von Jörg Luibl,

GCDC 2008: Spielezukunft à la Perry



Neben Michael Capps von Epic Games gehört auch David Perry (Gründer von Shiny Entertainment; jetzt u.a. Chief Creative Officer von Acclaim Games), zu den "Keynote Speakers" der GCDC. Derzeit arbeitet er u.a. an einem Racing-MMO namens Top Secret, in dem die User an der Entwicklung beteiligt sind - ein ungewöhnliches Projekt, das jedem offen steht.

Perry hatte 2006 für Unmut unter Spiele-Journalisten gesorgt, als er seine Wertungsweisheiten nach den durchwachsenen Enter the Matrix-Tests zum Besten gab. Sein Thema ist dieses Jahr allerdings ein anderes und unter Rednern der GCDC sehr beliebtes: Die Zukunft der Spielebranche. Unter dem Motto "Preparing for the Future" prognostizierte Perry erneut, auf welche Entwicklungen wir uns einstellen können. Leider war der Vortrag trotz der witzigen Fotos von Perrys Asienreise insg. sehr diffus, da er die Themen sprunghaft wechselte.



Der Mann, der seine Karriere als Programmierer begann und u.a. Earthworm Jim entwickelte, startete mit einem Sony-Trailer, in dem eine fiktive PlayStation 9 für das Jahr 2087 vorgestellt wird:

"Hey, das ist die Zukunft, also muss ich gar keinen Vortrag halten!"

Nach herzhaftem Gelächter legte Perry mit einem Blick auf seine Kindheit in Irland los: Er war arm, konnte sich kaum Spiele leisten, war fasziniert etc. Plötzlich ein Blick auf die Speichermedien, die in Zukunft komplett ausgelagert würden - vom User und seinem Arsenal an USB-Sticks & Co auf externe Server; Facebook mache es vor. Genau das werde auch mit Hardware und Prozessoren passieren, die man einfach von Zuhause aus anzapfen werde - all das erinnerte noch an die Prognosen von Denis Dyack und Alex St. John, die in Zukunft nur noch ein System sehen. Und auch Perry prophezeite die totale digitale Distribution - man kauft bald keine Spiele mehr in Verpackungen, man lädt sie sich runter; Raubkopien würden dadurch verschwinden.



Das werde den Spielemarkt komplett verändern, denn jeder Publisher und vor allem Konsolenhersteller müsse sich seine Vertriebswege im Internet sichern - das, was Xbox Live, Virtual Console und das PlayStation Network gerade versuchen.



Grafisch sei das Ende der Entwicklung dann erreicht, wenn es Zuhause digitale "4K-Technik" in einer Auflösung von 4096x2160 gebe, die heute in Kinos eingesetzt wird - darüber hinaus sei laut Perry nichts mehr möglich. Leider führte er das Thema nicht mehr weiter aus, daher verweisen wir für konkretere Grafikvisionen bis ins Jahr 2012 und darüber hinaus auf die Crytek'schen Vorstellungen

Perry widmete sich danach der Zukunft der aktuellen Konsolen, die noch vor ihnen liegen würde, da PS3, 360 und Wii zusammen bisher nur einen Bruchteil des Gewinns der PS2 eingebracht hätten. Und er zitiert die Marktforscher DFC, die prognostizieren, dass Sony mit der PS3 gar keinen Gewinn mehr machen könne. Daher sieht auch Perry eine andere Plattform als die Konsolen vorne: 73% der Spieler werden in Zukunft mit Notebooks zocken - der stationäre PC wird immer weiter verdrängt, die Konsolen sowieso.



Themawechsel: Wie viel ist eine Firma wert? Electronic Arts erklärte Perry damals, als man an Shiny interessiert war, dass 100.000 Dollar pro Mitarbeiter den Wert einer Firma ausmachen würden. Atari zahlte dann später etwa eine Million Dollar pro Mitarbeiter. Sprich: Entwickler und Teams werden immer teurer, Talent sei das Wichtigste, was es für eine Firma gibt. Kurz darauf verweist Perry auf seine eigenen Datenbanken im Internet, die weltweit Arbeitsplätze in der Spielebranche abbildet und vermittelt - www.dpfiles.com, GameIndustryMap.com, GameInvestors.com. Was das mit der Spielezukunft zu tun hat, wird allerdings nicht ganz klar.

Perry widmet sich dann seiner Zeit in Asien und dem chinesischen Spielemarkt, der den Westen in Sachen Umsatz, Ideen und Bedarf noch in den Schatten stellen werde. Außerdem würden dort verrückte neue Spiele entstehen, die den sozialen Aspekt stark in den Vordergrund stellen - von der Heirat in Spielen bis zur Communitybildung. Perry prognostizierte, dass "Social Gaming" der große Markt der Zukunft sein werde und verweist auf einige Casual-Games-Seiten für Kinder, Mädchen oder Pokerspieler mit Millionen Mitgliedern; all das ohne große 3D-Grafik oder komplexes Spieldesign, sondern mit einfachen Mitteln, sogar komplett frei spielbar. Wir fragen uns beim Zuhören, ob wir davon in Zukunft mehr haben wollen.



Perry empfiehlt Entwicklern kluge Systeme zur Kundenakquise als Teil des Spieldesigns zu betrachten. World of WarCraft würde das Anwerben von neuen Spielern ja schon anbieten, aber außerhalb der Spielwelt - so werde es nicht effizient genug betrieben. Überhaupt stecke im Spiel selbst noch viel Potenzial zur Gewinnmaximierung bei gleichzeitigem Spaß: In China würde man dem Spieler z.B. Schatzkisten zu drei Preisen anbieten, die ein Item enthalten; außerdem hat der Spieler ein Regal für neun Schätze, das voll gefüllt wiederum ein Bonus-Item bringt - so würde man in China mit einfachen Mitteln Millionen Umsatz ganz nebenbei machen.



Die Zukunft für Online-Rollenspiele kann daher auch nur darin liegen, das Spiel zunächst komplett gratis anzubieten. Man solle auch auf Abogebühren verzichten und das Geld lieber über intelligente Services verdienen - für schnelleres Aufleveln, für besondere Items, für das schnelle Reisen etc. Das, was in Asien schon zur Normalität gehört, werde früher oder später auch Europa erreichen. Electronic Arts habe den ersten Schritt zwar mit Battlefield: Heroes gemacht, aber man bietet das in Asien überaus erfolgreiche und komplett kostenlose FIFA Online seltsamer Weise nicht im Westen an. Dave Perry habe hingegen am frühen Morgen einen Vertrag für ein koreanisches Spiel namens "Spellborn" unterzeichnet, das er komplett frei in den USA anbieten wird.



Zum Schluss lobte David Perry das iPhone Developer Program und dankte Microsoft für die XNA-Plattform, denn sie würde es ähnlich wie sein Projekt Top Secret jedem ermöglichen, zum Spiele-Entwickler zu avancieren. Er hoffe, dass auch Sony kostenlose Entwicklungsumgebungen für User anbieten wird. Und genau das sei auch ein Teil der Spielezukunft: Weg von der abgeschotteten Retail-Industrie, hin zur offenen Service-Industrie. Denn gerade bei den Spielen der Zukunft käme es darauf an, die Community komplett einzubinden. Erst, wenn man diesen Schritt getan habe, sei die "wahre" Next Generation da.



Kommentare

Evilwait schrieb am
Triadfish hat geschrieben:
FM1992 hat geschrieben:
XxMegadethxX hat geschrieben:Wer ist eigentlich neben mir noch dafür, dass es im Videospielbereich so bleibt wie es jetzt ist? :D
es müsste alles noch ein bisschen günstiger werden, dann würds passen

Das hört sich ja so an, als wäre Spielesoftware bereits günstiger geworden. Ich konnte eher eine ungefähre Verdopplung der Preise innerhalb der letzten 10-12 Jahre feststellen.
Waas? ich kann mich noch wage daran erinnern für meine snes games zwischen 600 und 900 Schilling bezahlt zu haben - somit sind wir zimlich preisstabil zu gange -
Nur die spiele sind m.m. nach schlechter geworden
Linden schrieb am
Perry ist für mich seit seinem Dekaron aka 2Moons Projekt gestorben. Der Typ hat nicht mehr alle Latten am Zaun. Hehe TNT.
TNT.ungut schrieb am
FM1992 hat geschrieben:
XxMegadethxX hat geschrieben:Wer ist eigentlich neben mir noch dafür, dass es im Videospielbereich so bleibt wie es jetzt ist? :D
es müsste alles noch ein bisschen günstiger werden, dann würds passen
ich wünschte er wäre eher noch so wie vor 10 jahren, ohne xbox die haufenweise gute genres vom pc klaut und sie für die casual kiddies runterdummt.
H0rtkind schrieb am
Vorallem alles über einen Server machen! Das wäre ein ganz großes Sicherheits Risiko!
Ich sage nur Datenschutz!
Ich kann Perry auch nicht mehr hören!
OchsvormBerg schrieb am
FM1992 hat geschrieben:
XxMegadethxX hat geschrieben:Wer ist eigentlich neben mir noch dafür, dass es im Videospielbereich so bleibt wie es jetzt ist? :D
es müsste alles noch ein bisschen günstiger werden, dann würds passen

Das hört sich ja so an, als wäre Spielesoftware bereits günstiger geworden. Ich konnte eher eine ungefähre Verdopplung der Preise innerhalb der letzten 10-12 Jahre feststellen.
schrieb am