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KW 10
Freitag, 12.03.2010

Sonys Move - Wir auch, aber besser!


Das Baby hat endlich einen Namen: PlayStation Move nennt sich das, was Sony im kommenden Herbst in den Handel bringt. Der Hersteller zeigte auf der GDC 2010 ein paar Spiele, die sich die Hardware zu Nutze machen. In technologischer Hinsicht gab es allerdings keine neuen Erkenntnisse, denn der Hersteller hatte die wesentlichen Fähigkeiten (und Beschränkungen) des Geräts anhand diverser Tech-Demos auf der vergangenen E3 vorgeführt.

Natürlich ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, Move zu beurteilen. Da das Spekulieren aber durchaus Spaß machen kann, sei an dieser Stelle mal fleißig spekuliert. Wer mit mutmaßenden Texten ein Problem hat, braucht nicht weiterzulesen.

Ganz im Ernst.



PlayStation Move: Alle Fakten und Spielszenen!
Es bleibt zu hoffen, dass Sony sich den einen oder anderen Move-Knaller noch für die E3 2010 aufgehoben hat, denn das, was der Hersteller gestern so auffuhr, war eher ernüchternd und lässt sich im Großen und Ganzen folgendermaßen beschreiben: Alles schon mal dagewesen, jetzt aber leicht ausgefeilter und mit mehr Polygonen.

Dukes wirkt wie ein Wii Sports Boxing Deluxe. Die Sports Champions samt Bogenschießen und Klopperei (schönen Gruß an Wii Sports Resort) sind ebensowenig originell wie die fünfhundertste Fadenkreuzballerei in The Shoot. Die Idee, einen zweiten Spieler in LittleBigPlanet per Cursor mit der Umgebung interagieren zu lassen, ist jedem vertraut, der schon mal dickliche Klempner quer durchs All gescheucht hat. Das alles hat ja durchaus seine Existenzberechtigung - als Vorzeigesoftware für die offizielle Enthüllung neuer Controller lösen sie allerdings nur bedingt Begeisterung aus. Besonders dann, wenn der Hersteller sich nicht entblödet, das Ganze groß als "Revolution" zu titulieren.

Shuhei Yoshida, seines Zeichens Chef der Sony WorldWide Studios, beschwichtigte dann auch schon mal. Man solle sich nur an die initiale Wii-Software erinnern. Also an das, was im ersten und dann schließlich im zweiten Jahr veröffentlicht wurde. Entwickler würden Zeit benötigen, um mit einer neuen Plattform klarzukommen.

Das ist zwar eine richtige Feststellung - der aber eine falsche Schlussfolgerung zu Grunde liegt: Das Problem der Entwickler lag größtenteils nicht darin, dass sie die Controller aus technologischer Sicht erst erschließen mussten. Die von den inneren Werten her dem GameCube nicht unähnliche Konsole an sich war kein Neuland für die Hersteller; und um die neuen Controller anzusprechen, musste man nicht jetzt auch nicht promoviert haben.

Das eigentliche Problem waren die fehlenden Erfahrungswerte mit einem bewegungssensitiven Controller und seiner sinnvollen Einbindung in Spiele; also der designtechnische Umgang mit einem Eingabegerät, welches mit dem bisherigen Gamepad-Paradigma brach. Nach einem dreijährigen Lernprozess liegen aber mittlerweile diverse hardwareunabhängige Erkenntnisse vor - die Neuheit des Move-Controllers taugt nur bedingt als Ausrede dafür, dass das gezeigte Line-up ziemlich uninspiriert wirkte.

Dessen war sich der Hersteller wohl auch bewusst, merkte SCEAs Peter Dille am Ende der Präsentation nochmal vielsagend an: "Ich hab das heute schon öfter erwähnt, aber denken Sie daran, Move ist präziser und schneller." Als ob man gegenüber der anwesenden Journallie noch mal schnell begründen müsse, wie sich das Gezeigte überhaupt vom bereits Bekannten absetzt und nicht nur als Me too-Versuch oder More-of-the-same-Modell durchgeht.

Als Rettungsanker für Casual-Gewässer wird Move vorerst nur bedingt taugen. Viele der Leute, die Sony mit dem Gerät und Software wie Move Party ansprechen will, nennen bereits eine Wii ihr Eigen. Die Neigung zur Zweitkonsole ist bei Gelegenheitsspielern naturgemäß nicht wirklich stark ausgeprägt; die Tatsache, dass das Ganze alles etwas präziser, höher aufgelöst und detailreicher daherkommt ist eher für klassische Spieleveteranen relevant.

Dille betonte auch nochmal, dass man dank der Größe der BD-ROM ja problemlos zwei Versionen eines Spiels auf einer Disk ausliefern kann - eine, die den Standard-Controller unterstützt sowie eine, die Move verwendet. Das ist zum einen natürlich ein recht unsinniges Argument, weil der für das Ausnutzen verschiedener Schnittstellen benötigte Code kaum Speicherplatz frisst und sich bei den eher Gigabyte verschlingenden Grafik- und Sound-Assets nur minimal bemerkbar macht.

Wii-Spiele, die wie Monster Hunter Tri mehrere Eingabemöglichkeiten unterstützen, kommen schließlich auch nicht auf zwei oder drei separaten Disks daher. Zum anderen zeigt sich ein Problem, das auch schon von der Wii-Software bekannt ist: Die Spiele sind oft erst dann richtig gut, wenn sie auch wirklich sklavisch auf die Steuerung ausgelegt und nicht nur das Nebenprodukt einer Portierung sind - siehe beispielsweise Boom Blox oder Pro Evolution Soccer. Wer sich im Restaurant zweigleisig bedienen lässt, läuft Gefahr, Halbgares serviert zu bekommen.

Für herausragende innovative Software werden Sonys First-Party-Teams und Second-Party-Partner die Speerspitze bilden müssen, denn viele der Dritthersteller werden sich erstmal damit zufrieden geben, Wii-Software umzusetzen und den Controller ansonsten eher in gimmickhafter Form zu nutzen.Immerhin handelt es sich bei Move um Zusatzhardware - und die hatte es in der Geschichte der Unterhaltungselektronik nie einfach.

Das zeigt sich schließlich auch bei der Konkurrenz. Trotz der großen Hardwarebasis trauen sich nur wenige Hersteller an das Balance Board von Nintendo heran. Die Spiele, die Wii MotionPlus exklusiv und sinnvoll einsetzen, lassen sich ebenfalls an zwei Händen abzählen. Die meisten Titel sind nach wie vor so ausgelegt, dass sie (auch) mit der Standard-Wiimote funktionieren, weil kaum jemand auf jene Nutzer verzichten möchte. Und wie das aktuelle Beispiel The Sky Crawlers demonstriert, können Spiele mit klassischer Steuerung das auch noch besser. 

Im Gegensatz zur 20 Euro teueren Wiimote-Erweiterung wird man für Move aber tiefer in den Geldbeutel greifen müssen. Da die meisten PS3-Nutzer keine Eye-Cam ihr Eigen nennen, werden schon mal "weniger als 100 Dollar" - Übersetzung: 99,99 Dollar - für das Standard-Paket fällig. Damit lassen sich allerdings noch nicht solche Titel spielen, die wie Motion Fighter zwei Move-Sticks voraussetzen oder wie Shooter noch den Subcontroller benötigen, die jeweils sicherlich nochmal mit 40 bis 50 bzw. 20 Dollar/Euro zu Buche schlagen werden.

Der simple Verweis auf das erfolgreiche EyeToy unterschlägt zwei der Faktoren, die sich damals positiv auswirkten: Die PS2 war unangefochtener Marktführer und hatte besonders in jenem Bereich kaum Konkurrenz zu fürchten, weil der GameCube sich schon langsam auf sein Totenbett begab und Microsoft sich mit seiner Xbox nie ernsthaft um das Publikum jenseits des Kernmarkts bemüht hatte. Auch war die PS2 damals deutlich preiswerter als die PS3 es heute ist und im kommenden Weihnachtsgeschäft sein wird. Mitbewerber gibt es aber nicht nur in Form der Wii; auch Microsoft wird im Herbst das eigene Marketingkonto gehörig leeren, um Project Natal in den Markt zu drücken.

Das Fazit: Es liegt an Sony zu beweisen, dass Move mehr als ein drolliges Zusatzgimmick ist, das nur im Fahrwasser des Wii-Dampfers herumpaddelt - allzu viel Eigeninitiative und über Umsetzungen hinausgehendes Exklusivmaterial darf man von den Drittherstellern nur bedingt erwarten. Dafür muss der Hersteller allerdings einen Zahn zulegen. Mit dem bisher gezeigten Material vermag er es nicht, sich abzusetzen. Etwas Schwung dürfte im Vorfeld der E3 nicht schaden, denn auf jener Messe wird Microsoft aus allen Rohren feuern müssen. Denn wie Bill Harris vor ein paar Wochen treffend formulierte:

People tend to forget that it wasn't the Wiimote by itself that blew people away - it was the Wiimote with Wii Sports. The software and hardware were a near-perfect match. Until we see a title with that level of appeal with Natal or Arc [jetzt: Move - Anm. d. Red.], a game that people feel like they have to have (and can't be played with a regular controller) they're both just bolt-ons to existing hardware.

Andererseits: Wer nur einen Alternativ-Controller für Shooter und Golf-Spiele will und nicht mehr erwartet, wird sicherlich nicht von Move enttäuscht werden.

Und Natal? Darüber reden wir mal lieber im Juni.


Julian Dasgupta
Redakteur


 

Kommentare

Apoll schrieb am
Guter Kommentar.
Ich stimme zu 100% zu.
Es ist schon komisch, wenn man sich in nem Text 100%ig wiederfindet.
lAmbdA schrieb am
DIE ! ERDE ! IST ! EINE ! SCHEIBE !
Verdammt...
schrieb am