Activision Blizzard
05.08.2010 17:20, Julian Dasgupta

Weibliche Helden fehlen?

In einem Gamasutra-Artikel setzt sich Leigh Alexander mit der Frage auseinander, warum in sämtlichen Großproduktionen Activisions fast ausschließlich männliche Protagonisten die Hauptrolle spielen. Basierend auf den zugespielten Informationen soll es sich dabei nämlich nicht um einen reinen Zufall handeln, sondern um das Resultat der vermeintlichen starken Marktorientierung des Unternehmens.

Das vor einiger Zeit angekündigte True Crime: Hong Kong sei ursprünglich kein Ableger der Serie gewesen. Der einst von Treyarch produzierte, Black Lotus getaufte Titel sei zwar auch in Hong Kong verortet gewesen, habe aber einen weiblichen Hauptcharakter gehabt, der der Schauspielerin Lucy Liu nachempfunden worden war. Man sei sehr stolz auf das Spiel gewesen, so ein Entwickler, der an der Produktion beteiligt war. Die Top-Seller in jenem Jahr (2007) seien aber Spiele wie Call of Duty 4: Modern Warfare , Halo 3 , Assassin's Creed und Madden NFL 08 gewesen. Der Publisher habe darauf basierend geschlussfolgert, dass es im Markt keinen Platz für Spiele mit weiblichen Hauptcharakteren gebe.

"Wir waren eigentlich alle an Bord, und dann hat Activision es abgewürgt und gesagt, dass sie keine weiblichen Charaktere machen, weil die sich nicht verkaufen", merkt ein anderer Entwickler an. Eine weitere Quelle meint: "Activision hat uns die spezielle Anweisung gegeben, das Mädel loszuwerden."

Ein weiteres generelles Problem seien die Fokusgruppen-Test, mit denen Markttrends erfasst werden sollen. Deren Ergebnisse würden es schwierig machen, neue Konzepte durchzusetzen und sich negativ auf Innovationen und auch die allgemeine Qualität auswirken. Letzeres sei auch darin begründet, dass Studios während der Produktion plötzlich Änderungswünsche erhielten, um ja den Checklisten zu entsprechen - selbst wenn die Designteams das anders gesehen hätten. Die durchwachsenen Wertungen von Singularity seien ein Beispiel dieser Herausforderungen. Auch beim Umbau von Black Lotus habe man sich gegen das Team durchgesetzt, das eigentlich nicht erpicht darauf gewesen war, den Spuren des wenig erfolgreichen True Crime: New York City zu folgen.

Activision habe "keinen Platz für ein in einer offenen Welt angesiedelten Spiel mit einem Hong Kong-Action-Movie-Gefühl und einer Heldin, weil es dieses Spiel nicht bereits gibt", unkt eine der Quellen. Ein Spiel mit einer offenen Welt, mit einem Gangster als Hauptcharakter, der Autos klaut - kein Problem, schließlich habe sich GTA IV ja auch über zehn Mio. Mal verkauft.

"Wenn Activision keinen weiblichen Hauptcharakter in den fünf bestverkauften Spielen eines Jahres sieht, dann werden sie auch selbst keinen einbauen. Und die Leute, die sowieso dagegen sind, werden Spiele wie Wet und Bayonetta  als 'Beweis' dafür heranziehen, dass Heldinnen sich nicht so gut verkaufen", so einer der Entwickler.

Generell sei es für die Designer schwierig sich gegen Entscheidungen des Managements und der Marketingabteilung durchzusetzen. Oftmals würden die jene Fokustests auch so nutzen, um die eigene Meinung zu untermauern. Die meisten der Tests seien sehr "fragwürdig". Wenn jemand vom Publisher sich nicht durchsetzen kann mit einer Idee, dann würden die Testfragen und die Ergebnisse durchaus mal entsprechend gebogen bzw. ausgelegt. In einem Fall seien die Resultate ziemlich positiv im Sinne des Teams ausgefallen - die an das höhere Management weitergeleiteten Daten hätten aber plötzlich das Gegenteil dargelegt.

Selbst wenn sich weibliche Charaktere in Fokustests durchsetzen würden, wäre es immer noch recht schwierig ohne ein entsprechendes Marktumfeld, in dem ein Spiel mit Heldin zu den Top-Sellern gehört.

Auf Anfrage ließ Activision verlauten: "Activision respektiert die kreative Vision seiner Entwicklungsteams. Es ist in der Firma nicht gang und gäbe, dass den Studios gesagt wird, welche Spielinhalte sie produzieren können, auch hat das Unternehmen keinem seiner Studios gesagt, dass sie keine Spiele mit weiblichen Hauptprotagonisten entwicklen können."

Im Falle von True Crime: Hong Kong habe es keine derartigen Anweisungen gegeben, heißt es da - auf das Ursprungsprojekt Black Lotus ging der Publisher aber nicht ein. Wie alle anderen Hersteller auch würde man natürlich Marktforschung betreiben, um besser zu verstehen, was die Spieler wollen, merkt Activision außerdem hinsichtlich der Fokustests an.

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