Milo and Kate
21.03.2013 23:01, Julian Dasgupta

Ein Blick hinter die Kulissen

Milo and Kate gehört zu den etwas seltsamen Phänomenen der Xbox 360-Historie. Der Titel spielte eine zentrale Rolle bei der Vorstellung von Kinect (damals: Project Natal), wurde aber später als Tech-Demo, dann wieder als Spiel, dann doch aber wieder als Tech-Demo deklariert. Das Ende der Produktion nagte ziemlich an Peter Molyneux und war auch einer der Gründe, warum der Brite im vergangenen Jahr letztendlich seinen Posten bei Microsoft verließ, um sich noch mal in die Selbstständigkeit zu stürzen.

In einem ebenso umfangreichen wie lesenswerten Artikel wirft Matt Leone für Polygon einen Blick zurück und zeichnet dank diverser Interview mit Leuten, die an Milo beteiligt waren, ein Bild davon, was es eigentlich mit dem Spiel auf sich hatte.

Dabei fängt er bereits im Jahr 2001 an, als Molyneux bei Lionhead sein legendär vaporware-haftes Dimitri lostrat, das mehr Baukasten und Labor denn Spiel war. Das "interaktive Drama" rund um einen Jungen in einer Stadt der 50er, später dann der 80er Jahre war laut Mark Healey "eine Sache, die die ganze Zeit bei Lionhead lief, bei der keiner einen blassen Schimmer hatte, was das eigentlich sein sollte."

Nach fünf Jahren Arbeit und einem größeren Redesign stampfte Lionhead das Projekt zur Zeit der Übernahme durch Microsoft im April 2006 dann ein. Ein Großteil des Teams habe dann an Survivors gearbeitet, einem post-apokalyptischen Third-Person-Shooter, der sich um eine Familie drehte, die die USA durchqueren will. Jenes Vorhaben wurde aber bald wieder eingemottet.

2007 habe Molyneux dann Garry Carr darum gebeten, eine Idee von ihm weiterzuspinnen. Er habe immer Spiele gemacht, bei dem es um Völker bzw. eine große Zahl von Leuten ging - jetzt würde er gerne ein Spiel machen, bei der eine einzige Person im Fokus steht. Ein Kind sei dabei ideal, da es Wissen wie ein Schwamm aufsauge und sich weiterenwickeln/wachsen könne.

Seinerzeit war das Konzept noch für den normalen Controller konzipiert worden - als Molyneux als Chef der Europa-Sparte der Microsoft Games Studios Wind von Kinect bekam, beschloss er, auf jenes Zubehör zu setzen.

Irgendwann sei das Projekt dann zum Politikum geworden: Aufgrund des Konzepts bekam der Hersteller Angst, Milo and Kate könnte in Zusammenhang mit Themen wie Missbrauch und Pädophilie für negative Schlagzeilen sorgen. So konnte man dem Jungen per Kinect eigene Zeichnungen präsentieren oder sollte ihn in einer Szene beim Ankleiden helfen - Aspekte, die bestimmten Teilen der Presse wohl als dankbare Vorlage hätten dienen können.

Problematisch sei auch gewesen, dass unklar war, welches Zielpublikum man mit Milo and Kate eigentlich ansprechen wollte. So hätte Molyneux irgendwann von Familien und Erwachsenen geredet, während manch Entwickler zu jenem Zeitpunkt mit Kindern, bestenfalls Familien als potenziellem Publikum gerechnet hätten.

Der Artikel geht noch weiter ins Detail über den Ablauf des Spielgeschehens, potenzielle Problemherde, das Ende des Projekts im September 2010, präsentiert aber auch Bildmaterial und sogar Prototypen-Videos von Dimitri. Interessant, aber auch bezeichnend: Rückblickend sind einige der Leute, die an Milo and Kate beteiligt waren, uneins darüber, ob  der Titel, an dem zur Spitzenzeit über 80 Entwickler werkelten, denn nun letztendlich ein Spiel, eine Demo oder ein Experiment war.

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