Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds
17.09.2010 17:51, Paul Kautz

TGS-Eindruck: Nur vom Feinsten

Wenn es an alles Ecken rummst und kracht, wenn geschrien und geballert wird, wenn Schläge und Kicks im Dauerfeuer eintreffen, verfolgt man entweder eine Folge der Jerry Springer Show - oder man spielt Marvel vs. Capcom 3. Was ich auf der Tokyo Game Show ausführlich getan habe. Es ist das dritte Spiel in der Marvel vs. Capcom-Historie, wenn es auch noch weitere anders benannte, aber den gleichen Grundtenor habende Ableger gab, von den vielen "X vs. Capcom"-Spielen mal ganz zu schweigen. Eines davon war das Anfang diesen Jahres veröffentlichte Tatsunoko vs. Capcom, mit dem sich der neue MvC-Titel gleich mehrere Eigenschaften teilt.

Zum einen ist der Producer derselbe: Ryota Niitsuma hat erneut alle Fäden in der Hand. Weiterhin ist das Spiel zwar ein reiner 2D-Prügler, bietet aber hochdetaillierte, abwechslungsreiche und effektgeladene 3D-Grafik - kein Wunder, hinter all der Pracht werkelt die MT Framework Engine, die bereits in Resident Evil 5 und Lost Planet 2 zum Einsatz kam. Und nicht zuletzt erinnert auch das Spielprinzip stark an den Wii-Prügler: Statt dedizierter schwach/normal/stark-Buttons für Schläge und Kicks gibt es jetzt insgesamt drei Angriffstasten, die zu wilden Kombos verbunden werden können. Und wild sind sie ohne Frage, denn hier folgt die nächste Gemeinsamkeit: Beide Spiele sind irre schnell und verteufelt stylisch - der Begriff "over the top-action" passt auf MvC 3 wie die Ryu-Faust aufs Hulkauge!

"Wäh, Vereinfachungen!" höre ich da bereits die ersten jammern. "Muss den alles immer simpler und idiotensicherer werden?" lautet die berechtigte Frage. Nun, wer es hochkomplex mag, der greift auch weiterhin zu BlazBlue: Calamity Trigger. Wer hingegen einfach loslegen und mit einem Effektgewitter belohnt werden möchte, ist bei MvC 3 an der richtigen Adresse. Es gibt sogar noch einen "Simple Mode", mit dem man Hyper- und Team-Kombos einfach so auslösen kann. Muss das denn wirklich sein? Keine Ahnung, aber es macht irre viel Spaß! Die Kloppereien sind wahnwitzig schnell, ein großer Teil der Action findet nicht auf dem Boden, sondern in der Luft statt - Aerial Combos sind ein wichtiger Schlüssel zum Sieg. Und bitte nicht falsch verstehen: Wie in jedem guten Prügler kommt man mit schimpansengleichem Buttonmashing nur bis zu einem bestimmten Punkt. Unabhängig von allen Vereinfachungen klopft auch hier ein robustes Beat-em-Up-Herz, das präzise Kontrolle und wohlüberlegten Kombo-Einsatz fordert. Nichtsdestotrotz ist MvC 3 ein reiner Arcade-Prügler.

Und zwar einer, der einen der interessantesten Kader zu bieten hat. Die Namensgebung lässt wohl kaum Fragen offen, bekannte Helden aus den Marvel- und Capcom-Universen hauen sich die Capes platt: Ryu, Chris Redfield, Chun-Li, Captain Amerika, Dante, der Hulk, Viewtiful Joe, Dr. Doom, Felicia, Iron Man, Wolverine und Thor sind nur einige der Beispiele, insgesamt sollen es schlussendlich mehr als 30 Kämpfer sein. Darunter sind sogar einige sehr aufgefallene Gestalten: Deadpool durchbricht z.B. gerne die vierte Wand, spricht mit dem Spieler oder verhaut seinen Gegner mit der eigenen Energieleiste. Und dann ist da auch noch Amaterasu, die wölfische Göttin aus Okami, die einen sehr bissigen Stil kämpft, während auf dem Boden unter ihren Füßen Gräser und Blüten wachsen. Zu Spielbeginn kann man bis zu drei von ihnen in das eigene Team befördern, was natürlich Platz für viele schöne Team-Kombos lässt. Viele schöne, teilweise mächtig bombastische Team-Kombos, wohlgemerkt.

Man kann für die Grafik nicht genug lobende Worte finden: Marvel vs. Capcom 3 sieht einfach fantastisch aus. Wirklich fantasisch. Egal ob Figurendesign, Komboeffekte oder Levelaufbau, alles ist hochklassig. Selbst nach dem Kampf wird Stil bewahrt: Statt einfach eine Siegerpose einzuschlagen, wird das Gewinnerteam in einen kleinen Comic nebst markigem Spruch gepackt! Apropos Levels: Davon gab es einige zu spielen, und die waren der Hammer! Da waren z.B. die Tricell Labs, in denen im Hintergrund der aus Resident Evil berüchtigte Tyrant eingesperrt war. Zusätzlich lungerten hinter Glaskästen noch kriechende Kreaturen herum. Mit zunehmendem Kampfverlauf zerbrachen diese Kästen, die Wesen stoben heraus und krauchten dann zwischen den Kämpfern herum. Dann war da noch der New York-Level, in dem gerade eine Parade gefeiert wurde - mit großem Hallo und Feuerwerk und Konfetti und was nicht sonst noch alles. Der Kampf fand auf einer fliegenden Plattform statt, während im Hintergrund gejubelt wurde, Hubschrauber durchs Bild zischten und ein riesiger Spiderman-Ballon vorbei schwebte. Ganz viele Oooooochs und Aaaaahs gab es in einer Fantasy-Welt, die aus wunderschönen Grünflächen, Gebirgen und einem Regenbogen bestand - dazu durchpflügte noch ein prächtiges Schiff die Lüfte bzw. landete mal eben ein gigantischer Hippogreif vor den Kämpfern. Kurz gesagt: Man sollte sich von der Pracht nicht ablenken lassen, aber man könnte es problemlos verstehen.

MvC 3 mag nicht das tiefschürfendste Kampfsystem haben, aber es hat verdammt viel Stil und Klasse (nebst einem hoffentlich lagfrei funktionierenden Online-Modus). Es spielt sich wunderbar schnell und hektisch, sieht super aus und macht eine Menge Spaß. Will ich mehr? Hin und wieder schon, aber dafür gibt's ja dann auch andere Spiele. Wenn ich in den nächsten Monaten an Arcade-Prügler denke, habe ich sofort Marvel vs. Capcom 3 vor den Augen

TGS-Eindruck: sehr gut

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