Metro: Last Light
15.05.2013 23:20, Julian Dasgupta

Rubin: "4A sind die jamaikanischen Bobfahrer unter den Entwicklern."

Neun Monate waren nicht genug für Jason Rubin, um bei THQ das Ruder noch herumzureißen. Der Mann, der bis zur Pleite des Publishers als dessen Präsident das Tagesgeschäft führte, meldet sich jetzt in einem faszinierenden Artikel bei GI.biz zu Wort, um pünktlich zum Stapellauf von Metro: Last Light (ab 2,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) die Arbeit der Entwickler zu würdigen. 4A Games habe angesichts absolut widriger Arbeitsbedingungen Unmögliches geleistet.

Das in der Ukraine ansässige Studio habe nie die gleichen Möglichkeiten wie andere Entwickler gehabt. Die würden in ihren Budgets mehr Geld für Zwischensequenzen haben als 4A für ein ganzes Spiel. Die Produktionskosten hätten insgesamt zehn Prozent dessen betragen, was die größten Konkurrenten im Genre verschlingen. Metro fuße auf einer eigenen Engine, die "mit Sequels mithalten muss, bei denen es schon keine Nummerierung mehr gibt und bei denen mehr Entwickler an der Technologie sitzen als bei 4A am ganzen Projekt."

Eine übervolle Schulkantine

Das gesamte Studio könnte man problemlos im Sportstudio von EA Los Angeles unterbringen, und dennoch würde Metro: Last Light einem Medal of Honor: Warfighter hinsichtlich der Metacritic-Wertung locker den Auspuff zeigen.

"So fantastisch BioShock Infinite auch zweifelsohne sein mag - das Team hatte alle Ressourcen, die es haben wollte, um das Spiel zu machen. Zur gleichen Zeit haben die Leute bei 4A ungelogen Ellbogen an Ellbogen auf Klappstühlen gesessen; ein Anblick, der einer übervollen Schulkantine mehr ähnelt als einem Studio."

Wenn die Entwickler einen neue PCs oder ein Devkits benötigten, hätten sie diese in den USA holen und quasi im Rucksack einschmuggeln müssen, damit sie nicht vom Zoll beschlagnahmt werden.

Nach einem Besuch bei den Entwicklern habe er den Kauf komfortabler Bürostühle anleiern wollen, merkt Rubin an. Der Plan sei aber verworfen worden, da aufgrund des größeren Platzbedarfs die Büros nicht mehr ausgereicht hätten.

"Ich habe Far Cry 3 wirklich genossen, und es hat seine Wertungen verdient. Aber wie oft fiel der Strom bei Ubisoft Montreal für Stunden oder gar Tage aus während der Entwicklung? Stromausfälle gehören bei 4A zum Alltag. Alle Entwickler haben Deadlines, aber ich kenne nur wenige, die Baustellen-Generatoren anschleppen mussten, um am Wochenende vor dem finalen Meilenstein arbeiten zu können, denn ein zusätzlicher Tag hätte bedeutet, dass man den Liefertermin um Wochen verpasst."

Oft sei auch die Heizung ausgefallen - die Entwickler würden dann in ihren Jacken arbeiten und sich bemühen, ihre Finger bei frostigen Temperaturen zu wärmen.

Wie beim Sport sei man einfach für den Underdog, der trotz aller Widrigkeiten triumphiert - auch wenn dies nicht immer die Goldmedaille bedeuten muss. 4A seien die jamaikanischen Bobfahrer unter den Entwicklern. Die hätten auch kein Gold gewonnen, aber das deutlich besser ausgestattete und trainierte US-Team geschlagen. Unter all den Bedingungen ein Spiel zu schaffen, dessen Durchschnittswertung sich jenseits der 80 bewegt, sei eine sensationelle Errungenschaft, findet Rubin. Das Team verdiene Anerkennung.

"Wenn 4A ein konkurrenztauglicheres Budget, eine normalere Umgebung gehabt, nicht ein Jahr darauf verschwendet hätte, den irrationalen Forderungen der ursprünglichen Producer von THQ nachzurennen und zu versuchen, Multiplayer und Koop innerhalb des gleichen Zeitplans und Budgets (!) reinzubekommen, wenn sie in den letzten entscheidenden Monaten nicht noch den Wechsel zu einem neuen Publisher hätten handhaben müssen, was hätte 4A vielleicht erschaffen können?

Das kann ich mir nur vorstellen und freue mich schon darauf, das auch zu spielen."

Metro: Last Light kommt in dieser Woche in den Handel. THQ hatte schon als Publisher des Vorgängers fungiert. Nach der Insolvenz des Publishers griff Koch Media zu und übernahm im Januar das Publishingabkommen mit 4A Games für 5,88 Mio. Dollar. Auch Ubisoft hatte sich für die Metro-Reihe interessiert, aber nur 5,2 Mio. Dollar geboten.

Update: Andreij Prokhorov von 4A Games hat sich im Kommentarbereich  des Artikels zu Wort gemeldet. Der Creative Director bedankt sich bei Rubin für die Worte des Lobes und merkt an: In den zehn Jahren, die man mit THQ zusammengearbeitet hat - das Kernteam von 4A hatte zuvor auch bei GSC an S.T.A.L.K.E.R. gearbeitet - sei er der erste Präsident des Publishers gewesen, der dem Studio höchstselbst einen Besuch abgestattet hat.

Es sei schon wahr, aber auch normal, dass die Arbeitsbedingungen in der Ukraine schlechter seien als in den westlichen Ländern. Man wolle dies aber auch nicht überdramatisieren. Bessere Bedingungen müsse man sich verdienen - und 4A arbeite hart daran, dies so bald wie möglich zu erreichen.

Prokhorov versucht auch den Umstand zu erklären, dass Deep Silver es tatsächlich geschafft hat, das eigene Logo, nicht aber noch das der Entwickler auf der offiziellen Webseite einzubinden: Die Bedingungen seien sehr schwierig gewesen, schließlich habe man all dies innerhalb von zwei Monaten bewerkstelligen müssen. Der Publisher sei sehr bemüht. 

Auch merkt er noch an, dass 4A selbst einen Multiplayer-Modus wollte, jenen Plan aber schon direkt wieder verwarf. Letztendlich würden die Kunden die Bedingungen, unter denen ein Spiel entsteht, nicht interessieren - und dies sei "auch richtig so." Das Studio wolle keine Nachsicht bzw. kein Mitleid.


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