von Julian Dasgupta,

GDC Europe 2010: Big Point - Crossplattform ist König



Im Browserspiel-Markt gehört Big Point zu den führenden Anbietern - da die Hamburger auf der anderen Seite des Atlantiks allerdings noch nicht so bekannt sind, nutzte Heiko Hubertz die Gelegenheit, sein Unternehmen erstmal mit ein paar Zahlen vorzustellen.





In seiner Keynote-Präsentation beschäftigte sich der Gründer der Firma mit der Frage, welche Form von Spielen die Zukunft prägen könnte. Online-Spiele seien mit Sicherheit ein Trend, würden doch schon 46 Prozent des Datenverkehrs im Netz auf Seiten entfallen, die mit Online-Spielen zu tun haben - wenn man den etwas dubious erscheinenden Schätzungen von comScore glauben darf. (Es darf an dieser Stelle vermutet werden, dass pornografische Inhalte in der comScore-Welt nicht zu existieren scheinen.)





Das Internet sei zudem mittlerweile fast überall verfügbar - auch im Mobilbereich. Bei klassischen Retail-Produkten würde das Risiko dank der großen Budgets recht hoch sein - auch hätten die meisten Titel nur ein Zeitfenster von ein bis zwei Monaten, um ihre Kosten wieder einzuspielen.

Sind Social Games die Zukunft?

Mit mehr als 500 Mio. aktiven Nutzern sei Facebook der größte Spielemarkt, den es gibt, lässt Hubertz verlauten. Im vergangenen Jahr sei mit Social Games ein Umsatz von über 825 Mio. Dollar erwirtschaftet worden. Die meisten Spiele würden nur 100.000 bis 200.000 Dollar kosten in der Herstellung. Allerdings müssten die Anbieter immer stärker werben um neue Nutzer - pro Nutzer investiere man derzeit durchschnittlich einen Dollar. Das sei kein allzu verlockendes Geschäft, weil man auch im Schnitt einen Dollar pro Nutzer einnehme.

Auch sei man völlig abhängig von Facebook und müsse 30 Prozent der Einnahmen über die hauseigene Währung an das Portal abtreten. Playdom habe bisher noch keinen Gewinn erwirtschaftet, habe aber gerade ein Abkommen mit Facebook hinsichtlich der Nutzung der virtuellen Währung getroffen. Er habe Zweifel daran, dass Disney den Hersteller, den man vor Kurzem für über 570 Mio. Dollar geschluckt hatte, profitabel machen kann. Der Großteil der Applikationen habe zudem viele Nutzer verloren, nachdem Facebook diverse Spam-Kanäle aus dem System entfernt hatte.

Auch der Mobile-Bereich sei derzeit kein Kandidat für eine Zukunftsherrschaft. iPad und iPhone würden DS und PSP Nutzer klauen. Allerdings sei im App-Store keineswegs Euphorie angesagt, führt der Big Point-CEO weiter aus. Wenn man den erwirtschafteten Umsatz auf die insgesamt vorhandenen Programme herunterbreche, würde man auf einen Durchschnittsumsatz von weniger als 5000 Dollar pro Applikation kommen. Selbst wenn man die kostenlosen Titel aus der Rechnung herausnimmt, würde man immer noch auf weniger as 10000 Dollar kommen - ein Bereich, der für Firmen insgesamt wenig interessant sei. Wirklich Geld verdiene man nur, wenn man es in die Top 25 schafft.



Im Bereich der Browsergames gelte die Regel der "magischen Zehn". Mit zehn Prozent der Nutzer würde man 80 Prozent des Umsatzes erwirtschaften.





Die wichtigste Aufgabe der Gamedesigner bestehe hier darin, dass Spiel so zu gestaltetn, dass ein 'Zwei-Dollar-Mutzer' irgendwann zu einem '100-Dollar-Nutzer' wird. Es gehe darum, die 'Zehn' zu erhöhen. Ein Projekt, mit dem pro Monat ein Umsatz erwirtschaftet wird, würde auf den ersten Blick vielleicht toll aussehen. Bei Big Point würde man solche Titel allerdings sofort aussortieren, da sich damit kaum ein Gewinn erwirtschaften lässt. Zu hoch seien die Kosten für das Anwerben von Spielern durch Werbung und andere Maßnahmen.





Die Verteilung des Budgets sei bei Browserspielen völlig anders als bei klassischen Produktionen. Hier würde man in der Regel nach dem Launch eines Titels das Zehnfache des zuvor investierten Betrags ausgeben. Das Team bleibe an dem Projekt und entwickle weiter neue Funktionen und Inhalte - im Falle erfolgreicher Spiele würde man sogar noch weitere Leute anheuern.





Letztendlich, mutmaßt Hubertz, würden weder klassische PC-/Konsolen-Produktionen, Social Games, Browser-Titel oder Mobile-Applikationen die Zukunft bestimmen - Crossplattform-Titel, die sich alle Systeme zu Nutze machen, seien der Schlüssel.

US-Einfachheit vs. Euro-Kompliziertheit

Im letzten Abschnitt seiner Präsentation setzte sich Hubertz mit den unterschiedlichen Geschmäckern von Spielern aus Europa und den USA und den Marktbedingungen auseinander.

Die ersten Online-Spiele (im Sinne von browser-basiert) seien von europäischen und asiatischen Firmen entwickelt worden. Binnen weniger Jahre seien aber im US-Markt Unternehmen entstanden, die den hiesigen Anbietern den Rang abgelaufen hätten. Zynga - knapp zweieinhalb Jahre alt - verzeichne einen größeren Umsatz als Hersteller wie Big Point, Gameforge oder Jagex - selbst wenn man deren Einnahmen addieren würde. Das gelte auch für den Wert des Unternehmens.

Von der Bevölkerung sei der US-Markt kleiner als der europäische, sei aber wesentlich einfacher handhabbar. Man habe nur eine Sprache und eine Währung sowie vier zentrale Bezahlsysteme für Online-Spiele. In Europa müsse Big Point hingegen insgesamt über 100 Bezahlsysteme zu unterstützen, um immerhin 70 bis 80 Prozent des Markts überhaupt erreichen zu können.





Überspitzt formuliert würden Europäer eher zu Strategiespielen neigen und eher solo spielen. Den Geldfluss wolle man gerne kontrollieren und sich deswegen nur ungern über Abos binden. Der durchschnittliche US-Spieler möge es hingegen lieber actionreich, sei gerne mit anderen Spielern unterwegs und habe auch mit weniger Probleme.

Mit Microtransaktionen könnten sich aber auch Firmen aus Europa und Asien endlich auf dem US-Markt etablieren. Die Vorteile lägen auf der Hand: Man könnte auch Spieler begeistern, die weniger Geld ausgeben wollen, gleichzeitig könne man aber von jenen Nutzern profitieren, die deutlich mehr investieren wollen.





Dank Unity & Co. könne man auch mehr Leute ansprechen, könnten man so doch deutlich bessere Grafiken bieten. Das würde zwar ein Plug-in voraussetzen, wodurch man durchaus 20 bis 30 Prozent der potenziellen Nutzer verlieren würde - der Rest würde aber deutlich mehr Zeit mit dem Spiel verbringen.

Beim Verkauf von Items habe man Unterschiede zwischen den Märkten festgestellt. In Europa würden vor allem 'aggressive' Items gut laufen, mit denen man seine Durchschlagskraft erhöht. In den USA hingegen würden viele Leute ihr Geld für Dinge ausgeben, die ihren Charakter widerstandsfähiger machen.

Bei dem Versuch, in den USA Fuß zu fassen, habe man lernen müssen: Man brauche Leute aus jenem Markt. Es mache keinen Sinn, Europäer nach Nordamerika zu schicken. Dass Spiele, die in Europa ein Hit sind, in den USA nicht unbedingt gut laufen müssen, scheint sich mittlerweile auch bis zu Big Point herumgesprochen zu haben. Eine bekannte Marke sei auch recht hilfreich, so der Vertreter des Herstellers, der derzeit an einem auf Battlestar Galactica basierenden Projekt werkelt.

Am Ende schaute Hubertz nochmals in die Kristallkugel und gab ein paar Prognosen zum Besten. Free-to-Play werde zum Standardgeschäftsmodell. Browserspiele würden irgendwann "Konsolenqualität" abliegern. Naturgemäß würden auch die Produktionsbudgets weiter wachsen. Mit Funktionen, die die virale Verbreitung eines Spiels erhöhen, könne man die Marketingkosten senken. Zu den führenden Firmen würden vor allem jene gehören, die mit ihren Plattformen möglichst viele Plattformen abdecken können.





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