von Benjamin Schmädig,

E3-Eindruck: Dragon's Dogma

Dragon's Dogma (Rollenspiel) von Capcom
Dragon's Dogma (Rollenspiel) von Capcom - Bildquelle: Capcom
Der etwas andere Charmeur

Capcom will eine offene Fantasywelt erschaffen? Die Idee ist so neu wie das Wagenrad. Aber Dragon's Dogma (ab 8,99€ bei kaufen) soll nicht vorrangig ein Rollenspiel sein - ein actionreiches Abenteuer soll es werden. Und immerhin: Für die Entwicklung zeichnet mit Hideaki Itsuno der Mann verantwortlich, der zuletzt bei Devil May Cry das Zepter schwang. Schwebt ihm etwa eine Art Fantasy-GTA vor?

Regiewechsel bei Capcom: Die Macher von Heavenly Sword und Enslaved sollen Devil May Cry neu erfinden, während der einstige Drahtzieher des Actionspektakels die Open World-Ära bei den Japanern einläuten soll. Dabei hält Capcom ausgerechnet das große Ganze noch bedeckt und verkündet nur: Man wird die Welt frei erkunden, zahlreiche Missionen erledigen oder ignorieren, mit hunderten Figuren interagieren und die getroffenen Entscheidungen beeinflussen sogar den Ausgang der Geschichte. Selbst zur Handlung ist bislang nur bekannt, dass ein uralter Drache erwacht, das Land ins Chaos stürzt und dem Helden oder der Heldin buchstäblich das Herz stiehlt. Das ist eine Frechheit! Und mehr als genug Anreiz, die Riesenechse zu jagen.

Gemeinsam sind sie stark

Man wählt also Geschlecht, Aussehen sowie Klasse des Herzlosen und schon geht’s los. Ob man als Nah- oder Fernkämpfer oder als Zauberer in den Kampf zieht, bestimmt dabei die Taktik und die mitgeführten Waffen. Wie eingeschränkt oder offen die Charakterentwicklung ist, ob man einem Magier etwa auch ein zweihändiges Schwert in die Hand drücken darf, verriet Capcom noch nicht. Einer der Grundsätze wird aber sein: Rollenspielelemente sollen gut versteckt sein. Körpergröße, Ausrüstung und Figurenentwicklung wirken sich zwar auf den Kampf aus – im Vordergrund soll aber immer das unmittelbare Erleben stehen.
Eine große Fantasywelt und ein actionreiches Abenteuer: Dragon's Dogma will die Lücke zwischen Oblivion und Demon's Souls schließen.
Eine große Fantasywelt und ein actionreiches Abenteuer: Dragon's Dogma will die Lücke zwischen Oblivion und Demon's Souls schließen.

Und immerhin gibt es bis zu drei Mitstreiter, die dem Helden zur Seite stehen und deren Entwicklung man ebenfalls beeinflusst. Besonders im Kampf gegen große Feinde sollen sich die Fähigkeiten der Gefährten ergänzen und natürlich kann jeder Kamerad einen gefallen Kämpfer wiederbeleben. Immerhin trifft man nicht nur auf kleines Fußvolk - der Höhepunkt sollen Aufeinandertreffen mit mythischen Wesen wie Hydra, Chimäre, Greif und natürlich mindestens einem Drachen sein.

Action mit Wuselfaktor

"Sollen"? Capcom zeigte bereits auf seiner Hausmesse sowie auch auf der E3 spielbare Versionen  - wieso dann die Zurückhaltung? Weil die bisher gezeigten Szenen nur ausgesprochen kurze Ausschnitte der offenen Welt sind. Genauer gesagt war es nur ein einziger Kampf gegen einen Greif und eine kurze Mission in einem engen Gewölbe. Capcom verspricht ein fantastisches, großes Abenteuer mit vielen interessanten Facetten. Gezeigt wurde bisher aber nur der Kampf - und der ließ leider noch zu wünschen übrig.

So stürzen sich die Begleiter zwar mit Übersicht auf die Gegner: Magier heilen Kameraden oder machen aus den Pfeilen des Spielers Feuerpfeile und Nahkämpfer halten kleinere Feinde fest, so dass man ihnen in Ruhe die Klinge in den Leib rammen kann. Trotzdem wirken die Kämpfe wie wuselige Durcheinander, u.a. weil die Mitstreiter ungeachtet des Spielers durch die Gegend laufen. Ständig rennen sie direkt vor, neben und beinahe in den eigenen Charakter. Das scheint unausgereift und verhindert ein glaubwürdiges Mittendringefühl. Besonders schlimm ist es zwischen den Kämpfen, wenn man mit einer Öllampe durch leise Kerker schreitet. Beinahe fühlt man sich da wie in Demon's Souls, da hat Capcom offenbar beim Richtigen abgeschaut - bis die zappeligen Gefährten dem Helden buchstäblich auf den Füßen herum tanzen und sich partout nicht von ihm wegbewegen. Keins der drei Kommandos "Los!", "Hilfe!" und "Komm her!" ändert ihr Verhalten spürbar, weder beim ruhigen Erkunden noch im Kampf.

Zappelndes Anhängsel

Aber das Erforschen spielte bisher ohnehin keine nennenswerte Rolle; selbst in den Gewölben zählte nur die Jagd auf die Kreaturen. Dabei macht sich vor allem zwischen engen Wänden eine nervöse Kameraführung bemerkbar, die mit willkürlichen Schwenks, mitunter direkt in Objekte hinein, sehr viel zu wünschen übrig lässt. Dass man selbst in kleinen Gruben stecken oder vor niedrigen Objekten hängen bleibt, schadet der Dynamik ebenfalls. Besonders auffällig ist die unzureichende Kollisionsabfrage, sobald man sich an einem der großen Gegner festkrallt: Dann hängt man nämlich nicht wie in Shadow of the Colossus gut sichtbar an Fell oder Feder, sondern steckt oft irgendwo in der Figur drin. Die Kamera dreht rasante Kreise, die Kreatur bewegt sich hektisch hin und her - das macht keinen Spaß.
Leider wirkt ausgerechnet in den Kämpfen vieles noch beliebig und unausgereift.
Leider wirkt ausgerechnet in den Kämpfen vieles noch beliebig und unausgereift.

Dabei könnte gerade das Festhalten zu den Höhepunkten gehören. Immerhin füht man einigen großen Monstern vom Rücken aus besonders viel Schaden zu. Dafür muss man sich natürlich erst festkrallen und mit Blick auf die schwindende Kraftanzeige schnell zur verwundbaren Stelle vorarbeiten. Überhaupt haben sich die Entwickler viele Gedanken um den taktischen Kampf gemacht: Das Team arbeitet nicht nur zusammen, man hat auch zahlreiche Angriffsmöglichkeiten. So attackiert man mit Schwert oder mit dem Schild, blockt Attacken natürlich ab und führt je nach gezogener Schultertaste besonders starke Angriffe aus.

Die Grundlagen sind also da: Ein taktisches Kampfsystem, stimmungsvolle Gemäuer, große mythische Kreaturen und eine offene Fantasywelt - Dragon's Dogma könnte ein GTA für Fantasyliebhaber werden. Dann jedenfalls, wenn Capcom die Probleme noch in den Griff bekommt. Denn in Verbindung mit der nervösen Kamera, der unzureichenden Kollisionsabfrage und den wuseligen Kameraden wirken ausgerechnet die wichtigen Kämpfe viel zu beliebig. Was zähe, fordernde Scharmützel sein könnten, sind über weite Strecken jedenfalls noch hektische Kloppmist-Schlägereien. Abgesehen davon müssen die Entwickler erst beweisen, dass ihre frei begehbare Welt nicht nur gestalterisch, sondern auch erzählerisch reizvoll ist und dass sie zum Erkunden einlädt. Noch zeigt Capcon weder die Entwicklung des eigenen Charakters noch die der Begleiter. Noch schweigt man zu eventuellen Mehrspieler-Möglichkeiten - gemeinsame Abenteuer zu viert sollten heute eigentlich ein Muss sein. Noch steht hinter Dragon's Dogma also ein sehr großes Fragezeichen. Nur mit der richtigen Sorgfalt könnte hinter dem fertigen Dragon's Dogma bald ein großes Ausrufezeichen stehen.

E3-Eindruck: befriedigend

Kommentare

crewmate schrieb am
Nein, Max, allein das Anbiedern an westliche Geschmäcker, sprich: Amerikanische Geschmäcker.
MaxDetroit schrieb am
Was mich am meisten wundert ist das die japanischen Rollenspiele immer mehr diesen dunklen Mittelalter Grafikstil bekommen, den ich vorher nur aus westlichen RPGs wie Elder Scrolls, Gothic oder letztens noch Dragon Age kannte.
Auch Demon Souls und Dark Souls sind in dieser Hinsicht ja auch untypische JRPGs was den Grafikstil angeht, und Dragons Dogma sieht dem Grafikstil von Dark Souls schon sehr ähnlich.
Kommt das wohl durch den Erfolg von DS oder ist es ein allgemeiner Trend in Japan hin zu den dunklen Mittelalter Settings? Intressante Entwicklung ...
danke15jahre4p schrieb am
muss mich da meinen beiden vorrednern anschliessen!
auch ich hatte durch das bereits gesehende auf einen besseren eindruck gehofft!
naja, vielleicht tut sich noch was, und letztendlich sind geschmäcker ja verschieden!
ausgeliehen wird es definitv und eventuell überzeugt es ja dann doch zum kauf!
greetingz
KingDingeLing87 schrieb am
Liest sich jetzt ein wenig traurig muss ich sagen.
Was ich bisher an trailern nämlich gesehen habe, hat schonmal Bock gemacht aufs Spiel.
Und grafisch, konnte es mich auch überzeugen.
Naja, abwarten.
TheGame2493 schrieb am
Ich bin enttäuscht!
Die ersten Trailer haben mich gereizt, nicht zuletzt durch die gute Optik und die riesigen Monster, aber wenn ich das jetzt lese, dann überkommen mich mehr als nur ein paar Zweifel. Die Optik scheint zwar ganz schick zu sein, aber wenn ich lese, dass die Kämpfe unübersichtlich, die Ki strunsdumm und der Charakter mal in den Monstern verschwindet, anstatt an ihnen zu hängen, dann hat Dragon's Dogma viel von seinem Kredit bei mir verloren.
Bleibt nur zu hoffen, dass Capcom die Probleme noch irgendwie in den Griff bekommt.
schrieb am
Dragon's Dogma
ab 8,99€ bei