Quo Vadis 2010
29.04.2010 15:04, Julian Dasgupta

Triple-A in Deutschland?

Auch wenn die Quo Vadis 2010 klar durch sich um Browser-Spiele drehende Themen dominiert wurde, wurde auch in diesem Jahr einmal mehr die Möglichkeiten von Großproduktionen in deutschen Gefilden erörtet. Stephan Reichart (Aruba) moderierte die Diskussionsrunde mit folgenden Teilnehmern: Erik Simon (Producer bei Gamigo, ehemals Sunflowers), Pete Walentin (Development Director bei Keen Games), Christopher Schmitz (Executive Producer bei Ubisoft) und Timo Ullmann (Geschäftsführer von Yager Entertainment).

Nachdem in den ersten Minuten noch der inflationäre Gebrauch des Begriffs "Triple-A" zu befürchten war, einigte man sich in der Runde dann doch schnell darauf: Das dreifache A ist in Deutschland derzeit eher selten anzufinden. Außer Crytek (Crysis 2 ) und Yager (Spec Ops: The Line ) arbeite derzeit niemand in Deutschland an einem Projekt, das sich mit jenem Prädikat schmücken dürfte, wirft Walentin ein. Ullmann denkt, dass man den Begriff auch nicht nur über das Budget definieren sollte, schließlich gebe es ja nach Plattform unterschiedliche Anforderungen.

Schmitz merkt an: "Spiele wie Siedler und Anno können nach Ubisoft-Maßstäben höchstens als A-Titel bezeichnet werden. Bei uns muss sich ein Spiel eigentlich mindestens eine Mio. Mal verkaufen, um als Erfolg zu gelten. Das ist mit einem Siedler- oder Anno-Titel natürlich kaum zu schaffen. Sie rechnen sich aber trotzdem - sonst würde Ubisoft sie nicht machen."

Simon merkt an, dass frühere PC- und Amiga-Produktionen sicherlich seinerzeit zur AAA-Kategorie gezählt hätten. Aber es sei ja auch nichts Schlimmes, wenn es derzeit wenig große Produktionen in Deutschland gebe aufgrund der Alternativen. Der Ubisoft-Mann Schmitz hat naturgemäß kein Problem mit solchen Vorhaben: Mit einem großen Budget könne man sich schon mal gut von anderen Titeln absetzen, da nicht allzu viele Spiele in jenen Sphären schweben würden. Bei Spielen mit kleinem Budget sei der Konkurrenzdruck deutlich größer.

Er ist sich allerdings nicht sicher, ob Triple-AAA hierzulande überhaupt "wünschenswert" und sinnvoll sei. In Deutschland sei der Pool an Entwicklern nicht groß genug für Unterfangen, wie sie sich sein Arbeitgeber in Montreal leistet. Eine weitere große Hürde sei außerdem die Tatsache, dass hiesige Studios kaum PS3- und Xbox 360-Produktionen vorweisen könnten. Die würden von den meisten Publishern aber vorausgesetzt, um einen Vertrag zu bekommen, so Walentin.

Simon vergleicht den Versuch, mit einer AAA-Produktion bei einem Publisher zu landen, mit der Reise nach Jerusalem. Und irgendjemand habe in den vergangenen Jahren reichlich Stühle geklaut, heißt es da hinsichtlich der Fusionen und Übernahmen in der Branche. Ullmann stimmt zu, relativiert aber auch gleich etwas: "Ja, als wir anfingen gab es noch 20 Firmen, die solche Projekte hätten stemmen können. Jetzt sind es nur noch zehn. Die produzieren allerdings insgesamt auch etwas mehr."

Sowohl Ullmann als auch Walentin betonen auch noch die Wichtigkeit des Standorts. Es sei schon hilfreich, in Frankfurt oder Berlin ansässig zu sein, da jene Städte auch international bekannt seien. Die Anbindung über den Flughafen sei auch einer der Gründe für Cryteks Umzug in die Main-Metropole gewesen. Publisher aus Nordamerika würden durchaus auf solche Dinge achten, da im Laufe der Produktion zahlreiche Reisen fällig werden.

Schmitz merkt noch relativ deutlich an: Ein Spiel à la Assassin's Creed würde Ubisoft niemals mit einem externen Studio produzieren. Der Hersteller würde letztendlich nur das Produkt erhalten, während der Entwickler bessere Technik, Workflows und neues Know-How hätte, von dem später ein Konkurrent profitieren könnte. Auch das Risiko sei ungleich verteilt - der Entwickler gehe im schlimmsten Fall pleite, hätte dann aber im Gegensatz zum Geldgeber keine Schulden in Millionenhöhe.

Es sei für Studios wichtig, nah am Markt zu sein, so Ullmann. Yager habe außerdem gute Beziehungen zu den Plattformbetreibern gehabt und sei deswegen technologisch auf einem guten Stand geblieben. Leidenschaft und Internationalität seien also notwendig, um bei einem Publisher unterzukommen, sinniert Reichart. "Definitiv auch Qualität", findet Yager. Es nütze aus Entwicklersicht nichts, emsig Business Development zu betreiben, wenn das Spiel letztendlich nichts taugt. Generell habe man aber immer daran geglaubt, es schaffen zu können und dabei Topstudios aus Dänemark und Schweden als Vorbilder im Blick gehabt. Das Potenzial für derartige Titel sei definitiv auch in Deutschland vorhanden.

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