von Michael Krosta,

Tomb Raider: Autorin über Erzählung vs. Spieldesign

Tomb Raider (2013) (Action-Adventure) von Square Enix
Tomb Raider (2013) (Action-Adventure) von Square Enix - Bildquelle: Square Enix
Im Gespräch mit Kill Screen hat sich Autorin Rhianna Pratchett über die Probleme geäußert, Videospiel-Charaktere auf der einen Seite glaubhaft und sympathisch darzustellen, sie auf der anderen Seite aber viele Menschen töten zu lassen.

Genau mit diesem Zwiespalt wurde sie auch bei ihrem Drehbuch zu Tomb Raider konfrontiert. Wie schnell Lara von der verängstigten jungen Frau nach dem ersten der ersten schockierenden Tötung aus Notwehr zur routinierten Killerin wird, stieß nicht nur in unserem Test sauer auf.

"Tomb Raider hat viele Vergleiche mit der Uncharted-Reihe nach sich gezogen und beide Spiele weisen dieses angespannte Verhältnis auf, wenn lebensechte und gewöhnliche Menschen ganze Horden an Fieslingen töten", so Pratchett. "Dieses Verhältnis ist allgegenwärtig und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Spieleentwickler so etwas wie eine magische Kugel hat, um dieses Problem zu lösen."

"Es ist sehr schwierig. Ich glaube, das liegt vor allem daran, dass man das Thema Glaubwürdigkeit etwas beiseite schiebt, sobald man ins Spiel einsteigt. Es ist sehr schwierig, das Bild von diesem guten, freundlichen Charakter aufrecht zu erhalten. Was wir mit Lara versucht haben, war, dass zumindest diese erste Tötung etwas bedeutet."

Bis zu diesem Zeitpunkt schien man sich auf einem guten Weg zu befinden, Lara menschlicher wirken zu lassen als in der Vergangenheit, sie verletztlich darzustellen und z.B. ein glaubhaftes Bild zu vermittlen, wie geschockt und angewidert sie von ihrer Tötung aus Notwehr war. Doch schon kurz danach wurden die guten Ansätze dem Wunsch nach Action geopfert...

Pratchett räumt ebenfalls ein, dass die Erzählung und Charaktere hin und wieder hinter dem gewünschten Spieldesign zurückstehen müssen.

"Es geht darum, die richtige Balance zu finden, was für den Spielablauf und was für die Geschichte benötigt wird. Dabei übertreffen die Ansprüche der Erzählung nicht immer die des Spieldesigns", fährt Pratchett fort. "Tatsächlich ist es in der Regel genau umgekehrt. Aus der Erzählerperspektive heraus würde ich also sagen, wir hätten es vielleicht etwas langsamer angehen lassen sollen."

"Aber man muss auch andere Faktoren betrachten! Wenn Spieler eine Waffe bekommen, dann wollen sie diese normalerweise auch benutzen. Wir waren eigentlich mutig, dem Spieler so lange eine Waffe vorzuenthalten - in einem Titel, in dem später sehr viel geschossen wird. Wir haben es versucht, es ein wenig anders zu machen, aber die Erzählung kann nicht immer gewinnen. Idealerweise findet man einen optimalen Kompromiss, das ist fantastisch. Aber manchmal müssen Kampf, Spieldesign oder was-auch-immer die Oberhand gewinnen."

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Kommentare

kakihara schrieb am
Ich hab das jetzt mal angefangen und fands wesentlich weniger schlimm als ich gedacht hätte.
Sowas ist halt einfach notwehr. da sind ziemlich skrupellose russen mit ziemlich viel waffengewalt und ich muss an denen vorbei oder darf ewig auf dem stückchen insel bleiben. reden funktioniert nicht wirklich wie man vorher gezeigt bekommen hat. na ja was bleibt dann schon noch?
Na ja und das lara das recht gut hinkriegt kannman definitiv auf training (wird ab und zu mal erwähnt, z b beim klettern) und nen gewisses talent schieben.
und im endeffekt: man hätte jetzt natürlich nen elendig langen prolog und anschließend nen stealth game draus machen können. das wär aber richtig gammlig und öde.
übrigens hätt ich wohl selber auch mehr skrupel ein reh aus hunger zu töten als nen fiesen russischen söldner (wenns denn welche sind...) der mich bei sichtkontakt sofort erschießen will :l
Asturaetus schrieb am
f1f2f3 hat geschrieben:Man könnte aber auch noch weitergehen und Laras Kletterkünste in Frage stellen. Zum einen in diesem Spiel, zum anderen aber auch grundsätzlich in allen vorherigen Spielen, denn viele ihrer Aktionen wären in der Realität in jedem Fall schlichtweg unmöglich. Und auch das trifft auf viele andere Spiele zu.
Wie es bei dx1 oben schon Erwähnung fand, ist es für Immersion auch gar nicht nötig - vollkommen realitätsnah zu sein. Solange alles in sich geschlossen ins Gesamtbild passt, ist der Rezipient in der Regel bereit viel zu akzeptieren. Nur ungeklärte logische Brüche sind zu vermeiden, da die einen dann wieder herausreißen.
f1f2f3 hat geschrieben: Mir ist es jedenfalls lieber, wenn ein Spiel wie in diesem Fall weitgehend erfolgreich versucht, Tiefgang zu bieten, als wenn es sich komplett der oberflächlichen Action verschreibt. Leider werden die Spiele, die es versuchen, häufig kritisiert, weil das Ergebnis natürlich selten perfekt ist. Das führt dann häufig auch noch zu schlechteren Wertungen als bei Spielen, welche nicht einmal den Versuch unternehmen, etwas anderes als den oberflächlichen Einheitsbrei zu bieten. Diesen Vorwurf muss sich in diesem Fall auch 4Players gefallen lassen.
In wie fern man solche Versuche etwas Anderes zu erschaffen nun honoriert, bleibt ja jedem persönlich überlassen. Das die Gewichtung eines solchen Designfehlers bei einem Spiel das versucht eine mehr oder weniger glaubhafte Figur zu etablieren schwerer wiegt, ist aber auch nicht verwunderlich.
Und wenn man dann in der nachträglichen Erklärung auch noch liest, dass dieser Fehler willentlich in Kauf genommen wurde um Gameplay-Elemente zu forcieren die einen größeren Spieleranteil ansprechen - muss ich mich schon an den Kopf fassen.
f1f2f3 schrieb am
Diesen Widerspruch gibt es aber wie gesagt in vielen Spielen. Man könnte aber auch noch weitergehen und Laras Kletterkünste in Frage stellen. Zum einen in diesem Spiel, zum anderen aber auch grundsätzlich in allen vorherigen Spielen, denn viele ihrer Aktionen wären in der Realität in jedem Fall schlichtweg unmöglich. Und auch das trifft auf viele andere Spiele zu.
Mir ist es jedenfalls lieber, wenn ein Spiel wie in diesem Fall weitgehend erfolgreich versucht, Tiefgang zu bieten, als wenn es sich komplett der oberflächlichen Action verschreibt. Leider werden die Spiele, die es versuchen, häufig kritisiert, weil das Ergebnis natürlich selten perfekt ist. Das führt dann häufig auch noch zu schlechteren Wertungen als bei Spielen, welche nicht einmal den Versuch unternehmen, etwas anderes als den oberflächlichen Einheitsbrei zu bieten. Diesen Vorwurf muss sich in diesem Fall auch 4Players gefallen lassen.
Asturaetus schrieb am
f1f2f3 hat geschrieben:Wer diesem Spiel oberflächliche Charakterzeichnung vorwirft, der sollte mal Beispiele aus den letzten Jahren nennen, die das besser gemacht hätten.
Der Vorwurf der Oberflächlichkeit/fehlenden Tiefe steht doch gar nicht im Raum.
Um Glaubwürdigkeit geht es. Es existiert hier ein erzählerischer Bruch. - Wir haben im Prinzip 2 Laras: Die Unerfahrene/Verletzliche und Rambo. Inwiefern diese auf ihrer jeweiligen Erzählebene charakerliche Tiefe entwickeln ist vollkommen uninteressant, da man beim Wechsel immer aus der Immersion gerissen wird.
Die meisten anderen Spiele mögen vielleicht Abziehbilder von einem Helden als Hauptcharaktere haben, aber solange diese glaubhaft in den Rahmen der Story passen, geht wenigstens die Immersion nicht verloren.
Creepwalker schrieb am
Die Lösung wäre doch ganz simpel gewesen:
Anstatt menschlicher Paramilitär-Gegner hätte man einfach mehr wilde Tiere, fanatische Eingebore oder irgendwelche (Gruft-) Monster einbauen können.
Die Story wäre genauso belanglos geblieben und Lara hätte immer aus Notwehr und Überlebensinstinkt gehandelt.
Manchmal ist doch alles soooo einfach, bekomm ich jetzt ein Keks dafür? :D
schrieb am