Hab's nun nachgeholt. Nach dem dramaturgisch unterirdischen Einsteig stand ich schon kurz davor, das Spiel auf der Stelle wieder zu verkaufen, glücklicherweise rettet es sich im Verlauf ein wenig.
Das Spiel scheitert an seinen eigenen Ansprüchen, allen voran dem Anspruch, sich selbst so ernst zu nehmen; während man in GTA einfach mal seinen unernsten Ballerspaß in einer satirischen Welt haben darf, dokumentiert und bewertet RDR die Taten des Spielers in Form von Moral und Fame-Metern - spiele ich ein rücksichtsloses Arschloch, wird sich die Moral-Anzeige aber nicht im allergeringsten auf die Cutscenes auswirken, in denen Marston sich stets höflich und besonnen, teils sogar weise gegenüber Gutmeinenden beträgt.
Die große Spielwelt mit ihrer gigantischen Weitsicht ist (gerade für das Jahr 2010) atemberaubend schön, aber immer, wenn ich mich gerade mit meinem Pferd in der Atmosphäre verlieren möchte, kommt aus irgendeiner Ecke ein Algorithmus, der meint, er müsse mein unterstelltes ADHS mal wieder mit irgendeinem random event wie Banditen am Wegesrand usw. wegstupsen;
Kontakt mit Wasser über Lendenhöhe hinaus bedeutet den sofortigen Tod; manchmal fallen zwei Quests dramaturgisch so ungünstig auf demselben lokalen Fleck zusammen, dass eine Cutscene, in der Marston einen freundlichen Plausch hält, vor dem Hintergrund eines Dutzends Banditen stattfindet, die ihm gerade eigentlich den Kopf wegschießen wollen.
Ein anderes Mal werde ich von mehreren NPCs jäh auf offener Straße beschossen, ohne einen einzigen roten Blip auf der Minimap vorzufinden. Wehre ich mich, riskiere ich, dass die Polizei auf der Stelle mit einer ganzen Kavallerie nach mir fahndet, obwohl mir das Spiel im Laufe der Story an anderen Stellen weismachen will, dass die Polizei ihre Bürger nicht richtig schützen könne und unterbesetzt sei.
Innerhalb von Storymissionen kann ich alles und jeden über den Haufen schießen, ohne dass es jedwede moralische Konsequenz für mich hat. Außerhalb von Storymissionen...