Der 4P-Technik-Check
04.02.2009 12:00, Michael Krosta

Teil 2: Pop-Ups & Fade-Ins

Als Computer- und Videospiele den Sprung in die dritte Dimension wagten, wurde für viele Entwickler ein Traum wahr: Riesigen Welten, in denen man sich frei bewegen kann, detaillierte Polygon-Objekte und ganz neue Ansätze im Spieldesign. Doch die neue Freiheit brachte auch die eine oder andere technische Hürde mit sich, die sich vor allem in der Anfangszeit nur schwer überwinden ließ. Eine davon macht selbst heute noch manchen Spielen zu schaffen: Die maximale Zeichentiefe, also die Entfernung von Objekten, die von der Grafikengine gerade noch dargestellt werden kann. Erscheinen diese plötzlich und unvermittelt auf dem Bildschirm, spricht man von:

Pop-Ups oder Probleme im Bildaufbau

Ein Beispiel: Man fährt mit Vollgas mitten durch eine Stadt und merkt schon, dass die Grafikengine große Probleme mit dem Bildaufbau hat. Passanten tauchen wie aus dem Nichts auf dem Gehweg auf, plötzlich wird man aus dem Nichts mit Gegenverkehr konfrontiert, Häuserfassaden erscheinen erst, kurz bevor man sie passiert und die Sichtweite beträgt aufgrund des langsamen Bildaufbaus gefühlte zehn Meter. Plötzlich erscheint ein neuer "Landschaftsblock" auf der Mattscheibe und bringt eine scharfe Linkskurve mit sich. Keine Zeit mehr zu reagieren - es kracht! Das Rennen ist gelaufen und der Spielspaß wird von der Technik-Schrottpresse zermalmt.

Vor allem Rennspiele werden von diesem Phänomen heimgesucht, weil die Kurse meist in weitläufigen Landschaften eingebettet sind, die auch von der Grafik-Engine dargestellt werden müssen. Gleiches gilt für große offene Welten wie z.B. Oblivion oder GTA. Je höher aber die Weitsicht, desto mehr (Polygon-)Objekte müssen gleichzeitig dargestellt werden. Diese wiederum fressen nötige Ressourcen, die man z.B. lieber in eine stabile Framerate investieren würde - ein Teufelskreis. Es gilt also, einen Kompromiss zu finden zwischen Detailreichtum, Sichtweite und Leistung der Engine. Einige Entwickler schaffen das - andere nicht. Es beschwert sich sicher niemand, wenn mal ein oder zwei Blumen am Seitenrand aufpoppen, doch wenn ganze Gebäudekomplexe plötzlich aus dem Nichts erscheinen, drückt das nicht nur auf die Glaubwürdigkeit, sondern auch auf den Spielspaß.

Video: Crazy Taxi macht zwar immer noch einen Heidenspaß, aber die Pop-Ups sind teilweise sehr extrem (PS2-Version).

Um den Pop-Ups ohne merkliche Leistungseinbußen entgegen zu wirken, greifen die Designer gerne in die Trick-Kiste: Gerade bei der Entwicklung von Rennspielen werden fiktive Kurse meist so gebaut, dass durch Kurven und hohe Gebäude am Fahrbahnrand die Weitsicht künstlich eingeschränkt wird, ohne dass man sich dessen bewusst wird oder dies negativ auffällt. Ein Luxus, von dem man bei Simulationen mit möglichst akkuratem Streckendesign nur träumen kann. Ebenfalls beliebt ist der Trick, mit einem statischen Hintergrundbild Weite zu suggerieren - Gran Turismo 4 lässt grüßen. Besonders auf dem N64 wurde eine Technik berühmt, die dem Gerät auch ihren Spitznamen "Nebel 64" verdankt: Distance Fog. Dadurch wird der Pop Up-Effekt abgeschwächt und kaschiert, denn die Objekte ploppen nicht länger plötzlich ins Bild, sondern werden vergleichsweise langsam aus dem künstlichen Nebel heraus eingeblendet. Daher auch die gängige Bezeichnung Fade-Ins, wie man sie auch am Beispiel von GTA: San Andreas oder auch Morrowind gut erkennen kann (=> Video).
Standen früher selbst bei Top-Spielen wie Gran Turismo oder Tomb Raider die Pop-Ups beim Grafikaufbau an der Tagesordnung, sind sie heute eher die Ausnahme, da die Leistungsfähigkeit moderner Grafikchips mittlerweile eine enorm hohe Zeichentiefe ermöglicht. So wollen die Asobo Studios mit FUEL z.B. eine Weitsicht von über 40 Kilometern realisieren, doch wird sich diese nach aktuellem Stand noch durch eine massive Anzahl an Pop-Ups im Vordergrund erkauft. Während Besitzer von Konsolen in der Regel damit leben müssen, was die Entwickler aus der Hardware heraus kitzeln, haben PC-Spieler normalerweise die Möglichkeit, in den Grafikeinstellungen die Zeichentiefe manuell an die Leistungsfähigkeit ihres Systems anzupassen und eine individuell optimale Balance zwischen Performance und Darstellung auszutüfteln. Doch wie fließt ein gestörter Bildaufbau überhaupt in die Bewertung ein? Kaum, denn wie bereits gesagt, sind Pop-Ups oder Fade-Ins heutzutage eher eine Seltenheit und treten meist nur vereinzelt auf. Zudem haben sie im Gegensatz zu Slowdowns mittlerweile kaum störenden Einfluss auf den Spielablauf. Erscheinen allerdings plötzlich riesige Teile der Umgebung wie aus dem Nichts oder werden die Kulissen durch ein unaufhörliches Aufpoppen von Objekten verunstaltet, wirkt sich eine solch mangelhafte Technik auf die Spielspaß-Wertung aus.

0
0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.