dass man das überhaupt in einem Atemzug zusammenbringen sollte.

vor 5 Jahren
Neme69

Das Problem ist ein Allgemeines und liegt ganz wo anders.
Wenn ich Matthew von YouTube zitieren darf:

"I can't emphasize enough the point on loot. Torchlight was the same. Tons and tons of items dropping all over the place, and it is all garbage. And since gold is pointless in these games, you soon realize it isn't even worth picking items to even sell, so you end up ignoring 99% of the entire item system. Which begs the question, why even have the items drop in the first place?

Leveling feels just as bland and boring as well. Everything is scaled so you level up and get stronger, and your enemies automatically level up with you. Which again, questions why you are leveling up at all.

You could remove item drops, attributes, and leveling from these modern arpg's and the experience wouldn't change. It is an illusion of older game mechanics which exist purely because tradition, because "well that is what these games are supposed to do". You go through the motions, but none of it is having an actual impact.

What we lost from older games is these complex game systems and mechanics. It is like another comment said, there was so much depth to D2 beneath the surface. You could play the game for years and still learn something you didn't know about. And people did play it for years. Modern games, in an attempt to become more accessible, have stripped so much that what is left is only interesting for a few moments before boredom sets in. It is like moving from chess to tic-tac-toe. Sure, tic-tac-toe is more accessible, but you've experienced pretty much everything it has to offer after a few games. While chess has been played for centuries, with deep lines of opener analyzing, moves and games named after influential players, communities forming around the game, entire collection of books written about it, a competitive scene, etc.

The ironic part is that there is a greater demand more than ever before for games to last a long time. Some developers look at 10 year plans. Not to mention the growing e-sports scene. And yet the more streamlined and accessible they make games, the harder it is to maintain interest. You can't have it both ways, you can't push out a tic-tac-toe game and expect it to have a history like chess."

vor 5 Jahren
Stalkingwolf

Das hat überall wirklich krankhafte Auswüchse angenommen, unter denen Menschen mal mehr, mal weniger leiden müssen. Da ist die Gamingindustrie zum Glück noch das geringste Problem.
Korrekt. Spiele sind Luxuxgüter die eigentlich niemand braucht. Wenn dann aber künstlich Preise von Lebensmitteln wie z.b Weizen durch Spekulationen hochgehalten werden, dann sollte eigentlich Schluss mit Lustig sein.

Aber wenn man dagegen etwas sagt gilt man als Kommunist, Linksextremer &Co.

vor 5 Jahren