von Paul Kautz,

TGS-Eindruck: Selbstgehampelt!

Kinect (Hardware) von Microsoft Game Studios
Kinect (Hardware) von Microsoft Game Studios - Bildquelle: Microsoft Game Studios


Ich gehörte bis heute morgen zu den großen Project Natal-Skeptikern der Redaktion. Es war mir wurscht, wie oft und hartnäckig Michael zu verkaufen versuchte, dass sich die mittlerweile sehr bekannte Burnout-Demo überraschend exzellent steuerte. Nein, dachte ich mir, da sind immer Kompromisse. Und zu viele sowie zu schlechte Erinnerungen an Spiele und Applikationen, die EyeToy oder die Wii-Controller einfach nur billig nutzten und damit entzauberten. Oder in ihrer Ausführung derart simpel waren, dass sie sich zwar gut steuern ließen, aber den Anspruch auf ein absolutes Minimum reduzierten - für simpelste Spielchen brauche ich keine neue Hardware. Natal hatte ich nach der E3-Präsentation im Verbund mit den immerwarmen Worten und Versprechungen von Peter Molyneux gedanklich bereits zur "Spielerei wie EyeToy, die nach kurzer Ausprobierphase keiner mehr braucht"-Schublade eingeordnet. Doch seit heute Morgen ist das anders. Denn Microsoft lud auf der Tokyo Game Show zum Selberhampeln.

Da steht Kudo Tsunoda, wie üblich getarnt durch seine gigantische Sonnenbrille, grinst und schreit uns entgegen, wie geil Natal ist und was sie alles Großartiges damit vorhaben.



Bewegte Bilder einer Zukunfts-Vision: Das E3-Video zeigt, was mit Natal alles möglich werden soll.



Ja, er schreit, denn die Messe hat gerade eröffnet und selbst in dem abgetrennten Kabuff in Microsofts Pressebereich ist es laut wie in der Hölle - bin mal gespannt, wie viele Stunden seine Stimme durchhält, bevor nichts mehr als unrasierte Luft bei ihm rauskommt. Aber zurück zu Natal: Kudo feuert die mittlerweile altbekannte 3D-Breakout-Demo ab und zappelt drauflos. Die Kamera erfasst seine Bewegungen und überträgt sie auf sein ratzfatz generiertes, blau schimmerndes Virtual Ego, das die Bälle auf eine Wand aus kleinen Holzkisten schießt, die darauf splitternd zusammenbrechen. "So, willst du mal?" hechelt er mir entgegen. Klar, deswegen bin ich ja hier. Kudo verlässt das Kamera-Auge, ich trete in den Bereich und werde sofort als neuer Besucher erkannt - Mist, mein Avatar ist deutlich runder als der zuvor. Egal, ich lege los: Meine Bewegungen werden erstaunlich präzise, allerdings mit einem minimalen, aber dennoch spürbaren Lag erfasst - außerdem ist die 3D-Positionierung der Bälle bei der Geschwindigkeit nicht einfach zu erkennen, es gehen also viele Winker und Hechtsprünge ins Leere. Nach einer Minute des unerwartet anstrengenden Torwart-Feelings trolle ich mich japsend zur Seite und verstehe nun, was Kudo damit meinte, als er sagte, dass er nur durch die Natal-Präsentatinen der letzten Wochen neun bis zehn Kilo abgespeckt hat - praktisches Teil! Aber nichtsdestotrotz: Diese Breakout-Kiste ist nur eine Techdemo, auf Dauer würde ich das genauso wenig spielen wollen wie endlose Runden Wii Sports-Bowling.



Im Interview erläutert Peter Molyneux, inwiefern Natal die Videospielwelt bereichern könnte.



Was haben wir denn noch so dabei? Ah, die ebenalls bekannte Burnout-Demo: Kudo steht in er Mitte des Raumes, hält die Arme in der Zehn- und Zwei-Uhr-Position und gibt Gas. Sein Auto liegt sicher wie ein Brett auf der Straße, die Geschwindigkeit ist nicht besonders hoch, er gleitet gemütlich dahin - und sieht doof dabei aus. Als hätte man Michael Knight seinen KITT weggenommen und er hätte es noch nicht gemerkt. Ich bin dran: Arme hoch, den rechten Fuß nach vorne (zum Gasgeben) - und ich bin platt! Hossa, das funktioniert gut! Das funktioniert sogar erstaunlich gut! Klar, so präzise wie mit einem feinfühligen Analogstick wird es nie sein, aber ich konnte meine Kiste auf gewohnte Irrsinnsgeschwindigkeiten beschleunigen und dabei erschreckend genau steuern: Millimeternah an anderen Karren vorbei, mit wildem Gejaule um Kurven herum, fröhlich über Abgründe springend, immer am Limit - geil! Die Lenkung funktioniert hier wunderbar, unabhängig davon, ob ich meine Arme nah beieinander (wie bei einem Babymobil) oder weit auseinander (wie bei einem Buslenker) halte. Das System reagiert zügig und zuverlässig auf meine "Lenkeingaben", genauso wie auf die Verschiebung der Position meines rechten Fußes: Langsam ziehe ich das Bein zurück, mein Auto stoppt gemütlich. Ich lege den "Rückwärtsgang" ein, ich kullere zurück. Ich reiße meine Arme herum und mein rechtes Bein wieder vor, auf dem Bildschirm mache ich eine wilde 180°-Drehung, gefolgt von einem Wegschießen mit Vollgas - geil, wie bei The Fast and The Furious! Und das Coole daran: Das Programm weiß, dass mein Beifahrer die Klappe zu halten hat; das System konzentriert sich nur auf mich. Denn während ich jauchzend durch Paradise City düse, tanzt Kudo wie Tom Bombadil hinter mir herum - und dem Scanner ist das egal, er bleibt auf mich und meine Lenkeingaben fokussiert. Etwas anderes ist es, als ich geplättet zur Seite gehe und Michael meine Position einnimmt: Sofort wird er gescannt, seine Körperform erfasst und auf das Programm übertragen - er kann direkt übernehmen, eine Neukalibrierung ist nicht nötig. Wirklich erstaunlich. Zwar würde ich vermutlich nie ernsthaft auf die Idee kommen, ein Spiel wie Burnout auf diese Weise steuern zu wollen. Aber die Präzision der Erfassung und die Sensibilität der analogen Lenkung haben mich beeindruckt!

Die dritte Demo, die wir ausprobieren durften, wurde speziell für die Tokyo Game Show und das hiesige Publikum entwickelt: Man nutzt seinen Körper, um durch einen Level aus "Beautiful Katamari" zu kullern. Die beiden hoch gehaltenen Arme dienen als Pendant derer des Prinzen, man steuert den Weltenkuller, indem man den Körper nach links und rechts verlagert. Und das wiederum hat lange nicht so gut funktioniert wie bei Burnout: Die Bewegungen waren träge, die Kugel reagierte mit der Gelassenheit einer Gelbwurst auf meine Eingaben - ob das jetzt daran lag, dass die Demo nicht völlig optimiert war oder einfach das Hauptspiel eine eher unpräzise, gemütliche Angelegenheit ist, sei mal dahingestellt. Begeistert hat's mich nicht.

Zur grundlegenden Technik von Natal spare ich mir die Worte, dazu hat Michael in seinem Special schon mehr als genug geschrieben. Faszinierend finde ich allerdings die angekündigte Videokonferenz-Funktion: Die ganze Familie oder der anwesende Freundeskreis kann sich über Xbox Live mit einer anderen Gruppe unterhalten, wobei die Mikrofon-Anlage gezielt einzelne Personen beachtet; dazwischenquatschen soll also nicht möglich, jeder einzelne soll klar und deutlich verständlich sein. Das soll sogar so weit gehen, dass Hintergrundgeräusche komplett herausgefiltert werden, so dass nur Stimmen erfasst würden. Klingt super, wurde aber leider nicht demonstriert, obwohl die Messe mit ihrem gigantischen White Noise-Gewirr im Hintergrund eigentlich die perfekte Testumgebung abgegeben hätte. Das Design der Hardware sei wohl noch nicht abgeschlossen, was auch der Grund dafür war, dass sie nicht fotografiert werden durfte.

Natal soll irgendwann im Laufe der ersten Hälfte des neuen Jahres in den Läden stehen - wann genau, ließ sich Kudo bislang nicht entlocken. Ich wollte wissen, welche Software mitgeliefert werden wird, was die Leute mit Natal anfangen können, sobald sie ihre Scheine dafür auf den Tisch gelegt haben. Neben der Videokonferenz und einer Minispielsammlung, so die Antwort, wird es vor allem auf die Patches für die normalen Spiele ankommen. Eine ganze Reihe hochrangiger Entwickler hat wohl schon die Informationen für die Technologie angefordert und arbeitet daran, ihre Spiele für das System anzupassen. Das klingt für mich nicht gut, denn ich kann mir nicht vorstellen, einen Shooter wie Modern Warfare 2 oder einen Flugsimulator wie Ace Combat 6 mit Natal zu spielen - einmal mehr wachen schlechte Erinnerungen an frühe Wii-Ports wie Call of Duty 3 auf, die einfach Standard-Bewegungen auf den neuen Controller übertrugen, ohne sich Gedanken über Nutzbarkeit zu machen. So bleibt für mich eine Mischung aus Begeisterung und Dämpfer: Burnout hat mich wahrlich überrannt, für mich selbst erschreckend aus den Socken gehauen - der Rest allerdings hatte besseren Wii Sports-Charme. Immerhin: Meine totale Skepsis ist weg. Das ist doch auch schon was.

TGS-Eindruck: gut



Kommentare

hiGh liFe ° schrieb am
sieht für mich auch eher nach kindergarten aus. auf dieses rumgehampel kann ich sehr gut verzichten..
controller und gut
blubbsel schrieb am
DonHorsto hat geschrieben:ich bin nicht überzeugt davon... denk mal ich bleib beim controller
Hmm, man warte einmal ab, bis es komplett augereift ist, was für Games Natal unterstützt und wie viel es kosten mag :)
fabianwe_ schrieb am
ich bin nicht überzeugt davon... denk mal ich bleib beim controller
Moodspiegel schrieb am
mhhh ich glaub auch nicht das natal die Ego Shooter oder andre alte Generes bereichen oder verbessern wird ( vill als nettes Gimick ^.^) aber vielleicht gibs ein paar neue Generes zum Beispiel bei Adventures kann ich mir das gut vorstellen die Objekte richt untersuchen unso weiter...(havy rain?)
bei schnelleren spiel typen ist der alte Kontroller glaub ich einfach besser aber wenn nicht zu teuer ist hat natal ja auch immer noch so ein paar geile Funktionen also mir wärs bis jetzt so 70 euro wärt aber ich glaub das ist nur Täumerreirei bei M$ :(
Sergeant_Fenix schrieb am
bnaked hat geschrieben:Natal ist casual mist..
ach mund zu vielleicht wollen andere das mal spielen
schrieb am