von Benjamin Schmädig,

gc-Eindruck: Ion Assault



Als RTL einen modernen Retro-Shooter für Xbox Live Arcade ankündigt hatte, war ich erst mal skeptisch. Es haben schon viele versucht, sich mit Geometry Wars zu messen, nur um an wichtigen Kleinigkeiten wie der Steuerung kläglich zu scheitern. Doch nachdem mir die Münchner Entwickler Coreplay ihre gerade mal 800 Punkte-schweren Download-Action vorgestellt haben, bin ich inzwischen richtig angetan. Ion Cannon sieht nämlich nicht nur aus, als wäre das wabernde Gravitationsnetz aus Geometry Wars zu einer farbenfrohen Waffe geworden - es könnte sich auch als taktisch interessante Abwandlung des beliebten Zwei-Stick-Shooters herausstellen.

Denn obwohl man auch in Ion Assault (ab 2,15€ bei kaufen) mit dem rechten Stick zielt, löst sich der Schuss erst, sobald man die linke Schultertaste loslässt. Zuvor lädt man mit dem Festhalten der linken Schultertaste den Schuss auf. Und es gibt sogar eine gute Erklärung dafür: Was bei Geometry Wars ein Gravitationsfeld ist, sind hier tausende kleiner Ionenpartikel, die das Raumschiff aufsaugen kann. Mit dem Schuss entlädt man schließlich den kompletten "Tank" und die Partikel werden physikalisch korrekt von den Wänden des rechteckigen Spielfelds zurückgeworfen. Besonders in späteren Abschnitten zielt man deshalb im Idealfall dorthin, wo man anschließend hin fliegen wollte, um dort eine prall gefüllte Ionen-Ecke vorzufinden. Diese Taktik soll besonders dann von Vorteil sein, wenn man die Kampagne kooperativ angeht.

Wozu man taktisch vorgehen sollte? Weil man nicht nur sämtliche Asteroiden zerstören muss, sondern sich auch gegen feindselige Außerirdische, z.B. einen mehrgliedrigen Riesenwurm zur Wehr setzen muss, bis sich endlich das rettende schwarze Loch öffnet. Jeweils fünf Levels in vier Szenarien geht das so, wobei einer der Levels stets einem Endgegner gewidmet wird. Natürlich muss sich zeigen, wie viel Zeit ein Abschnitt jeweils kostet; ich hoffe, 16 Levels und vier Bosse sind ausdauernden Retro-Zockern auf Dauer nicht zu wenig.

Klar: Vor allem enthusiastische Highscore-Jäger können sich wieder und wieder an jedem freigeschalteten Abschnitt versuchen. Immerhin geht es Genre-gerecht nicht nur ums Überleben. Stattdessen gibt es Punkte für jeden erledigten Gegner und Asteroiden, wobei das Raumschiff nur dann die hinterlassen schwarz-gelben Murmeln einsammelt, wenn es die Finger vom Ionenfeld lässt. Die Frage nach dem richtigen Timing von Angriff und Einsammeln dürfte angehende Taktik-Studenten also eine Weile beschäftigen. Und wenn sie die Antwort gefunden haben, tüfteln sie am besten noch einen Weg aus, wie man eine Bonusleiste am bis zu fünffachen Maximum hält, die nach wenigen Sekunden ohne Punktefutter wieder auf Null sinkt! Gelegentliche Extras erleichtern dabei die Arbeit, wenn z.B. eine Art fulminanter Ionenkreisel sämtliche Objekte der näheren Umgebung zu Semmelbröseln verarbeitet oder ein schwarzes Loch Asteroiden ansaugt und Sternenstaub aus ihnen macht.

Ein weiterer Anreiz, Ion Assault auch nach dem Freischalten aller Levels zu starten, könnte zudem ein Mehrspieler-Modus sein, der das eigentliche Prinzip modifiziert - denn das synchrone Übertragen der Position von mehreren tausend Ionen-Partikeln ist laut Entwickler Coreplay nicht möglich. Dadurch fällt das kooperative Online-Spiel leider weg. Es könnte allerdings trotzdem spannend sein, eine Art explosive "Schlange", bestehend aus lauter kleinen Bomben, vom eigenen in das feindliche Hauptquartier zu schicken, um es zu zerstören. Bis zu drei Gegner versuchen nicht nur, dies zu verhindern, sondern senden auch ihre eigenen Bomben. Zu allem Überfluss stehen den Bomben außerdem diverse Hindernisse, z.B. Asteroiden oder Sonnen, im Weg - man kann ihnen aber einen einzigen Wegpunkt vorgeben, den sie zwischen ihrem Start und dem Ziel anfliegen und damit sie sicher durch den Hindernis-Parcour kommen...

Das ungewöhnliche Prinzip wirkt viel versprechend und vor allem fordernd; die martialische Interpretation des "Wabereffekts" aus Geometry Wars sieht in späteren Levels richtig klasse aus. Ich bin nur gespannt wie sich das indirekte Schießen anfühlt, denn noch mache ich mir Sorgen, dass sich der vergleichsweise behäbige Ablauf bremsend auf den Spielfluss auswirkt. Und kann das taktisch spannende Konzept lange genug fesseln, damit nicht nur Punktejäger auf ihre Kosten kommen? Es muss zwar noch einige Fragen klären - doch wenn das Konzept aufgeht, könnte Ion Assault ganz schnell zu einem echten Suchtobjekt für Punktejäger werden!

gc-Eindruck: gut



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