Der 4P-Technik-Check
25.03.2009 13:41, Michael Krosta

Teil 6.1: Sound in Spielen

Früher war man schon froh, wenn der interne PC-Speaker eine kleine Melodie vor sich hin piepte oder erste Versuche zeigte, so etwas wie einen Soundeffekt zu simulieren. Heute pfeifen einem dagegen realistisch anmutende Kugeln aus allen Richtungen im heimischen Wohnzimmer um die Ohren, während man heftige Explosionen dank des druckvollen Subwoofers auch in der Magengegend spürt und das Röhren von PS-starken Motoren die Wände zum Wackeln bringen. Wie wichtig ist euch eigentlich der Sound in Spielen? Falls ihr Lust habt, könnt ihr an unserer Umfrage teilnehmen! Jedenfalls war das Klangfeld in Videospielen nie so brachial, packend und voller Dynamik wie heute. Doch was steckt hinter Begriffen wie Dolby Surround, DTS und EAX? Und welche Entwicklung und Fortschritte hat die Audio-Technologie in den letzten Jahren gemacht? Es geht um die Technik hinter dem

SOUND IN VIDEOSPIELEN

Am Anfang war der Piepser. Jeder, der wie ich in den Achtzigern mit einem IBM-PC in die Computerwelt eingestiegen ist, wird bezeugen, dass der Mono-Speaker im Gehäuse eine Qual für die Ohren war. Die Lautstärke ließ sich nicht regeln und gerade höhere Frequenzen grenzten schon fast an Körperverletzung. Dagegen wirkten die Klänge des SID (Sound Interface Device)-Chips aus dem C-64 mit seinen drei Monokanälen schon wie eine wohlige Sinfonie, da er in der Lage war, polyphone Sounds, also mehrere Klänge gleichzeitig, auszugeben. Dank des SID-Formats kann man die Chip-Melodien von damals auch heute an modernen PCs mit entsprechenden Playern und Plug-Ins genießen. Richtig spannend wurde es aber erst mit dem Nachfolger des C-64 - dem Commodore Amiga. Paula, wer ist eigentlich Paula? So hieß der Soundchip, der auf der "Freundin" seinen Dienst verrichtete und mit vier Kanälen die Samples jonglieren konnte - und das in Stereo. Soundmagier Chris Hülsbeck und Jochen Hippel haben es durch einen Softwaretrick sogar geschafft, drei weitere Ton-Kanäle hinzuzufügen und eine "7 Voice-Routine" zu entwickeln, die erstmals beim Titelsong von Turrican II auf dem Amiga zum Einsatz kam.

Auf dem PC oder Konsolen wie Segas Megadrive konnte man zu dieser Zeit von einem ähnlich beeindruckenden Sound nur träumen, denn hier kam sowohl für die Musik als auch die Effekte immer noch die Frequenzmodulationssynthese (FM-Synthese) zum Einsatz, bei der die Klänge wie bei einem Synthesizer mittels Oszillatoren künstlich hergestellt werden. Das änderte sich am PC erst mit der Ankunft der Soundblaster-Karten von Creative Labs, die im Gegensatz zu den Adlib-Karten auch Samples und damit digitalisierte Klänge abzuspielten. Zwar ließ die Qualität zu Beginn noch zu wünschen übrig und Samples wurden in erster Linie für Soundeffekte und Sprachausgabe eingesetzt, doch wurden am PC bald die ersten Tracker-Programme wie Fast Tracker oder Impulse Tracker entwickelt, mit denen das vom Amiga bekannte Prinzip auch bei PC-Musik zum Einsatz kam, ohne den Klangkünstler aufgrund der zahlreicheren Ressourcen so einzuschränken wie auf dem Commodore-Rechner. Parallel dazu entwickelte sich am PC ein weiterer Trend, der sich um den Standard General MIDI drehte: Dabei wird auf einen vorgefertigten Katalog, einen so genannten Wavetable, aus 128 Klängen zurückgegriffen, die alle fest angeordnet sind. Egal, welche MIDI-kompatible Soundkarte sich im Gehäuse befindet, ist z.B. das Instrument Nr. 42 immer die Viola, während z.B. die Trompete auf die Nummer 57 festgelegt ist. Leider gab es große Schwankungen bezüglich der Sample-Qualität und auch der Kreativität wurden Grenzen gesetzt, mit denen sich experimentierfreudige Klangkünstler nicht zufrieden geben konnten, die lieber eigene Sounds bastelten, anstatt sich auf eine vorgegebene Auswahl beschränken zu müssen. Einziger Vorteil: Man konnte auf Wunsch auch seinen High-End-Supersynthesizer via MIDI-Kabel mit dem PC verbinden und dadurch den Nachteil mangelhafter Samples im Speicher der Soundkarte ausgleichen. Außerdem war ein paralleler Betrieb von Soundblaster-Karten möglich, die sich um die digitalisierten Effekte kümmern konnten. Roland lieferte dagegen schon zu Adlib-Zeiten Soundkarten aus, die sich durch eine gehobene Klangqualität auszeichneten, aber für den normalsterblichen Spieler nahezu unbezahlbar waren.

In den Konsolen verrichteten jedoch in der Regel speziell designte Chips die Arbeit, die in einem PC die Soundkarten oder Onboard-Lösungen übernehmen. Dabei stieg mit jeder neuen Generation die Anzahl der Tonkanäle und Leistungsfähigkeit der Chips an - mit Ausnahme des N64, wo Nintendo komplett auf einen Soundchip verzichtete und stattdessen den Hauptprozessor mit der Tonverarbeitung betraute. Kein Wunder also, dass N64-Spiele nicht gerade durch eine klanggewaltige Soundausgabe auffielen, wobei auch die beschränkte Speicherkapazität auf den Modulen ihren Teil dazu beitrug. Auf PlayStation, Saturn & Co war man schon weiter und lauschte professionellen Klängen und Effekten, die meist als Audio-Tracks auf die CD gebrannt wurden und den integrierten Soundchip kaum beanspruchten. In dieser Zeit trat auch erstmals vermehrt die Bezeichnung "Dolby Surround" in Spielen auf - ein Dekodierverfahren des Unternehmens Dolby, das zuvor hauptsächlich mit der Filmindustrie in Verbindung gebracht wurde und einfache Stereosignale in einen effektvollen Raumklang umwandeln sollte. Zwar protzte Factor 5 bei Turrican 3 und B.C. Kid bereits mit einer vermeintlichen Dolby Surround-Abmischung, doch eine großartige Veränderung zum üblichen Stereoton hat man nicht wirklich gehört.

Dolby Surround

Doch generell war Dolby Surround verglichen mit heutigen multidirektionalen Effekten nur ein erster kleiner Schritt in Richtung Raumklang, bei dem analoge Stereo-Tonsignale mit der Hilfe einer Matrixkodierung zusätzlich auf einen Center-Kanal in der Mitte sowie zwei Effekt-Lautsprecher hinter dem Hörer verteilt werden. Da lediglich Anteile des Stereo-Signals mit der Hilfe von Phasenkohärenz und Phasenumkehr aus dem Stereo-Signal herausgefiltert werden, um die ursprünglichen vier Kanäle zu rekonstruieren, ist eine deutliche Kanaltrennung bei Dolby Surround nicht möglich - zumal es neben den beiden Front-Kanälen und dem Center in der Mitte lediglich einen Surround-Kanal mit einem beschränkten Frequenzbereich für die beiden Rear-Boxen gibt. Diese werden hauptsächlich für Effekte wie Echo genutzt und verleihen dem Klang dadurch mehr Raum, während der Center-Lautsprecher in der Mitte hauptsächlich die Dialoge hervorheben soll. Das Format Dolby Pro Logic basiert auf dem gleichen System und kam neben Filmen sowie Musik-CDs auch in Spielen wie z.B. Need for Speed III oder Wing Commander III zum Einsatz. Verglichen mit dem heutigen Standard Dolby Digital war der räumliche Eindruck allerdings eher bescheiden...

Mit den fortschrittlicheren Raumklang-Techniken werden wir uns in der nächsten Woche im zweiten Teil des Technik-Checks zum Thema Sound in Videospielen beschäftigen.

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