von Jörg Luibl,

gc-Eindruck: Alan Wake

Alan Wake (Action-Adventure) von Microsoft
Alan Wake (Action-Adventure) von Microsoft - Bildquelle: Microsoft
Alan Wake (ab 12,49€ bei kaufen) hat mich seit seiner Ankündigung fasziniert. Nicht nur, weil ich die Max Payne-Macher schätze, sondern vor allem aufgrund des erfrischenden Spielkonzeptes, das einen Schriftsteller auf einen Psychotrip schickt. Das Ganze hatte etwas angenehm Mysteriöses an sich, man hoffte auf eine Art westliches Silent Hill mit subtilem Horror, der unter die Haut geht.

Nach dieser ersten Präsentation in Köln, auf der Oskari Häkkinen 18 Minuten live vorgespielt hat, ist diese ganz große Faszination allerdings verflogen. Woran liegt das? Sicher nicht an der Technik, die durchweg überzeugt: Die Kulisse im Elderwood Nationalpark wirkt angenehm schaurig und detailliert, es gibt Tag- und Nachtwechsel, Architektur, Figurendesign und Animationen hinterlassen einen genau so guten Eindruck wie die Soundkulisse.

Aber in der Haut von Alan Wake scheint man mit seiner Taschenlampe, die auch als Zielstrahl für die Waffe genutzt werden kann, relativ geradlinigen Pfaden zu folgen, um seine verschwundene Frau Alice zu finden und schließlich das Geheimnis eines bösartiges Wesens zu lüften, das die Gegend heimsucht und die Menschen in Monstren verwandelt. Oder täuscht der lineare Eindruck?

Man bewegt sich durch Wälder, durchsucht Gebäude, fährt mit dem Auto und findet ab und zu Manuskriptseiten aus einem Horror-Roman: Diese Auszüge werden dann vorgelesen und beinhalten z.B. eine schreckliche Begegnung, die dann in dem Moment Wirklichkeit wird, wenn der Text ausgesprochen wurde - danach schlurfen meist finstere Gestalten aus der Dunkelheit oder Sattelschlepper fahren wie von Geisterhand gesteuert auf Alan zu. Raubt man dem Spieler nicht die Spannung, wenn das Vorgelesene auch passiert?

Alan muss das Licht im Kampf geschickt als Waffe einsetzen, um diese Schattenwesen, die auch mal im Dutzendpack auftauchen, zu besiegen. Dazu sollte möglichst Batterien horten, leuchtende Bereiche erschaffen, indem er z.B. das Fernlicht eines Autos einschaltet und damit durch sie hindurch pflügt oder indem er große Scheinwerfer aktiviert. Dann kann er die mutierten bzw. verfluchten Menschen der Gegend, die mit Äxten und Knüppeln bewaffnet sind, effektiv ins Visier nehmen. Sobald das Licht auf sie trifft, werden sie spektakulär nach hinten geworfen oder direkt verbrannt. Er kann auch Leuchtmunition in den Himmel schießen und eine Zeitlupe nutzen. Allerdings kann man sich nicht selbst aussuchen, wann man das Spiel verlangsamen will - es gibt fest platzierte Stellen, an denen das möglich ist. Warum nimmt man dem Spieler die Freiheit? Oder geht gerade dieses Konzept der kontextsensitiven Bullet-Time am Ende auf? Abwarten.

Das auf den ersten Blick eher gewöhnliche Spielprinzip wurde in der Präsentation mehrmals genau so gezeigt: Manuskriptseite finden, lesen, Schattenwesen bekämpfen, weiter suchen. Und beim ersten Mal sorgten die Schreie und das Brüllen auch noch für Gänsehaut, aber schon beim dritten, vierten Mal nutzte sich der Effekt ab. Natürlich wird das klasse inszeniert und Alans Freund Barry ist schon jetzt ein Kandidat für den besten Nebencharakter eines Spiels: Der leicht übergewichtige Typ mit den Allergien wird einfach hervorragend inszeniert - wenn Alan ihn anstrahlt, regt er sich auf, wenn Alan das Licht ausmacht bekommt er fast einen hysterischen Anfall. Auch Rusty, der Polizist, hinterlässt eine gute Figur. Kurzum: Die Charakterzeichnung wird keine Kopfschmerzen bereiten. 

Aber das bisher durchschaubare Spielprinzip hinterließ beim Zuschauen eher ein Stirnrunzeln, denn nach dem vierten tiefkehligen Brüllen in der Finsternis oder dem zwanzigsten Schattengegner hinterlässt der Horror keine subtile Note mehr. Man musste zwischendurch sogar schmunzeln, wenn mal wieder ein Baum umstürzte - das hatte was von Poltergeist. Man kann sich natürlich täuschen, die Story und die Manuskriptseiten werden vielleicht noch deutlich verstörender, aber bisher wirkt Alan Wake weniger wie ein Psycho-Horror à la Silent Hill, sondern eher wie actionreicher Survival-Horror. Das kann auch Spaß machen, aber das wäre, wenn sich das ganze Spiel denn tatsächlich so präsentiert, nichts Besonderes und eine Enttäuschung für jene, die hinter Alan Wake das ganz besondere Erlebnis vermutet haben. Ich lasse mich als bekennender Remedy-Freund nur zu gerne eines Besseren belehren, wenn die erste spielbare Fassung kommt.

gc-Eindruck: gut

   


Kommentare

Rapidity01 schrieb am
Ich freue mich trotzdem auf das Spiel. Ich brauch kein Silent Hill Abklatsch um es gut zu finden.
Der Amboss schrieb am
Naja, erstmal ein Gut, aber noch hat Jörg es ja nicht selber gespielt.
Sehr wohl war Max Payne eine Offenbarung in Sachen Gameplay. Dieses Spiel hatte fernab von üblicher Ballerei die Bullettime, was das Spiel schon anders gemacht hat. Das dies heute nichts besonderes mehr ist, sollte jedem klar sein.
johndoe860731 schrieb am
Du musst nicht enttäuscht sein.
4players ist einfach zu subjektiv und das man hinter jedem Spiel das Besondere erwartet, ist auch nichts weiter als Humbug.
Alleine schon der Satz: "Es spielt sich weniger wie ein Psycho-Horror, sondern eher wie ein Survival-Horror und wer ganz das besondere erwartet, wird wohl eher enttäuscht sein" ist peinlich genug. Warum ist das eine nun besonderer als das andere :roll: ? Remedy steht für geniale Stories. Max Payne war im Bereich Gameplay jetzt auch keine Offenbarung. Gewöhnlich halt, Bullettime hin, Bullettime her.
Rapi_6662 schrieb am
Oh... bin erstaunt und enttäuscht, aber mal sehen was das Endspiel bringt
johndoe860731 schrieb am
Man sollte die Voll-Version abwarten und dann erst darüber urteilen.
Es ist klar, das ein AW das Rad nicht gänzlich neu erfinden wird. Ich freue mich einfach auf eine packende Story, die Idylle von Bright Falls und Mr. Wake.
schrieb am