Alan Wake
25.09.2009 14:55, Michael Krosta

TGS-Eindruck: Angst im Dunkeln?

"Ich glaube, das hab ich schon mal im E3-Trailer gesehen", meint einer der anwesenden Journalisten während der Präsentation von Alan Wake im schicken New Otani-Hotel direkt am Messegelände. "Aus welchem Jahr?", kontert Matias Myllyrinne, Managing Director von Remedy, und spielt dabei selbstironisch auf die sehr lange Entwicklungszeit an. Immerhin befindet sich der Psycho-Thriller mit Horror-Touch bereits seit 2005 bei den Finnen in der Mache, doch versicherte man uns, dass die lange Odyssee mit dem zuletzt angepeilten Release im Frühjahr 2010 definitiv ein Ende finden wird.

Dem pflichtete auch Ozz Häkkinen als Head of Franchise Development bei, denn im Prinzip sei das Spiel jetzt fertig und man nutzt den Rest der Zeit jetzt nur noch für den Feinschliff. Einen kleinen Vorgeschmack hatten die beiden in Form eines brandneuen Codes dabei, in dem ein anderer Abschnitt vorgeführt wurde. Das Besondere daran: War das Licht - sei es durch den Kegel einer Taschenlampe oder der Sonne bei Tag - bisher Alans stärkste Waffe im Verlauf seines Horror-Trips, wird das Prinzip bei den gezeigten Szenen genau herumgedreht. Auf der Flucht vor der Polizei, die den Autor hinter den mysteriösen Geschehnissen in dem kleinen Städtchen Brightfalls vermuten, muss man den Scheinwerfern der Suchmannschaften mit ihren Spürhunden sowie Helikoptern so gut es geht ausweichen. Atmosphärisch wirkte das spannende Versteckspiel enorm dicht... Vor allem der düstere Wald mit seinen dünnen Nebelschwaden sorgte und die dramaturgisch gezielt eingesetzten Schnitte sorgten für ein cineastisches Flair. In diesem Zusammenhang trägt auch die Klangkulisse enorm dazu bei, dass man in die Welt hineingezogen wird. Der interaktive Soundtrack mit seinen tiefen, bedrohlich klingenden Streichern passt sich scheinbar fließend an die Aktionen des Spielers und die Handlung auf dem Bildschirm an.

Plötzlich bellen Hunde im Hintergrund... Die Suchmannschaften des wahnsinnigen FBI-Agenten scheinen ganz in der Nähe zu sein. Man hört Stimmen. Die Lichtkegel kommen näher und durchschneiden unberechenbar die Dunkelheit. Doch Alan schafft es immer wieder  - wenn auch nur knapp -, nicht von ihnen erfasst zu werden. Bis zu dem Moment, als aus dem Nichts eine Leuchtrakete den Nachthimmel erhellt. "Wir sehen ihn", schallt es aus der Entfernung. Schüsse fallen. Hektische Atemzüge stoßen aus der Lunge des Protagonisten, der nach den vorsichtigen Schleicheinlagen jetzt um sein Leben rennen muss. Doch die Verfolger sind nicht die einzigen Probleme, um die sich Alan Sorgen machen muss: Das mysteriöse Unbekannte aus der Dunkelheit, das ihn schon seit Tagen verfolgt und die Welt sowie seinen Verstand ins Chaos zu stürzen scheint, ist ja auch noch da - und dieses Mal hat er keine Taschenlampe mehr dabei, um sich gegen die seltsamen Kreaturen zur Wehr zu setzen. Doch das Böse hat es in diesem Moment scheinbar nicht auf ihn abgesehen: Der Wind weht stärker und die Kulisse scheint sich vor Alans Augen auf merkwürdige Weise zu verformen. Kurze Zeit später schallen laute Schmerzensschreie und das Jaulen von Hunden durch den Wald und sind ein Indiz dafür, dass diese Macht es auf die Verfolger abgesehen hat. Ist Alan als Nächster dran? Schnitt. Cliffhanger.

Könnte aus einer TV-Serie stammen? Richtig. Remendy orientiert sich bewusst an erfolgreichen Mystery-Formaten wie Lost, Twin Peaks oder Akte X und zieht auch das Spiel episodisch auf. Daneben dienen ihnen auch Romanautoren wie Stephen King als Vorbild, um eine packende Geschichte zu erzählen und diese filmisch in Szene zu setzen. Für den beschriebenen Fluchtabschnitt kam einer der Designer z.B. mit dem grundlegenden Konzept an, die typischen Taschenlampen-Waldszenen aus Akte X mit Sequenzen aus dem Film "Auf der Flucht" zu kombinieren. Eine Mischung, die nach der Präsentation auf jeden Fall aufging und eine willkommene Abwechslung zu den bisher gezeigten Abschnitten darstellt. Großen Wert legt man auch auf eine exzellente (englische) Sprachausgabe, für die man Schauspieler aus New York verpflichtet hat. Auf große Namen von Hollywood-Stars will man dagegen bewusst verzichten, weil die Charaktere für sich selbst existieren und nicht mit einem bekannten Gesicht assoziiert werden sollen. Ich mag zudem das Element, dass Alan als Erzähler aus dem Off während des Spiels auf bestimmte Situationen zurückblickt, die man gerade im Begriff ist, selbst in Angriff zu nehmen. Das mag die eine oder andere Überraschung verderben, aber mit gefällt's...

Als zum ersten Mal spielbare Szenen von Alan Wake gezeigt wurden, war ich allerdings noch dezent enttäuscht. Für mich driftete der Spielablauf mit den unzähligen Schattenwesen zu sehr in die Action-Richtung und ab ich vermisste noch das typische Survival Horror-Gefühl, die Panik, den Psycho-Terror. Nachdem ich heute aber in einem abgedunkelten Raum in kleiner Runde den Titel vorgeführt bekam, konnte ich die beklemmende Atmosphäre erstmals richtig auf mich wirken lassen. Die Flucht durch den düsteren Wald ist einfach sagenhaft und intensiv inszeniert! Hier klopfte nicht nur das Herz des Hauptdarstellers, sondern selbst beim Zuschauen ging der Puls nach oben. Die Entwickler wissen allerdings selbst, dass sie ein derart hohes Tempo nicht ewig aufrecht erhalten können. Ich hoffe, dass sie die richtige Mischung aus ruhigen Einlagen, Action sowie Nerven zerreißender Spannung finden und dabei gleichzeitig eine packende Geschichte erzählen. Nach dieser eindrucksvollen Vorführung bin ich Alan Wake jedenfalls wieder sehr viel positiver eingestellt als vorher...

TGS-Eindruck: sehr gut 

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