Paul Kautz
Mobile Spiele, die keiner brauchtEin Kommentar von Paul Kautz, 10.05.2012
Grand Theft Auto 3. Soul Calibur. Max Payne. Nicht nur erschütterten sie zum Zeitpunkt ihres Erscheinens die entsprechenden Genres in ihren Grundfesten, auch hinterließen diese Beben deutliche Nachwirkungen auf die folgenden Spielegenerationen. Kurz gesagt: Drei der nachweislich großartigsten Games aller Zeiten.

Was macht man mit Erfolgen? Man versucht, sie so weit wie möglich zu streuen: Auf verschiedenen Plattformen, mit Nachfolgern, mit Ablegern. Auftritt: Apple. Diese fröhliche kleine Firma aus dem kalifornischen Cupertino präsentierte der Weltöffentlichkeit im Jahre 2007 das iPhone und den iPod touch - und dürfte nicht nur vom Erfolg dieser Geräte, sondern auch von dem der Goldgrube AppStore selbst überrascht gewesen sein. Ein altes Gesetz der Spieleentwicklung besagt: Wo eine neue Plattform naht, lockt das schnelle Geld mit altem Kram. Ist ja auch logisch: Bekannte Spiele müssen nur portiert, nicht neu entwickelt werden. Das Risiko ist überschaubar, der potenzielle Gewinn verlockend. Und so kommt man halt auch auf merkwürdige Ideen.

Touch-Plattformen haben einen entscheidenden Makel: Glatte Oberflächen. Super für Spiele, bei denen es in erster Linie auf das Streicheln oder simple Drücken derselben ankommt. Warum sind wohl Spiele wie Tiny Wings, Jetpack Joyride, Angry Birds oder Osmos so erfolgreich? Wegen der vielschichtigen Handlung, der wegweisenden Präsentation, den fesselnden Rollenspielelementen? Von wegen! Sie sind um die Eingabemethode herum designt, nutzen die Touch-Steuerung perfekt aus, jeder Schimpanse hat sie sofort im Griff. Man kann mit den guten Teilen natürlich noch weitaus mehr machen. Aber eines nicht: Eine echte Konsolensteuerung imitieren.

Analogsticks sind für präzise Kontrolle in einer dreidimensionalen Welt unverzichtbar. Gerade wenn die Bewegungen einer Figur und ihr Zielverhalten getrennt voneinander gesteuert werden. Was bleibt, wenn man versucht, derartige auf direkt spürbares Feedback setzende Kontrollmechanismen auf ein haptisches Nichts zu reduzieren? Kontrollverlust. Ärger. Frust. Womit wir geradewegs am Anfang dieses Kommentars gelandet wären: In Soul Calibur kommt es auf Reaktionen im Sekundenbruchteil an. Wie soll das mit einem schwammigen virtuellen Analogstick sowie vier nicht minder unechten Buttons gehen, von denen die Finger im Sekundentakt verrutschen bzw. dieselben den Blick aufs Spielfeld verdecken? Bei GTA 3 zähle ich bei der Fahrt in einem Vehikel zehn (!) eingeblendete, teilweise mickrig kleine Bedienelemente. Bei Max Payne kann das Schlüsselelement des Designs, die Bullet Time, nicht gleichzeitig mit Bewegung und Zielerfassung benutzt werden, ständig muss umgegriffen werden. Kurz gesagt: Alle drei Spiele sind hier zum Scheitern verurteilt! Warum? Nicht weil die Plattformen das Ganze technisch nicht stemmen können. Die Zeiten sind lange vorbei. Sondern weil sie schlicht nicht dahin gehören! Warum gibt es wohl keinen echten Flugsimulator auf den Geräten? Warum keine richtige Space Opera? Weil sie unbedienbar wären!

Ich liebe mein iPhone und iPad, ich spiele sehr viel damit und darauf. Allerdings nur Games, die wirklich Spaß machen, die speziell dafür designt wurden. Wenn mir ein Entwickler, aus welchen Gründen auch immer, eine billige Konsolenumsetzung serviert, ist bei mir schnell Schluss mit lustig. Ich sage nicht, dass es nicht möglich wäre. Ich sage nur, dass das Resultat meist erbärmlich ist. Ich wünschte, ich müsste nie wieder einen schlechten Konsolenport auf Touch-Geräten testen. Ich weiß aber, dass das ein frommer Wunsch ist. Denn das Geld lockt immer. So lange genug Leute bereitwillig bei schlampig portierter Software zugreifen (auch und gerade, weil sie doch so billig zu haben ist), wird sich dieser Zustand nicht ändern.

Paul Kautz
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