von Benjamin Schmädig,

devcom 2018 - Cory Barlog (God of War): "So etwas werde ich wohl nie wieder tun!"

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devcom 2018 (Messen) von - Bildquelle: Aruba Events, BIU, Koelnmesse
Wenn sich jemand mit God of War auskennt, dann ist es Cory Barlog, der als Game Director für Teil zwei und (zumindest in der Anfangsphase) drei verantwortlich zeichnet und nach einem kurzen Arbeitgeberwechsel von Sony zu Crystal Dynamics in seine berufliche Heimat zurückkehrte, um das God of War für PlayStation 4 zu entwickeln. Auf diese Zeit hat Barlog zurückgeblickt, als er auf der diesjährigen devcom vor so vielen Zuhörern sprach, dass ein Großteil der Interessierten gar nicht mehr in den Saal hineinkam.

Dass das Erschaffen von Kratos‘ aktuellem Abenteuer ein gewaltiges Unterfangen war, macht ein Blick auf das Spiel selbst klar: Alleine die Neuausrichtung des grundlegenden Konzepts erfordert verständlicher Weise nicht nur eine Menge Arbeit – die daran Beteiligten müssen auch erst mal davon überzeugt werden, dass sich diese Arbeit lohnen wird. Und so erwähnte Barlog gleich mehrmals den Widerstand sowie die Zweifel, die Kollegen geäußert haben. Er würde die Serie ruinieren, hätte er ebenso gehört wie ein grundlegendes Misstrauen gegenüber Kratos‘s Sohn Atreus und der Tatsache, dass man dem Kriegsgott ständig über die Schulter schaut, anstatt das Geschehen aus einer „cineastischen“ Perspektive zu beobachten.

Tatsächlich war es zunächst wohl auch nicht so einfach, Atreus als aktiven Teil des Spiels zu definieren und anderen Entwicklern seine angedachte Rolle zu beschreiben. So sei Barlog gefragt worden: „Was soll das sein? Eine gigantische Eskortier-Mission?“ Und auch technisch war das Einbinden des Charakters eine Herausforderung, denn dass der Charakter stets im Bild, aber nie im Weg ist – eine Selbstverständlichkeit, die beim Spielen aber kaum auffällt – war lange nicht der Fall. Mehrmals wäre Atreus jedenfalls beinahe gestrichen worden, sogar Produzenten hätten ihrem führenden Entwickler zu diesem Schritt geraten.

Was viele zunächst offenbar ebenfalls nicht verstanden war die Notwendigkeit einer Kameraführung, die ohne Schnitte auskommt. Eine solche verstärkt das viel beschworene Mittendringefühl – davon waren Barlogs Kollegen allerdings nicht umgehend überzeugt. Er zeigte ihnen daher eine Szene aus John Woos Hard Boiled, die verschiedene Spannungsmomente in einem einzigen Take einfängt. Das verdeutlichte zumindest, wo er mit God of War hin wollte.

Eine andere Idee hat es hingegen nicht ins Spiel geschafft: das so genannte First Strike System. Es hätte dafür gesorgt, dass Kratos und Atreus manche Gegner überraschend angreifen können, woraufhin diese das Weite suchen. Dummerweise machte es keinen Spaß so zu spielen, weshalb das System kurzerhand gestrichen wurde. Auch menschliche Gegner und entsprechende Camps gab es zunächst, wurden später aber gestrichen. Barlog weist auf etliche Zeilen Dialog hin, die damit wegfielen – und viele vermutlich enttäuschte Autoren.

Und Apropos Geschichte: Auch die musste der Creative Director relativ früh komplett neu verfassen, sehr zum Ärger eines Autoren, der daraufhin das Team verließ. Die Beziehung der beiden sei inzwischen wieder im Lot, aber das Umstellen der Handlung ein schwerwiegender Eingriff gewesen. Als Neuerung kam z.B. Atreus Mutter hinzu, die ursprünglich gar nicht Teil der Erzählung war.

Eine Schwierigkeit, mit der Barlog zu kämpfen hatte, war nicht zuletzt die Größe seines Teams, die schneller als erwartet in den dreistelligen Bereich anstieg. Weil so viele Entwickler beteiligt waren, wurden zahlreiche Bausteine wohl gleichzeitig erschaffen, weshalb die Teams häufig darauf warten mussten, dass ein anderer Teil fertiggestellt wurde, bevor sie selbst weitermachen konnten.

Irgendwann kam schließlich die Zeit, das Spiel nicht nur zu enthüllen, sondern erstmals auch live vorzuführen. Barlog konzipierte also eine E3-Demo, stellte seinen Plan den Verantwortlichen vor und meinte scherzhaft, er würde in Begleitung eines Live-Orchesters spielen. Was als Scherz gedacht war, gefiel dem Rest dummerweise ausgesprochen gut, war fortan abgemachte Sache – und setzte den Creative Director gehörig unter Druck. Immerhin musste er die Demo jetzt unbedingt punktgenau und fehlerfrei spielen. Barlog sah sich dem Vorwurf ausgesetzt sein Stunt würde das gesamte Projekt gefährden und sagt heute selbst: „So etwas werde ich wohl nie wieder tun!“ Bekannterweise glückte die Präsentation und God of War schien auf einem guten Weg.

Interessant übrigens, dass God of War nach internen Vorgaben eigentlich im Oktober 2017 veröffentlicht werden sollte. Ebenfalls interessant, dass Schauspieler heutzutage deutlich aufgeschlossener gegenüber Videospielen seien, denn während der bereits für God of War 2 verantwortliche Spieleregisseur damals schon mal zu hören bekam, man würde Spiele hassen, genießen diese jetzt ein ganz anderes Ansehen – auch bei namhaften Mimen.

Interessanter außerdem, dass Shuhei Yoshida eine frühe Version dieses God of War spielte und alles andere als begeistert schien. Tatsächlich erzählt der Chef von Sonys Spielesparte einem Kollegen des Spielemachers später: „Ich war entsetzt.“ Kein Wunder, denn zu diesem Zeitpunkt waren verschiedene Aspekte, allen voran die Bildrate, noch nicht optimiert, weshalb Barlog in den darauffolgenden Wochen alles daran setzte die verschiedenen Elemente harmonisch zusammenzufügen. Und tatsächlich: Als Yoshida es einige Zeit später noch einmal probierte, sei er zumindest „nicht mehr entsetzt“ gewesen.

Auch die Nutzerführung sei etwas, das erst spät die Gestalt annahm, die man heute kennt. Eine frühe Version habe überhaupt keinen Spaß gemacht und im Nachhinein wünscht sich Barlog er hätte einen darauf spezialisierten Fachmann eingestellt. Weil er die anderen Designer seines Teams allerdings nicht verletzen wollte, habe er darauf verzichtet – was deshalb ein Fehler sei, weil viele Aspekte der Spielentwicklung heute nach Experten verlangten.

Unterm Strich hätten nicht nur manche Kollegen an der Neuausrichtung der großen Serie gezweifelt, auch der federführende Kopf stand wohl mehrmals vor dem Aufgeben, sei aber immer wieder vom Gegenteil überzeugt worden. Und immerhin: Schlussendlich hat sich sogar die Person entschuldigt, die ihm vorwarf, die Zukunft der gesamten Serie um Kratos zu gefährden. Zurecht, möchte man meinen.


Kommentare

dx1 schrieb am
VokuhilaChildLover hat geschrieben: ?24.08.2018 10:28 ?
Kein Beitrag zum Thema, aber dafür richtig aggressiv. Möchtest Du eine Verwarnung?
SmoKinGeniusONE schrieb am
Pommern hat geschrieben: ?20.08.2018 17:00 Was für ein Kindergarten hier. :oops:
Aber echt ey
Die News ist voll geil und zeigt wie schwer es eig ist so ein (Neuartiges) Meisterwerk durch zu schaukeln.
Hoffe bloss das sich die Aussage nicht auf die Spielwelt auswirkt (Ok wenns sich positiv auswirkt / Negativ könnte evt. sogar die ganze Spielindustrie zerstört werden.)
VokuhilaChildLover schrieb am
Ja. Das, was nun mit knapp 100Posts durchgekaut wurde, ist mir einfach zu hoch. Führt es bitte weiter aus.
danke15jahre4p schrieb am
mal dran gedacht, dass es mehr posts zum thema wären wenn die überschrift nicht so gewählt wurde? oder ist dir das zu hoch?
greetingz
schrieb am