»Ein neues Spiel im Fallout-Universum« sollte es werden, »aber keine große Fortsetzung.« Und tatsächlich: Während der eigenständige Abstecher nach New Vegas in etwa so umfangreich sein soll wie Fallout 3, erkennen selbst Plutonium-gebräunte Wastelander erst auf den zweiten Blick Unterschiede zum »Hauptspiel«. Die Geschichte beginnt allerdings ganz anders - und mit ihr betritt auch ein neuer Protagonist die Bühne des postatomaren Amerikas.
Im Mittelpunkt steht die weitläufige Gegend um die ehemalige Glücksspielmetropole: Mal bezieht man im Maul eines großen Dinosaurier-Nachbaus namens Dinky einen Wachposten, ein andermal kann man in der Ferne schon die Reste des einst strahlenden Vegas Strips ausmachen. Verrottete Achterbahnschienen über einem Hotel erinnern als stumme Zeugen ebenso an die bunte Vergangenheit wie ein Spielautomat in Goodsprings - dem kleinen Ort, an dem der neue Held erwacht. Ein Doktor hilft dem bei einem Überfall beinahe Gestorbenen auf die Beine, testet seine oder ihre Persönlichkeit in einem kurzen Psycho-Quiz (»Was siehst du auf diesem Bild?«, »Woran denkst du bei diesem Wort?«) und schon ist die Einführung bestanden. Weil die meisten Spieler bereits mit Fallout 3 vertraut sind, fällt der Einstieg deutlich knapper aus als im Vorgänger. Wer will, justiert natürlich alle dabei entstandenen Charakterwerte manuell nach.
Bleibt die Frage, warum man beinahe getötet wurde und warum man von einem mysteriösen Roboter wiederbelebt wurde... Die Aufklärung des Mysteriums wird die erste Aufgabe des oder der Wiederauferstandenen sein. Währenddessen wird man sich bewusst, dass es in New Vegas geradezu brodelt, denn verschiedene Fraktionen ringen um die Vorherrschaft. Wichtig wird deshalb sein, wessen Vertrauen man sich erspielt und welche Aufträge und Einblicke sich so ergeben.
Wir sahen z.B. wie Chris Avellone von Entwickler Oblivion (
Star Wars: Knights of the Old Republic 2,
Neverwinter Nights 2) dank seines guten Verhältnisses zu einer der Fraktionen an das Kontrollpult eines gigantischen Lasers schlich, der vom Orbit aus Unheil anrichtet. Dort hatte er die Wahl: Aktiviert er den Laser für die, die ihm Zugang verschafft hatten oder nutzt er ihn für seine eigenen Zwecke? Und "natürlich" hatte er ganz andere Pläne für die Superwaffe, was seine ehemaligen Verbündeten gar nicht gerne sahen. Doch gerade als deren Verstärkung dabei war, auf seine Position vorzurücken, tauchte ein riesiger Strahl die Umgebung in ein gleißendes Licht der Zerstörung... Einmal pro Tag wird man die Superwaffe nutzen können, um besonders brenzlige Situation zu überstehen.
Spielerisch wird sich trotz der Neuerungen allerdings wenig ändern; neue Fähigkeiten für Nahkämpfer und Schleicher unterstreichen allerdings das individuellere Vorgehen und sorgen für noch brachialere Gefechte. Schade, dass sich Gegner mit verletzten Gliedmaßen aber noch immer so verhalten, als hätten sie nur einen Kratzer abbekommen. Viel versprechend klingt hingegen der neue Hardcore-Schwierigkeitsgrad, denn der richtet sich an echte Beißer: Ohne Wasser wird man in der Einöde verdursten, Erste Hilfe-Mittel heilen den Körper nur langsam und jede Munition hat ein Gewicht. Wem das zu viel wird, der kann auch eine Schwierigkeitsstufe zurückschalten - kann das allerdings nicht wieder rückgangig machen. So verhindern die Entwickler, dass man sich z.B. um einen schwierigen Kampf drücken kann.
Vereinfacht wurde übrigens das Erteilen von Befehlen an Begleiter - sämtliche Funktionen, auch das Zuteilen von Ausrüstungsgegenständen, werden in Zukunft über ein komfortables Kreismenü abgerufen. Nicht zuletzt hat Oblivion auch die Gespräche erweitert, denn in New Vegas darf man besonders clevere Sprüche nicht nur mit einem hohen Sprachtalent reißen, sondern auch wenn man eine dazugehörige Fähigkeit beherrscht. So kann z.B. ein Pyrotechniker seinem Gegenüber selbst dann Dynamit abluchsen, wenn sein Charisma zum Himmel stinkt. Creative Director Avellone verschaffte sich damit einen Vorteil im Kampf gegen eine Bande, die schon eine Weile lang Unruhe in Goodsprings gestiftet hatte.
Der Himmel ist klarer und die Gebäude sind besser intakt, aber sonst gleicht der Abstecher an die Westküste dem Ausflug nach Washington sehr auffällig. Das heißt natürlich auch, dass Bethesdas Amerika noch immer zu den stimmungsvollsten Spielewelten gehört, denn wie gehabt gibt es jede Menge schräger Charaktere sowie eine riesige freie Welt - dazu kommt das kniffliges Spiel um die Gunst der verfeindeten Fraktionen. Veteranen freuen sich besonders auf die neue Hardcore-Schwierigkeit, Schleicher und Nahkämpfer über neue taktische Möglichkeiten und die zusätzlichen Dialogoptionen sind eine sinnvolle Ergänzung... Aber natürlich: Letztlich schwebt der schwere »Add-On«-Stempel recht bedrohlich über den Resten der ehemaligen Glücksspielhölle. Ob die Faszination Fallout dadurch einen Dämpfer erfährt, wird sich im Laufe der nächsten spielbaren Versionen zeigen.
Alles, was man sonst zu Fallout: New Vegas (
ab 2,45€ bei kaufen) wissen müsst, ist in unseren
First Facts nachzulesen.
Die ersten Impressionen sind
hier zu finden.