Spielkultur
17.12.2018 13:14, Jan Wöbbeking

Britische "Games Workers' Union" soll gegen ausufernde Überstunden und für Diversität kämpfen

In Großbritannien wurde am vergangenen Freitag die erste britische Gewerkschaft der Videospiel-Industrie gegründet: Die "Games Workers' Union" soll laut Sky.com Probleme wie ausufernde Überstunden, prekäre rechtliche Arbeitsbedingungen, Frauenfeindlichkeit oder Homophobie bekämpfen. Gründungs-Mitglied Dec Peach erläutert:

"So lange ich denken kann, wurde es für Beschäftigte in der Spielindustrie als normal angesehen, Arbeit auf Abruf, exzessive und unbezahlte Überstunden sowie sogar Sexismus und Homophobie als nötigen Preis anzusehen, den man für das Privileg der Arbeit in diesem Sektor zahlt."

Auf dem ersten Treffen am Sonntag wurde als wichtigstes Thema die "Crunchtime" auf die Tagesordnung gesetzt, von der viele Mitarbeiter kurz vor Release eines Spiels (oder auch in früheren Phasen eines Projekts) betroffen seien.

Sky zitiert in dem Zusammenhang eine Studie der International Games Developers' Association (IGDA), im Rahmen derer 51% der Spielentwickler bestätigt hätten, dass ihr Job "Crunch Time" umfasse. Weitere 44% hätten über häufige Überstunden oder allgemein längere Arbeitszeit berichtet. Programmierer und GWA-Sprecher Karn Bianco etwa berichtet von 80-Stunden-Wochen in seiner Anfangszeit, viele davon unbezahlt. Da er trotz seines Enthusiasmus schnell negative Effekte bemerkte, habe er allerdings Bemühungen gestartet, seine Arbeitszeit zu verkürzen. Burnout sei in der Spiele-Industrie ein gängiges Phänomen, so Bianco.

Es sei normal, dass Personen fünf Jahre lang durchhielten und dann in Branchen mit besseren Arbeitsbedingungen wechselten. Die Gewerkschaft ist laut Sky zwar Teil der globalen Games Workers' Union, in Großbritannien sei sie allerdings als Arm der "Independent Workers of Great Britain" eingegliedert, welche sich u.a. um prekäre Berufsgruppen der so genannten "Gig-Economy" wie Fahrradkuriere oder Uber-Fahrer kümmere. 

Crunch sei nicht die einzige Problem, um das sich die Gewerkschaft kümmern möchte: Umfragen hätten gezeigt, dass ein Großteil der Entwickler Diversität als wichtiges Thema sehe. Skandale wie der um GamerGate (in dessen Rahmen es zu Todes- und Vergewaltigungsdrohungen gegen Frauen in der Industrie gekommen sei) hätten allerdings ein feindliches Arbeitsumfeld für Frauen und Minderheiten angedeutet.


"Diversität und Inklusion ist ein Problem in dieser mehrheitlich weißen, männlichen Industrie",
postuliert Bianco, "es gibt eine Menge Giftigkeit, die nicht zwangsläufig daher rührt, aber es ist für die Sache sicherlich nicht förderlich. Und das ist etwas, was die Unternehmen traditionell nicht besonders gut angegangen sind."

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