Microsoft
13.02.2013 23:47, Julian Dasgupta

"Lebt in einer naiven Traumwelt"

Mit Hinblick auf die Eroberung des Wohnzimmers und die PC-Plattform hatte Gabe Newell vor einigen Wochen orakelt, nicht Microsoft, Sony oder Nintendo seien die wirklichen Konkurrenten, sondern Apple. Ganz ähnlich sieht das auch Nat Brown, der auf seinem Blog vor allem seinen einstigen Arbeitgeber ins Visier nimmt.

Als einer der Gründer des ursprünglichen Xbox-Teams hatte Brown Microsoft beim Einstieg ins Konsolengeschäft geholfen, das Unternehmen aber 1999 - zwei Jahre vor dem Verkaufsstart der Xbox - verlassen. Er sei stolz auf das, was der Hersteller seitdem erreicht hat. Die letzten fünf Jahre seien aber eher schmerzhaft gewesen, habe man es doch nicht vermocht, wirklich innovativ zu sein oder sich Erfindungen wie Kinect richtig zu Nutze zu machen. Das, was Microsoft als geplanten Erfolg verkauft, habe man letztendlich den Fehlern der Konkurrenz zu verdanken.

Dem Konzern fehle die langfristige Strategie und das Verständnis für die Eroberung des Wohnzimmers. Dabei gehe es nicht um die breit aufgestellten Entertainment-Bemühungen aus Redmond - die Xbox sei seit jeher als Trojanisches Pferd gedacht gewesen für größere Pläne. Microsoft stampfe jetzt aber stolzt durch die Gegend und fantasiere über eine ferne Zukunft, "während ihr Kernprodukt, ihre Heimatstadt in Flammen steht, ihre Soldaten, ihre Entwickler müde sind und desertieren und ihr Nachschub stockt."

Der Xbox fehle ein funktionierendes und wachsendes Ökosystem, in dem kleine Entwickler ihre Spiele digital an Xbox-Nutzer verkaufen können. Die Einstiegshürde bei Xbox Live Arcade sei durch die Kosten (10.000 Dollar für registrierte Entwickler), Microsofts mögliches Veto und andere Bedingungen zu hoch im Vergleich zu iOS und Android. Bei Xbox Live Indie Games greife Microsoft zwar nicht direkt ein, bewerbe den Kanal aber auch überhaupt nicht. Trotz der Hardwarebasis von 76 Mio. Konsolen könnten Entwickler dort kein Geld verdienen. Der Hersteller habe letztendlich "idiotisch" gehandelt und Indie-Entwickler und ambitionierte Jugendliche damit in den Mobile-Bereich getrieben.

Das zweite Problem sei das Nutzererlebnis, das außerhalb der oberen Ebenen des Dashboards sehr schnell "knarzig, langsam und voller Scheiße" sei. Was er damit meint, erläutert Brown anhand einiger Screenshots.

An jenen beiden Fronten werde Microsoft den Kampf ums Wohnzimmer gegen Android und iOS verlieren, wenn sich nichts ändert. Da würden Dienste wie Netflix oder eigene TV-Angebote nicht wirklich helfen, so Brown. Das Unternehmen lebe in einer "naiven Traumwelt." Einige Angestellte seien überzeugt davon, dass der Wechsel der Marke vom Hardcore-Nutzer hin zum Casual-Nutzer und zum TV-Konsum ein bewusst angestrebter Erfolg sei. Es sei aber ein Zufall der Umstände gewesen, den Microsoft weder ausnutzt noch steuert.

Ein Team mit 150 Leuten - Brown meint die Xbox Entertainment Studios - könne nicht genug Inhalte produzieren, um über 76 Mio. Nutzer zurfriedenzustellen. Nur mit der Qualitätssoftware Tausender Indie-Entwickler und einem flotten, reibungslosen Nutzererlebnis könne man die eigene Marke und das Produkt verteidigen, findet Brown.

Apple könnte PlayStation, Xbox und Wii U problemlos "erledigen", indem man ein Ökosystem für Apps und Spiele bei Apple TV einführt. Ein konsolen-artiges Apple TV würde vielleicht nicht 99, sondern 199 Dollar kosten.

Aufgrund der Mängel bei der Nutzerführung und den Indie-Inhalten, der großen Investitionen in interaktive Inhalte und des "idiotischen Bestrebens", Gebrauchtspiele einzuschränken und Software noch stärker zu schützen als im Mobile-Bereich, rechnet Brown mit "massiven Fehlschlägen und Verlusten."

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